Gilt auch für OTC und Homöopathika

Humanarzneimittel für Tiere nur noch mit tierärztlicher Verordnung

Süsel - 28.01.2022, 13:45 Uhr

Humanarzneimittel dürfen bei Tieren nur noch auf tierärztliche Verordnung hin angewendet werden. Das gilt auch für OTC-Präparate und Homöopathika. (Foto: IMAGO / ITAR-TASS) 

Humanarzneimittel dürfen bei Tieren nur noch auf tierärztliche Verordnung hin angewendet werden. Das gilt auch für OTC-Präparate und Homöopathika. (Foto: IMAGO / ITAR-TASS) 


Am heutigen Freitag tritt das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft. Angesichts der kontroversen Debatten über den Antibiotikaeinsatz und den Versand ist eine für den Alltag relevante Folge bisher kaum beachtet worden: Tierhalter dürfen nun Humanarzneimittel nur noch mit einer tierärztlichen Verordnung an ihren Tieren anwenden. Da dies auch Humanhomöopathika betrifft, haben Tierheilpraktiker bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Das neue TAMG, das am heutigen Freitag in Kraft tritt, ist für ein so umfangreiches Werk in erstaunlich kurzer Zeit entstanden. Der erste Entwurf stammt vom Januar 2021. Doch die Zeit drängte, weil ab heute die Verordnung (EU) 2019/6 gilt, an die das nationale Recht angepasst werden musste. Daraufhin werden die tierarzneimittelrechtlichen Vorschriften aus dem Arzneimittelgesetz (AMG) entfernt. Für Tierarzneimittel müssen nun das TAMG und die EU-Verordnung zusammen betrachtet werden, weil das Gesetz vielfach auf die EU-Verordnung verweist. Bei den teilweise hitzigen Diskussionen über die Formulierung des TAMG ging es besonders um die kontroversen Themen Antibiotikaeinsatz und Versand von Tierarzneimitteln.

Dabei sind andere Aspekte etwas aus dem Blickfeld geraten und erlangen erst jetzt Aufmerksamkeit. Einer davon dürfte im Apothekenalltag zu einer neuen problematischen Hürde werden. Dabei geht es um § 50 Abs. 2 TAMG, dessen Folgen bisher noch kaum thematisiert wurden. Diese Vorschrift lautet:

„Tierhalterinnen und Tierhalter sowie andere Personen, die nicht Tierärztinnen oder Tierärzte sind, dürfen verschreibungspflichtige Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte sowie Arzneimittel nach § 2 Absatz 1, 2 und 3a des Arzneimittelgesetzes bei Tieren nur anwenden, soweit
1. diese von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind, bei der oder dem sich die Tiere in Behandlung befinden,
und
2. die Anwendung gemäß einer tierärztlichen Behandlungsanweisung, die die Tierärztin oder der Tierarzt für den betreffenden Fall ausgehändigt hat, erfolgt.“

Humanarzneimittel sind Arzneimittel nach § 2 Abs. 1, 2 oder 3a AMG. Damit dürfen Tierhalter auch nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel nur noch dann beispielsweise bei Hunden oder Katzen anwenden, wenn sie vom Tierarzt für dieses Tier verordnet wurden. Apotheken werden nach dem Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich angesprochen. Doch wenn Kunden beim Kauf eines Arzneimittels über die Absicht einer rechtlich unzulässigen Nutzung sprechen, ist das stets ein Abgabehindernis. Eine Beratung zu einem unzulässigen Zweck scheidet ebenfalls aus. Stattdessen wird dann eine tierärztliche Verordnung nötig, die bei allen Beteiligten den bürokratischen Aufwand erhöht.

Hintergrund dieser Regelung ist offenbar der insgesamt strengere Umgang mit den Inhalten der Zulassungen von Arzneimitteln im neuen europäischen Tierarzneimittelrecht, das auch das TAMG prägt. Daraufhin wird der Einsatz von Arzneimitteln, die nicht für Tiere zugelassen sind, strenger geregelt. Auch den Tierärzten werden Abweichungen von den Zulassungen nun erheblich erschwert. Beispielsweise dürfen sie individuelle Dosierungen, die von den Packungsbeilagen der Tierarzneimittel abweichen, nicht mehr verordnen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Wirft tatsächlich mehrere Fragen auf

von Kume am 31.01.2022 um 22:01 Uhr

Geht mir so wie in den vorangegangenen Kommentaren hier, wie soll das denn kontrolliert werden? Und ja, weshalb kommen komplementäre Arzneien und Remedias wie die Homöopathie ins Kreuzfeuer, wo bleibt die Freiheit bei der Wahl der Therapie? Was ist der Grund dafür? Weshalb maßt man sich an, die Dosierung zu voraus bestimmen ohne den Anwender oder das Tier zu kennen? Ich muss sagen diese neue Absurdität macht mich sprachlos.

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Irrsinn in D in allen Spielarten

von ratatosk am 29.01.2022 um 10:29 Uhr

So was fällt nur deutschen und EU Bürokraten ein !

Statt sich endlich auf die extremen Gefahren durch Antibiotika und Hormonen in der Tierhaltung zu konzentrieren, verbietet man Homöopathie ? darauf muß man erst mal kommen !
Und dann heulen uns die Behörden vor, sie seien personell unterbesetzt - nein !! , denn auch doppelt so viele Beamte würden doch nur die kleinen Betriebe schickanieren, wie es in D schon alte schäbige Tradition ist, Großkapital oder ausländische Firmen machen ja nur Ärger und Arbeit bei der Kontrolle.
Zum Beitrag von Brigitte kann man nur sagen, daß die großen Versender sowieso nicht kontrolliert werden müssen, zumindest nicht wie Apotheken, da die Niederländer ja keine Apotheken sind, haben die niederländischen Behörden auch nie behauptet, geht nur leider bei uns immer wieder unter. Zu den Gründen warum diese so bevorzugt werden ist alles eigentlich gesagt, aber Geld regiert die Welt, alt aber doch immer wieder richtig.

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Humanarzneimittel für Tiere

von Brigitte am 28.01.2022 um 19:08 Uhr

Also wenn ich Arnica Globuli oder Traumeel für mein Pferd oder Euphrasia Augensalbe für meinen Hund brauche, darf die Apotheke das nur gegen Vorlage eines Rezeptes abgeben? Was für ein Schwachsinn ist das denn? Ich frage doch nicht jeden Kunden, ob er die Medikamente für ein Tier braucht? Oder machen die Internet-Apotheken das? Wie wird das denn kontrolliert? Würde mich echt interessieren!

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