Gefälschte Impfpässe

Allein in Berlin über 1000 Anzeigen– viele von Apotheken

Stuttgart/Berlin - 06.01.2022, 13:45 Uhr

Fälschung  oder echt? Allein in Berlin ist die Polizei wegen mutmaßlich gefälschter Impfnachweise in mehr als 1000 Fällen aktiv geworden. (Foto: IMAGO / Martin Wagner)

Fälschung  oder echt? Allein in Berlin ist die Polizei wegen mutmaßlich gefälschter Impfnachweise in mehr als 1000 Fällen aktiv geworden. (Foto: IMAGO / Martin Wagner)


Seit Ungeimpfte zunehmend vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden, floriert der Handel mit gefälschten Impfpässen. Allein in Berlin ist die Polizei in mehr als 1000 Fällen aktiv geworden, 1100 Anzeigen wegen des Verdachts falscher Impfnachweise seien bis Mitte Dezember im zuständigen Kommissariat des Landeskriminalamts (LKA) eingegangen, erklärt der Senat auf eine Anfrage der Linken. Viele davon stammen demnach aus Apotheken.

Kino, Essen gehen, mancherorts auch shoppen – eigentlich geht nichts mehr ohne Impfnachweis. Entsprechend groß ist die Nachfrage Nicht-Immunisierter nach gefälschten Impfpässen. Apotheken ziehen bei der Digitalisierung reihenweise Fälschungen aus dem Verkehr – trotz ihrer begrenzten Möglichkeiten, diese festzustellen. Zwar wurde das DAV-Portal mittlerweile um eine Funktion zur Chargenprüfung erweitert. Die läuft aber ins Leere, wenn real existierende Chargen bei der Fälschung verwendet werden. Zudem ist die verlängerte Haltbarkeit beim Pfizer/Biontech-Impfstoff nicht berücksichtigt und es sind immer wieder tatsächlich verimpfte Chargen nicht erfasst. Trotz dieser Schwierigkeiten erstatten einer Meldung der Deutschen Presseagentur zufolge aufmerksame Apotheken oft Anzeige bei der Polizei, wenn ihnen bei der Digitalisierung Auffälligkeiten offenbar werden. Außerdem gibt es anonyme Hinweise und auch Ärzte melden sich.

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Allein in Berlin gingen bis zum 17. Dezember 1100 Anzeigen wegen des Verdachts falscher Impfnachweise im zuständigen Kommissariat des Landeskriminalamts (LKA) ein. Das antwortete der Senat auf eine Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus. Die Bearbeitung der Anzeigen sei unterschiedlich weit fortgeschritten, hieß es. Anfang November 2021 waren im LKA erst 169 Anzeigen eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt stand aber aufgrund einer Gesetzeslücke die Strafverfolgung noch auf wackligen Beinen – die Verwendung gefälschter Impfnachweise war nur gegenüber einer Behörde, beispielsweise nicht aber gegenüber einer Apotheke strafbar. Bis zum 23. November 2021 wurden die Anzeigen daher nur wegen des Verdachts der Urkundenfälschung aufgenommen. Zudem könnten anfänglich auch Bedenken seitens der Apotheker:innen eine Rolle gespielt haben, ob sie mit einer Anzeige nicht ihre Schweigepflicht verletzen. 

Seit dem 24. November, nach einer Gesetzesänderung, geht es oftmals um den neuen § 275 Strafgesetzbuch, der die Fälschung von amtlichen Ausweisen und Impfausweisen behandelt. Dort heißt es, „wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert“ oder sich einen derartigen Impfausweis beschaffe oder ihn verwahre, erhalte eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Gefängnisstrafe.

Welche Berufsgruppen sind besonders oft involviert?

Außerdem wollten die Berliner Linken-Politiker:innen wissen, ob bestimmte Berufsgruppen in diesem Zusammenhang besonders auffallen, zum Beispiel Pflegekräfte, weil sie gefälschte Impfnachweise verwenden oder Apotheker:innen, weil sie häufig gefälschte Dokumente erstellen. Dazu liegen dem Senat aber keine Erkenntnisse vor. Ebenso wenig weiß der Senat, in welcher Situation die meisten Fälschungen entdeckt werden. Dies werde statistisch nicht erfasst, heißt es in der Antwort auf die Anfrage.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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