Frühe Nutzenbewertung

Orale Immuntherapie gegen Erdnussallergie fällt beim IQWiG durch

Stuttgart - 01.02.2022, 16:45 Uhr

Kleinste Mengen Erdnuss können bei Allergikern eine anaphylaktische Reaktion auslösen. In den USA waren Erdnüsse für zwei Drittel der Todesfälle durch Anaphylaxie verantwortlich. (s / Foto: IMAGO / Shotshop) 

Kleinste Mengen Erdnuss können bei Allergikern eine anaphylaktische Reaktion auslösen. In den USA waren Erdnüsse für zwei Drittel der Todesfälle durch Anaphylaxie verantwortlich. (s / Foto: IMAGO / Shotshop) 


Bei Erdnussallergikern können kleinste Mengen dieses Nahrungsmittels eine anaphylaktische Reaktion auslösen. Mit Palforzia gibt es erstmalig die Option einer oralen Immuntherapie. Das Urteil des IQWiG im Rahmen der frühen Nutzenbewertung fällt allerdings ernüchternd aus. 

Nur wenige Wochen, nachdem Kinder und Jugendliche im Alter zwischen vier und 17 Jahren mit der ersten oralen Immuntherapie gegen Erdnussallergie (Palforzia®, Aimmune Therapeutics Germany) in spezialisierten Kliniken in Deutschland begonnen haben (s. DAZ 2021, Nr. 47, S. 20), folgt nun die Ernüchterung. In seiner frühen Nutzenbewertung sieht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) – mit Ausnahme eines artifiziellen Surrogatparameters – ausschließlich Nachteile der Hyposensibilisierung in den patientenrelevanten Endpunkten und kann dem Therapeutikum daher nur einen geringeren Nutzen* im Vergleich zur alleinigen Allergenmeidung bestätigen. Die Bewertung gründet auf den Daten zweier randomisierter Doppelblindstudien, in denen Palforzia® gegen Placebo getestet wurde. Anders als in den Zulassungsstudien, in denen die Erhaltungstherapie nach zwölf bis 18 Wochen beendet wurde, muss die Immuntherapie im Alltag dauerhaft angewendet werden. 

Und das ist auch schon der erste Kritikpunkt des IQWiG: Da parallel weiterhin eine Erdnuss-­vermeidende Diät eingehalten werden muss, haben die Patienten hier keinen Vorteil in einer verbesserten Lebensqualität. Zudem traten häufig leichte Nebenwirkungen in den Verum-Gruppen auf, die oft zum Studienabbruch geführt haben. Da einige Patienten trotz Hyposensibilisierung auch systemische Nebenwirkungen zeigten, ist das für das IQWiG ein Beleg, dass das Mittel eher schadet als nutzt. Laut Ausschuss kann auch die Surrogatparameter-Untersuchung, bei der ein Provokationstest mit 1000 mg Erdnussprotein nach Stopp der Erhaltungstherapie erfolgte, keine Aussagen darüber fällen, wie die Patienten bei einer versehent­lichen Erdnuss-Exposition im Alltag reagieren werden. Den endgültigen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens von Palforzia® fasst nun der Gemeinsame Bundesausschuss.

*dieser Text wurde am 2. Februar 2022 redaktionell überarbeitet.


Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


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