Impfkampagne stockt erneut

Dahmen: Corona-Impfungen in Apotheken?

Berlin - 01.11.2021, 10:45 Uhr

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen kann sich COVID-19-Impfungen auch in den Apotheken vorstellen. (Foto: IMAGO / Christian Spicker)

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen kann sich COVID-19-Impfungen auch in den Apotheken vorstellen. (Foto: IMAGO / Christian Spicker)


Aus Sicht des Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen geht es mit den Impfungen gegen COVID-19 in deutschen Praxen zu langsam voran. Sollten die Niedergelassenen nicht rasch das Tempo anziehen, hält es Dahmen für denkbar, auch in den Apotheken impfen zu lassen. Im Sommer hatte sich der Notfallarzt im DAZ-Interview diesbezüglich noch eher ablehnend geäußert.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen ist unzufrieden mit dem Verlauf der Corona-Impfungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. „Nach der Schließung der meisten Impfzentren erfüllen die Praxen die in sie gesetzten Erwartungen erkennbar nicht, weder bei den Erst- noch bei den Booster-Impfungen“, sagte Dahmen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). „Das Tempo bei den Erst- und Zweiimpfungen und beim Boostern reicht nicht aus.“

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Der Grünen-Politiker betonte: „Wenn das Impftempo in der Regelversorgung der Praxen nicht ausreicht, werden wir endlich auch an anderen Stellen, beispielsweise Apotheken, impfen müssen.“ Er zeigte sich besorgt über die aktuelle Pandemie-Lage. „Schon in den nächsten Wochen könnte die Zahl der Intensivpatienten wieder auf bis 3.000 steigen. Wenn dann noch eine heftige Grippewelle dazu kommt, laufen wir in eine Katastrophe hinein“, sagte er.

Dahmen sitzt für die Grünen am Verhandlungstisch mit den möglichen Ampel-Partnern SPD und FDP zum Thema Gesundheit. Seit etwa einem Jahr vertritt der Notfallarzt seine Partei im Deutschen Bundestag, zum Jahreswechsel 2020/21 hat er die Apothekenthemen von Kordula Schulz-Asche übernommen. Im DAZ-Interview äußerte er sich im Sommer im Vorfeld der Bundestagswahl eher zurückhaltend, was die Impfungen in den Apotheken betrifft. „In der aktuellen Situation sehe ich keinen Mangel an Menschen, die impfen können“, sagte der Abgeordnete damals. „Die große Herausforderung wird eher sein, Überzeugungsarbeit zu leisten, damit möglichst viele Menschen sich tatsächlich impfen lassen. Hier ist ein Schulterschluss zwischen Praxen und Apotheken ganz wichtig.“

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Nun öffnet sich Dahmen offenbar für die Idee, COVID-19-Impfungen auch in Apotheken anzubieten – zuletzt sprach sich auch der SPD-Politiker Karl Lauterbach dafür aus. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hingegen fordert angesichts stark steigender Corona-Zahlen jetzt die Länder auf, ihre Impfzentren wieder hochzufahren. „Um möglichst vielen möglichst schnell eine Auffrischungsimpfung zu ermöglichen, sollten die Länder die Impfzentren, die sie seit Ende September in Standby bereithalten, nun wieder startbereit machen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). Zudem riet Spahn dazu, in einem ersten Schritt alle Menschen über 60 schriftlich zur Impfung einzuladen. COVID-19-Impfungen in den Apotheken lehnte Spahn bisher ab. Im September warnte er beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf davor, sich auf den damit verbundenen Ärger mit den Ärzten einzulassen.

Darüber hinaus macht sich Spahn dafür stark, Bund und Länder bei einem Gipfel darüber beraten zu lassen, wie es gelingen kann, der Impfkampagne vor dem Winter neuen Schwung zu verleihen. Auch Lauterbach verlangte ein Bund-Länder-Treffen, um zu klären, wie viele Auffrischungsimpfungen bisher erfolgt sind und wie das Tempo erhöht werden kann. „Wir haben bisher keinen vollständigen nationalen Überblick, wie viele Booster-Impfungen es in den Pflegeeinrichtungen überhaupt schon gegeben hat“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Es muss jetzt, sehr schnell gehen.“ Durch die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP dürfe es keinen Schwebezustand geben.


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2 Kommentare

Chance sehen

von Reinhard Rodiger am 02.11.2021 um 0:16 Uhr

Es ist wohlfeil, die Apotheken dann hervorzuholen, wenn es keine andere Option gibt .Natürlich ohne auf die politisch induzierte wirtschaftliche Notlage einzugehen.Vulgo:
Die machen’s schon und verhandeln nicht.
Doch hier ist es anders.Es trifft Notlage auf (teilweise) Lösung.Wenn erkannt wird, dass Handlungsfreiheit und Schutz vor Machtmissbrauch der KK vorauszusetzen ist.Letzterer frisst die Kapazitäten.Das ist zu beenden. Quid pro quo.
Eine Chance, ausnahmsweise politisch gewollt, zu tauschen.
Es gilt, bewusst zu machen, dass Leistung in Notlagen an Voraussetzungen gebunden ist. Dazu gehört Verzicht auf Erpressung.Die ungebremste Kommerzialisierung vernichtet die Ressourcen, die zur Bewältigung von Notlagen und deren Verhinderung erforderlich sind.
Eine neue Regierung hat die Möglichkeit, endlich ehrlich die notwendigen Perspektiven zu schaffen und das Täuschen zu beenden.Eine weitere Chance für den Gewinn von Glaubwürdigkeit.Das sollte unterstützenswert sein.

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Macht es selbst

von Karl Friedrich Müller am 01.11.2021 um 12:39 Uhr

Impfzentren schließen, den Ärzten vorwerfen, zu wenig zu impfen. Impfunlust in der Bevölkerung, weil man den Querdenkern und Lügenerzählern nicht Herr wird, bzw überhaupt nichts dagegen unternimmt. Maskenpflicht abschaffen, überhaupt alles, was schützt. Hilfe
Die Corona Politik ist unterirdisch. Da sind die Apotheken wieder recht, um den Karren aus dem Schlamm zu ziehen. Außerdem gäbe es einen hervorragenden Sündenbock.
Es werden zu viele Interessen bedient, aber nicht die der Bevölkerung oder des Gesundheitswesens. Schutz der Schwachen ist eine unverschämte Lüge.
Die Pflegekräfte und Ärzte können nicht mehr, kündigen. Immer mehr Intensivbetten können nicht mehr bepflegt werden. Aber die Kohle der Krankenhauskonzerne stimmt.

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