Gastkommentar

Cannabis und Rabattverträge – geht das zusammen?

Stuttgart - 20.12.2021, 13:45 Uhr

Rabattverträge für Cannabisblüten sind „pharmazeutischer Unsinn“, meinen die pharmazeutischen Biologen Dr. Ilse Zündorf und Professor Robert Fürst aus Frankfurt am Main. (x / Foto: jchizhe / AdobeStock)

Rabattverträge für Cannabisblüten sind „pharmazeutischer Unsinn“, meinen die pharmazeutischen Biologen Dr. Ilse Zündorf und Professor Robert Fürst aus Frankfurt am Main. (x / Foto: jchizhe / AdobeStock)


Kürzlich wurde bekannt, dass es in Deutschland erstmalig einen Rabattvertrag für Cannabisblüten gibt: Ein entsprechendes Abkommen hat das Unternehmen Adrexpharm nach eigenen Angaben gleich mit mehreren Kassen geschlossen. „Pharmazeutischer Unsinn“, meinen die pharmazeutischen Biologen Dr. Ilse Zündorf und Professor Robert Fürst aus Frankfurt am Main. Der eigentliche Aufreger, der in der Diskussion um die Rabattvertragsfähigkeit von Cannabis völlig untergeht, ist in ihren Augen aber ein ganz anderer. Ein Gastkommentar. 

Man reibt sich verwundert die Augen: Rabattverträge für Cannabisblüten und Cannbisextrakte – kann und darf das sein? Wir meinen, dass das wahre Problem nach wie vor ganz woanders liegt!

Ein Rabattvertrag zwischen einer Krankenkasse und einem Arzneimittelhersteller ist ein Mittel der Kostenreduktion im Gesundheitswesen. Die Meldung, dass ein Pharmaunternehmen mit mehreren Kassen Rabattverträge für Cannabisblüten und -extrakte abgeschlossen hat, macht einen überaus stutzig: Kann man das Prinzip der Generika, also der wirkstoffgleichen Arzneimittel mit den üblichen Substitutionskriterien, auf die pflanzliche Droge Cannabisblüten und auf einen daraus hergestellten, eingestellten Extrakt übertragen? Der Bundesverband pharmazeutischer Cannabisunternehmen (BPC) findet in seinem Positionspapier „Rabattverträge mit Cannabis-Arzneimitteln bergen Gefahren für Patient:innen“ eine klare Antwort: nein!

Laut BPC bekämen Patienten eventuell nicht das, worauf sie gut eingestellt sind, oder es könnte zu Lieferengpässen kommen. Der Verband weist auch darauf hin, dass es bei einer Cannabis-basierten Therapie auf möglichst gleichmäßige Wirkspiegel ankäme. Cannabisblüten seien ein Naturprodukt, das natürlichen Schwankungen unterliege, und Cannabisextrakte seien in ihrer Inhaltsstoffzusammensetzung vom Herstellungsprozess abhängig. Selbst eine perfekte Übereinstimmung der (wenigen) zu deklarierenden Parameter wie die genaue Drogenbezeichnung, Droge-Extrakt-Verhältnis und Extraktionsmittel garantiere keine Wirkstoffgleichheit. Resümee des BPC: Cannbisblüten und -extrakte sollten von Rabattverträgen ausgeschlossen werden und auf die Substitutionsausschlussliste kommen.

Alles richtig! Die Argumente zur Substitution pflanzlicher Arzneimittel sind alte Bekannte, sie finden sich bereits im Statement „Gute Substitutionspraxis“ der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) aus dem Jahr 2014. Diese Argumente sollten (phyto)pharmazeutisches Basiswissen sein – unseren Studierenden bläuen wir sie zumindest intensiv ein. Zu den Rabattvertragsunterhändlern sind sie aber anscheinend noch nicht vorgedrungen.



Prof. Dr. Robert Fürst, Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


Dr. Ilse Zündorf, Institut für Pharmazeutische Biologie der Uni Frankfurt, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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