IQWiG kritisiert Sonderstatus

Orphan Drugs: Keine Ausnahmen mehr beim Zusatznutzen?

Marseille - 26.01.2022, 09:15 Uhr

Orphan Drugs genießen derzeit einen Sonderstatus bei der frühen Nutzenbewertung. (Foto: IMAGO / YAY Images)

Orphan Drugs genießen derzeit einen Sonderstatus bei der frühen Nutzenbewertung. (Foto: IMAGO / YAY Images)


Der Zusatznutzen von Orphan Drugs gilt mit der Zulassung als belegt. Das sieht das IQWiG kritisch: Es fordert, dass sich auch Mittel gegen seltene Erkrankungen im Zuge der frühen Nutzenbewertung behaupten müssen, denn vielfach sei die angenommene Überlegenheit nicht belegbar. Der vfa hält dagegen.

Für Orphan Drugs, Arzneimittel gegen seltene Krankheiten, gilt bei der Markteinführung eine Ausnahmeregel: Ein Zusatznutzen gegenüber anderen Therapie-Optionen muss nicht durch entsprechende Daten belegt werden, sondern wird automatisch vorausgesetzt. Das soll die Pharmaindustrie motivieren, auch an solchen Arzneimitteln zu forschen, die nur von wenigen Patienten benötigt werden.

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Nun fordert das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), diese Ausnahmeregelung abzuschaffen. Grund sind Untersuchungsergebnisse des IQWiG, wonach bei mehr als der Hälfte der Orphan Drugs von keinem tatsächlichen Zusatznutzen auszugehen ist.

Das im Jahr 2011 in Kraft getretene Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) sieht bei erstattungsfähigen Arzneimitteln eigentlich eine sogenannte frühe Nutzenbewertung vor. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bewertet dabei anhand vom Hersteller vorzulegender Daten, welchen Zusatznutzen ein neues Arzneimittel im Vergleich zu einer bereits existierenden, zweckmäßigen Vergleichstherapie hat. An dieser Bewertung orientiert sich auch der Betrag, den die Krankenkassen auf Dauer bei einer Verschreibung erstatten. Die frühe Nutzenbewertung findet normalerweise innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Markteintritt statt.

Bei Orphan Drugs müssen hingegen keine speziellen Daten zu einem möglichen Zusatznutzen vorgelegt werden. Dieser wird allein schon wegen der Einstufung als Arzneimittel gegen seltene Krankheiten vorausgesetzt. Auf EU-Ebene werden Arzneimittel als Orphan Drug zugelassen, wenn sie zur Behandlung einer schwerwiegenden oder lebensgefährlichen Krankheit dienen, an der weniger als fünf von 10.000 Menschen in der EU leiden. Eine weitere Bedingung der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ist, dass es entweder noch gar kein zufriedenstellendes Behandlungsverfahren für die Betroffenen gibt oder bei dem neuen Arzneimittel von einem erheblichen Nutzen für die Patienten und Patientinnen ausgegangen wird. Ein zusätzlicher Nutzen im Vergleich zu bereits vorhandenen Therapien muss allerdings auch im EU-Zulassungsverfahren nicht belegt werden.



Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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