Übersicht der AMK

Wann Lagevrio, wann Paxlovid? Kriterien für die Entscheidung

Stuttgart - 07.01.2022, 07:00 Uhr

Nach einem positiven Test kann bei bestimmten Risikopatienten jetzt schon Lagevrio und bald auch Paxlovid verschrieben werden. Welchen Wirkstoff man wählt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Foto: IMAGO / Rene Traut)

Nach einem positiven Test kann bei bestimmten Risikopatienten jetzt schon Lagevrio und bald auch Paxlovid verschrieben werden. Welchen Wirkstoff man wählt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Foto: IMAGO / Rene Traut)


Mit Molnupiravir (Lagevrio®) steht bereits ein oral anzuwendendes Mittel zur Verfügung, das bei bestimmten Risikopatienten schweren COVID-19-Verläufen vorbeugen soll, mit Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®) wird ein weiteres folgen. Doch für wen eignet sich eigentlich welches Mittel und wann sieht man besser von einer Therapie ab? Als Hilfestellung hat die AMK eine Übersicht erstellt, die wichtige pharmakologisch-therapeutische Kriterien für die Anwendung der beiden Arzneimittel gegenüberstellt.

Wie lassen sich schwere COVID-19-Verläufe verhindern? Allem voran setzt man hier natürlich auf die Impfungen – bekanntermaßen mit Erfolg. Doch seit Anbeginn der Pandemie werden zudem Therapieansätze verfolgt, nach einer Infektion der Erkrankung Einhalt zu gebieten. So sind EU-weit für die stationäre Behandlung von Patienten mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf bereits mehrere Präparate zugelassen, nämlich das antiviral wirksame Veklury® (Remdesivir), der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Kineret® (Anakinra) sowie der Interleukin-6-Rezeptorantagonist RoActemra® (Tocilizumab). Dazu kommen die monoklonalen Antikörper Ronapreve®, Regkirona® und Xevudy® für eine passive Immunisierung für infizierte Patienten. Sie finden vor allem Anwendung bei sehr alten Patienten oder wenn aufgrund von Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes mellitus, Immunsuppression und fehlender oder unvollständiger Immunisierung ein erhöhtes Risiko für einen sehr schweren Verlauf besteht.

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Seit 3. Januar 2022 steht zusätzlich Lagevrio® (Molnupiravir) zur Verfügung. Es ist ein oral verfügbares antivirales Arzneimittel, das zur Behandlung von nicht hospitalisierten COVID-19-Patienten eingesetzt wird, die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Die Wirkung beruht primär auf einer die Hemmung der viralen RNA-Replikation, durch Einbau des Triphosphatmetaboliten in das virale RNA-Genom.

Paxlovid® (Nirmatrelvir/Ritonavir) wird bei derselben Patientengruppe eingesetzt. Nirmatrelvir hemmt die virale 3CL-Protease. Die Kombination mit Ritonavir, einem potenten Inhibitor von Cytochrom P450 (CYP), v. a. 3A4, und P-Glykoprotein, ermöglicht die perorale Anwendung – ein Prinzip, das aus der HIV- und Hepatitis-C-Therapie lange bekannt ist. Durch zusätzliche Gabe des Enzyminhibitors wird der Abbau verlangsamt und es werden ausreichend hohe Wirkspiegel erreicht. 

In Studien Reduktion der Hospitalisierungs- und/oder Sterberate

Beide Arzneimittel reduzierten laut vorliegenden Studienergebnissen die Hospitalisierungs- und/oder Sterberate im Vergleich zu Placebo bei nicht hospitalisierten Patienten mit milder oder moderater COVID-19-Symptomatik (ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf) und mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Verlauf signifikant (9,7 % unter Placebo vs. 6,8 % unter Molnupiravir [relative Risikoreduktion 30 %, absolute Risikoreduktion 3 %, number needed to treat ca. 33] und 6,5 % vs. 0,7 % unter Nirmatrelvir/Ritonavir [relative Risikoreduktion 89 % bei Beginn innerhalb 3 Tagen, absolute Risikoreduktion 5,8 %, number needed to treat ca. 17]).

 Zugelassen sind beide Mittel bislang nicht, das Bundesministerium für Gesundheit hat sie zentral beschafft und bringt sie in den Verkehr. Bei Lagevrio® beispielsweise handelt es sich um Packungen für den britischen Markt.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Fehlt da nicht etwas?

von Michael Mischer am 10.01.2022 um 9:35 Uhr

Es ist sicher für die Beratung der Ärzte sehr wertvoll, wenn man auf diese Übersicht zurückgreifen kann und damit Wechselwirkungen oder gar Fruchtschäden vermeiden helfen kann.

Dennoch fragte ich mich, ob in der Tabelle nicht etwas fehlt. Der Artikel erwähnt es, aber die Tabelle geht nonchalant darüber hinweg, dass die vorliegenden Ergebnisse zur Effektivität doch deutlich zu divergieren scheinen. Sicher: Es fehlt der direkte Vergleich und ein naiver indirekter Vergleich ist methodisch immer zweifelhaft - aber erwähnen (und dann bestenfalls kontextualisieren) sollte man das doch!

Beispielweise so:
https://www.covid19treatmentguidelines.nih.gov/therapies/statement-on-therapies-for-high-risk-nonhospitalized-patients/

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