Migräneprophylaxe mit Eptinezumab

Migräne-Antikörper Nummer vier für die EU

Stuttgart - 01.02.2022, 09:15 Uhr

Eptinezumab (Vyepti) darf fortan zur Prophylaxe von Migräne bei Erwachsenen auch in der EU verordnet werden. (Foto: IMAGO / imagebroker)

Eptinezumab (Vyepti) darf fortan zur Prophylaxe von Migräne bei Erwachsenen auch in der EU verordnet werden. (Foto: IMAGO / imagebroker)


Ein weiterer CGRP-Antikörper darf zur Migräneprophylaxe in der EU eingesetzt werden, Eptinezumab in Vyepti. Die Applikation erfolgt als intravenöse Infusion, was eine Selbstverabreichung durch Migräniker ausschließt. Dennoch könnte Eptinezumab verglichen mit Erenumab, Fremanezumab oder Galcanezumab punkten. Warum?

Der vierte Antikörper zur Vorbeugung von Migräne hat die Zulassung in der EU geschafft: Eptinezumab in Vyepti®. Nachdem die Europäische Arzneimittelagentur am 11. November 2021 die Zulassung empfohlen hatte, gab im Januar nun auch die Europäische Kommission ihr Ok. Künftig darf Eptinezumab zur Prophylaxe von Migräne bei Erwachsenen angewendet werden, wenn die Migränepatienten an mindestens vier Tagen pro Monat an Migräne leiden.

Eptinezumab wirkt besonders schnell

Mit Eptinezumab kommt nun zwar der vierte Migräne-Antikörper auf den Markt, allerdings der erste zur intravenösen Verabreichung. Die bereits in der EU zugelassenen Antikörper im CGRP-System – Erenumab in Aimovig®, Fremanezumab in Ajovy® und Galcanezumab in Emgality® – erhalten die Migräniker stattdessen subkutan. Was auf den ersten Blick nachteilig wirkt – schließt die intravenöse Gabe von Eptinezumab eine Selbstverabreichung via Fertigpen (Erenumab, Fremanezumab, Galcanezumab) oder Fertigspritze (Erenumab, Fremanezumab) durch den Patienten aus –, könnte allerdings auch zum Vorteil gedeihen. Denn: Eptinezumab wirkt besonders schnell, vielleicht gerade durch die intravenöse Applikation. Bereits 2019 hob die S1-Leitlinie „Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor“ hervor, dass Eptinezumab schon am Tag eins nach der Verabreichung wirkte, während die Wirkung von Erenumab und Galcanezumab erst zwischen ein und zwei Wochen nach Injektion einsetzte.

Hilft Eptinezumab auch bei akuter Migräne?

Und mit einem weiteren Vorteil könnte Eptinezumab vielleicht aufwarten: Einer jüngst im amerikanischen Ärzteblatt „JAMA“ veröffentlichten Studie (RELIEF) zufolge half Eptinezumab nicht nur in der Vorbeugung von Migräneattacken. Der Antikörper wirkte auch bei akuten Migräneanfällen – die Migräniker waren häufiger, schneller und länger kopfschmerzfrei, auch verschwanden Migräne-Begleitsymptome wie Übelkeit, Photo- und Phonophobie unter Eptinezumab rascher.

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Neben der Art der Verabreichung unterscheiden sich die vier verfügbaren Antikörper zudem im Dosierungsintervall – Eptinezumab dreimonatlich, Erenumab vierwöchentlich, Fremanezumab monatlich oder vierteljährlich, Galcanezumab monatlich – und am Angriffspunkt. Zwar adressieren alle CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide), doch nur Erenumab bindet an den CGRP-Rezeptor, während der neue Migräne-Antikörper Eptinezumab sowie Fremanezumab und Galcanezumab CGRP direkt neutralisieren.

Weniger Migränetage unter Eptinezumab

Lundbeck, der Zulassungsinhaber von Vyepti®, stützt die Marktgenehmigung auf zwei klinische Phase-3-Studien (PROMISE-1 bei episodischer Migräne und PROMISE-2 bei chronischer Migräne – von chronischer Migräne spricht man bei Kopfschmerzen an 15 oder mehr Tagen im Monat, von denen mindestens acht Tage die Kriterien einer Migräneattacke erfüllen). In beiden Studien überzeugte Eptinezumab und erreichte die primären Endpunkte der Studie: die Verringerung der mittleren monatlichen Migränetage verglichen mit Placebo über die Behandlungsdauer von zwölf Monaten (PROMISE-1) und sechs Monaten (PROMISE-2) bei einem zwölfwöchigen Dosierungsintervall. Untersucht wurde sowohl eine Dosierung von 100 mg Eptinezumab wie auch die dreifache Dosis mit 300 mg. Beide Dosierungen erwiesen sich als effektiv und reduzierten Lundbeck zufolge die Migräneprävalenz um 50 Prozent bereits einen Tag nach Infusion. Zur Zulassung hat Lundbeck nun die 100 mg-Dosierung gebracht.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Eptinezumab

Zu den unerwünschten Wirkungen von Eptinezumab zählen vor allem Nasopharyngitis (8 Prozent unter 300 mg Eptinezumab, 6 Prozent unter 100 mg Eptinezumab, 6 Prozent unter Placebo). Knapp 2 Prozent der Behandelten brach die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab. Auch Überempfindlichkeitsreaktionen traten bei Eptinezumabinfusion auf, wobei Lundbeck keinen Zusammenhang mit der verabreichten Dosis erkennt.

In anderen Ländern schon länger zugelassen

In den Vereinigten Staaten darf Eptinezumab bereits seit Februar 2020 angewendet werden, Zulassungen liegen auch für Australien, Kanada, Kuwait, Singapur, Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emiraten vor. In Europa soll Vyepti® in den kommenden Monaten auf den Markt kommen.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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