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Inkontinenzversorgung
„Diese Menschen haben keine starke Lobby“
Mit Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) im Jahr 2019 sollte sich unter anderem die Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzprodukten verbessern. Doch auch wenn der Gesetzgeber die Ausschreibungen zugunsten von Preisverhandlungen gekippt hat, zeigt sich am Beispiel Westfalen-Lippe: Das Preisdumping ist leider noch immer nicht beseitigt. Auch nach Einschätzung des Bundesverbands Medizintechnologie verfehlt das TSVG in diesem Punkt sein Ziel.
Nach Angaben der Deutschen Kontinenz Gesellschaft (DKG) leiden in Deutschland mehr als neun Millionen Menschen an einer Form von Inkontinenz, möglicherweise sogar mehr. „Die meisten sprechen nicht über das ‚Tabuthema‘ – und erhalten deshalb auch keine Hilfe. Sie schweigen und bleiben mit ihren Beschwerden allein“, schreibt die Fachgesellschaft in einer Broschüre aus dem Jahr 2019. Dabei steht mittlerweile eine Vielzahl wirksamer Heil- und Hilfsmittel für die erfolgreiche Behandlung von Menschen mit Inkontinenz zur Verfügung, betont die DKG.
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Neben Verhaltensintervention, operativen Eingriffen, Physiotherapie und medikamentöser Behandlung sind laut der S2e-Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten, Diagnostik und Therapie“ (Stand: 2. Januar 2019) auch Hilfsmittel wie aufsaugende Inkontinenzprodukte ein wichtiger Baustein für die Betroffenen, um ihre Lebensqualität zu verbessern und weiterhin am sozialen Leben teilhaben zu können. Eine adäquate Versorgung hilft zudem, körperliche Folgen wie Hautirritationen, Dekubitus und damit verbundene Schmerzen zu verhindern. Solche Produkte beziehen viele von ihnen in den Apotheken – doch die Versorgung steht auf wackeligen Beinen.
Das wird deutlich am Beispiel Westfalen-Lippe: Dort hat jüngst die AOK NordWest eine Kürzung der Monatspauschalen für die Versorgung ihrer Versicherten um etwa ein Drittel angekündigt. Lediglich 11,89 Euro soll es dafür ab dem 1. Februar 2022 noch geben – ein Betrag, für den diese Leistung für die Apotheken nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist. „Das sind Konditionen, bei denen wir einfach sagen müssen: Jetzt geht es nicht mehr“, sagt der Chef des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), Thomas Rochell, im Gespräch mit der DAZ.
Vertragsverhandlungen, wie sie eigentlich im Sozialgesetzbuch V vorgesehen sind, habe es nicht gegeben, berichtet der AVWL-Vorsitzende. Zumindest nicht, was die Vergütung betrifft. „Da hat die AOK NordWest nicht mit sich reden lassen.“ Die Konsequenz: Der bestehende Vertrag läuft Ende Januar aus, einen Folgevertrag wird es mit dem Verband zu diesen Bedingungen nicht geben. Apotheken, die weiterhin ihre Stammkundinnen und -kunden mit Inkontinenzprodukten versorgen wollen, müssen dem Regelwerk separat gegenüber der AOK NordWest beitreten.
Das haben tatsächlich schon einzelne, wenige Betriebe getan, wie Rochell bestätigt. „Es liegt in unserer DNA, Patientinnen und Patienten versorgen zu wollen. Oft kennen die Apothekeninhaberinnen und -inhaber die Betroffenen schon sehr lange, es kommt für sie nicht infrage, diese Menschen im Stich zu lassen. Ich verstehe das gut, mir geht es nicht anders. Als Verband müssen wir allerdings hier ein Signal senden und ‚Stopp‘ sagen, um zu verhindern, dass die Kassen weiter auf Kosten der Patienten sparen.“
1 Kommentar
Warum überrascht ? same procedure as usual
von ratatosk am 15.12.2021 um 8:39 Uhr
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