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DocMorris-Gewinnspiel vor dem Bundesgerichtshof
BGH: Gewinnspiel darf nicht zum Beratungsverzicht führen
Die Apothekerkammer Nordrhein kann in ihrem beharrlichen juristischen Kampf gegen DocMorris erneut einen Erfolg für sich verbuchen: Der Bundesgerichtshof hat am heutigen Donnerstag bestätigt, dass die Werbung des niederländischen Versenders für ein an eine Rezepteinlösung gekoppeltes Gewinnspiel unzulässig war. Die Entscheidung erging, nachdem die Karlsruher Richter zuvor den Europäischen Gerichtshof angerufen hatten.
Der Bundesgerichtshof hat heute einen Schlussstrich unter den langjährigen Gewinnspielstreit zwischen DocMorris und der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) gezogen. Im Jahr 2015 hatte DocMorris mit einem Gewinnspiel geworben, in dem als Hauptpreis ein E-Bike im Wert von 2.500 Euro ausgelobt war, zudem neun hochwertige elektrische Zahnbürsten. Wer teilnehmen wollte, musste ein Rezept einreichen. Die AKNR hielt das für wettbewerbswidrig, mahnte die Niederländer ab und zog dann vor Gericht.
In erster Instanz wurde die Klage vom Landgericht Frankfurt abgewiesen. Diese Entscheidung fiel im Frühjahr 2017 unter dem Eindruck des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung. Zwar beanstandete die AKNR in dem Gewinnspiel-Verfahren nicht, dass das Arzneimittelpreisrecht unterlaufen werde. Vielmehr sah sie einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, weil unter anderem gegen das Heilmittelwerberecht verstoßen werde. Doch das Landgericht fand, die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) müssten nach der EuGH-Entscheidung vom Oktober 2016 europarechtskonform ausgelegt werden – und zwar dahingehend, dass sie hier nicht zur Anwendung kommen. Die Werbung für das Gewinnspiel sei damit zulässig.
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Die AKNR ging in Berufung – und in der zweiten Instanz fiel das Urteil anders aus: Das Oberlandesgericht gab der Apothekerkammer im Jahr 2018 recht. Es sah hier durchaus einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 HWG normierte Zuwendungsverbot vorliegen und bejahte einen Unterlassungsanspruch. Es folgte die Revision von DocMorris zum Bundesgerichtshof. Der beschloss Anfang 2020, den Europäischen Gerichtshof anzurufen.
Schon in diesem Beschluss wurde deutlich, dass die Karlsruher Richter § 7 HWG anwenden und das Urteil des Oberlandesgerichts bestätigen möchten. Eine verbotene Werbegabe kann demnach angenommen werden, wenn ihr Anbieten, Ankündigen oder Gewähren zumindest die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründet. Und diese sah der Bundesgerichtshof durchaus: Durch das Gewinnspiel könnten Patienten verleitet sein, auf die Beratung in der Apotheke verzichten. Im Beschluss hieß es dazu: „Die Entscheidung des Patienten für den Bezug eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels bei einer in- oder ausländischen Versandapotheke statt bei einer stationären Apotheke, die eine objektiv benötigte Beratung leisten kann, sollte nach Ansicht des Senats auf sachlichen Gründen beruhen und nicht durch aleatorische Reize beeinflusst werden.“
Doch die Bundesrichter wollten sicher gehen und fragten die Kollegen in Luxemburg, ob es mit den Bestimmungen im EU-Humanarzneimittelkodex zur Arzneimittelwerbung vereinbar ist, das deutsche Zugabeverbot in einem Fall wie dem vorliegenden anzuwenden. Der EuGH entschied sodann im vergangenen Juli: Ja, auch ausländische Versender müssen die Zugabeverbote des Heilmittelwerbegesetzes beachten, sie stehen dem europäischen Recht nicht entgegen.
Revision zurückgewiesen
Jetzt lag der Ball also wieder beim Bundesgerichtshof. Am heutigen Donnerstag wurde nochmals in Karlsruhe verhandelt – und am Nachmittag der Tenor der Entscheidung verkündet – allerdings noch ohne schriftliche Gründe. Klar ist aber: Der Bundesgerichthof hat die Revision von DocMorris zurückgewiesen. Lediglich die von der AKNR eingeforderten Abmahnkosten muss der Arzneimittelversender nicht erstatten. Abgesehen davon ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt damit rechtskräftig.
Wie die DAZ von Prozessteilnehmern erfuhr, machte das Gericht in der Verhandlung erneut deutlich, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel und die damit verbundene Übersendung der Verschreibung an die Versandapotheke den Kunden von der Zweitberatung in der Apotheke abhalten könne (angenommen die erste erfolgte beim Arzt).
Freude bei der AKNR
Bei der AKNR kann man mit dem Urteil nur rundum zufrieden sein. Präsident Armin Hoffmann kommentierte gegenüber der DAZ: „Wir freuen uns, dass der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung die Reichweite der EuGH-Entscheidung Deutsche Parkinson Vereinigung eingeschränkt hat. Damit ist zunächst einmal im Interesse der Patienten sichergestellt, dass sich auch ausländische Versender an die Regelungen in Deutschland halten müssen. Vor allem aber hat der BGH die Bedeutung der pharmazeutischen Beratung hervorgehoben, von deren Inanspruchnahme der Patient nicht durch Gewinnspiele oder andere Vergünstigungen abgehalten werden soll.“
Vor allem Juristen und Juristinnen werden nun auf die Urteilsgründe gespannt sein.
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