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Fachleute senden verschiedene Signale
Sollte Omikron die Impfentscheidung bei Kindern beeinflussen?
Seit Beginn der Corona-Pandemie war noch nie etwas sicher. Doch angesichts der neuen Variante Omikron blicken wir noch mehr Ungewissheit entgegen. Seit nun auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech geimpft werden können, müssen Eltern viele Faktoren abwägen, wenn sie eigenverantwortlich entscheiden wollen, ob sie ihre Kinder impfen lassen oder nicht. Denn eine klare allgemeine Impfempfehlung gibt es für diese Altersgruppe bei gesunden Kindern noch nicht.
Heute Nachmittag will sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu den Bemühungen für mehr Corona-Impfstoff zum Start ins neue Jahr äußern. Hauptthema in der Bundespressekonferenz sollen allerdings Kinderimpfungen sein. Es wird der erste gemeinsame Auftritt des neuen Ministers mit dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler.
Deutschlandweit laufen die ersten Kinderimpfungen (fünf bis elf Jahre) gerade an, während die Lage der Pandemie angesichts der neuen Coronavariante Omikron täglich neu bewertet werden muss. In dieser Konstellation meldeten sich vergangenen Mittwoch die Kinderärzte zu Wort. Ohne Vorerkrankung solle man auf den Omikron-Impfstoff warten, berichtete die dpa. Je nach Alter und Gesundheit ihrer Kinder könnten Eltern aus Sicht des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte auf einen womöglich ab dem Frühjahr verfügbaren Omikron-Impfstoff warten, hieß es.
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„Gesunden Kindern zwischen fünf und elf Jahren empfehlen wir die Impfung wegen des Restrisikos noch unbekannter seltener Nebenwirkungen ohnehin zunächst nicht generell“, sagte Verbandssprecher Jakob Maske der Deutschen Presse-Agentur. „Daher plädieren wir in dem Fall auch dafür, erst einmal abzuwarten.“ Bei einem Kind ab einem Alter von 12 Jahren hingegen könne man auf jeden Fall anfangen zu impfen. „Da würde ich nicht auf einen Omikron-Impfstoff warten“, sagte Maske. Heute stellte der BVKJ allerdings klar: Keinesfalls will er den Eindruck erwecken, er rate Eltern gesunder Kinder dazu, auf einen Omikron-Impfstoff zu warten. Nach individueller Aufklärung könne bei entsprechendem Impfwunsch auch gesunden jungen Kindern ohne Risikofaktoren ein Impfangebot gemacht werden.
Für die Altersgruppe ab 12 Jahren gibt es schon länger eine generelle Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Bei den kleineren Kindern rät die STIKO hingegen bisher nur zur Corona-Impfung, wenn sie bestimmte Vorerkrankungen oder Menschen mit hohem Corona-Risiko in ihrem Umfeld haben. Auf Wunsch und nach ärztlicher Aufklärung kann aber trotzdem jedes Kind geimpft werden. Von dieser Woche an kommt ein schwächer dosierter Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige in Deutschland zum Einsatz.
Andere Einschätzungen
Wegen der stark mutierten Omikron-Variante, die in mehreren Ländern zunehmend Infektionen hervorruft, haben Impfstoffhersteller angekündigt, an angepassten Vakzinen zu arbeiten. Bisher ist aber noch nicht sicher, ob diese auch tatsächlich nötig werden. Biontech hatte auch angekündigt, dass ein neuer Impfstoff bei einem etwaigen Anlaufen der Produktion im März nicht gleich massenhaft zur Verfügung stehen würde. Wie sinnvoll die Impfung mit dem bisherigen Impfstoff bei einem gesunden Kind jetzt ist – diese Fragestellung schätzen nicht alle Fachleute so ein wie die Kinderärzte.
Die Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Jana Schroeder (Stiftung Mathias-Spital, Rheine) rät davon ab, auf die potenzielle Verfügbarkeit eines angepassten Impfstoffs in einigen Monaten zu spekulieren. Noch habe Deutschland ein Problem mit der Delta-Variante. „Die Impfung wirkt gegen sie deutlich besser als gegen Omikron. Es ist momentan auch noch unklar, ob Omikron Delta völlig verdrängen wird.“ Bisher gebe es zwar noch keinerlei Daten, wie gut die Impfung bei einer Omikron-Infektion noch vor schweren Verläufen schütze: „Von den dafür wichtigen T-Zellen ist aber bekannt, dass sie im Vergleich zu Antikörpern stabiler auch auf Varianten reagieren.“ Das heißt: Auch gegen Omikron wird ein Schutz vor schweren Verläufen angenommen. „Erste Beobachtungen über schwere Verläufe bei Kindern aus Südafrika sollten wir ernst nehmen, auch wenn sich solche Befürchtungen bei früheren Varianten nicht bewahrheitet haben“, sagte Schroeder. „Eine Häufung schwerer Fälle könnte Zufall sein – oder auch nicht. Bis es dazu klare Erkenntnisse aus Studien gibt, wird es Monate dauern. So rasant wie sich das Virus ausbreitet, haben wir nicht die Zeit darauf zu warten, sondern sollten unsere Entscheidungen auch anhand von Daten aus dem laufenden Infektionsgeschehen treffen.“ Schroeder verweist auch auf Daten aus den USA, wo nach fünf Millionen verwendeten Dosen des abgeschwächten Impfstoffs für Fünf- bis Elfjährige laut Gesundheitsbehörde CDC noch keine Fälle von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen gemeldet worden seien.
Auch wenn viele Eltern fürchteten, dass der Schutz der Impfstoffe nicht mehr so gut sei: „Die Impfstoffe schützen sehr gut gegen die noch dominante Delta-Variante und bieten auch einen gewissen Schutz vor Omikron. Das ist in jedem Fall besser, als keinen Schutz zu haben“, sagt Oberärztin Folke Brinkmann von der Universitätskinderklinik Bochum. Sie rate eher zur Impfung als zur Infektion – und führt auch einen Nutzen für das Alltagsleben der Kinder an: Geimpfte müssten zum Beispiel nicht in Quarantäne. „Wie infektiös die neue Omikron-Variante im Endeffekt ist und wie schwer sie Kinder betrifft, ist momentan allerdings noch unklar.“ Der Nutzen der Corona-Impfung für das einzelne Kind sei zwar nicht so groß wie bei alten Menschen, beispielsweise bei über 80-Jährigen, sagt Brinkmann. Auf der Station würden aber trotz der insgesamt geringeren Krankheitslast auch nicht vorerkrankte Kinder wegen COVID-19 oder dem Entzündungssyndrom PIMS behandelt. „Einzelne erwischt es schwer.“ Auch mit Spätfolgen wie geringer Belastbarkeit und Herzrasen hätten in der Altersgruppe einige Kinder zu kämpfen. Solche Erkrankungen infolge der Infektion seien auch von anderen Viren bekannt und sollten aus Sicht Brinkmanns ernst genommen werden, auch wenn sich die Häufigkeit bei Kindern bisher nicht sicher beziffern lasse. Brinkmann geht davon aus, dass Forschungsergebnisse aus den USA und Israel in Bezug auf die Impfung nicht vorerkrankter Kinder bereits in Kürze vorliegen werden. Dies werde dann auch Einfluss auf eine eventuell aktualisierte STIKO-Empfehlung haben.
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