Genesenenzertifikate: Welche Nachweise dürfen Apotheken akzeptieren?
Beim Thema Genesenenzertifikate ist aktuell viel in Bewegung: Mitte Januar verkürzte das Robert Koch-Institut (RKI) deren Gültigkeit von 180 auf 90 Tage. Derzeit gibt es diesbezüglich eine Diskrepanz zwischen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung, die direkt auf die Website des RKI verweisen, auf der einen Seite und der Coronavirus-Testverordnung auf der anderen Seite. Während die fachlichen Vorgaben des RKI derzeit also besagen, dass der positive Test nicht länger als 90 Tage zurückliegen darf, sieht die Testverordnung in ihrer aktuellen Fassung eine Gültigkeit der Genesenenzertifikate von sechs Monaten vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 TestV). Was alle Vorgaben eint: Die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion muss durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis erfolgt sein.
In der Testverordnung will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun jedoch aufräumen: Im heute bekannt gewordenen Entwurf für eine geänderte Testverordnung wird der entsprechende Passus schlichtweg gestrichen. In der Begründung heißt es dazu: „Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines COVID-19-Genesenenzertifikats können Veränderungen unterliegen, die Aufführung dieser ist daher innerhalb der vorliegenden Verordnung nicht notwendig.“
Das bedeutet allerdings nicht, dass Apotheken künftig – sollte die Testverordnung tatsächlich in diesem Sinne angepasst werden – Genesenenzertifikate auf Grundlage positiver Antigenschnelltests ausstellen können. Vielmehr bleibt es für die Genesenenzertifikate beim Verweis in den beiden anderen Verordnungen auf die RKI-Website – und damit beim Testnachweis mittels PCR, PoC-PCR oder weiterer Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik.
Was die Fristen betrifft, beschreitet Deutschland einen Sonderweg, denn in den meisten anderen EU-Ländern sind Genesenenzertifikate weiterhin 180 Tage valide – eine Stolperfalle für Reisende, die sich laut Bundesministerium für Gesundheit vorab auf https://reopen.europa.eu/de informieren sollen, welche Regeln im Zielland gelten. Hinzu kommt, dass auch hierzulande die Gültigkeit digitaler Genesenenzertifikate in den gängigen Apps nach den europäischen Vorgaben mit 180 Tagen angezeigt wird. Apotheken, die solche Nachweise ausstellen, brauchen sich daran aber nicht zu stören. Für die technische Umsetzung ist das RKI zuständig. Und auch das Ausstellen ist wohl nach wie vor 180 Tage nach dem Nachweis der Infektion möglich.
Welche Nachweise sind erlaubt?
Doch welche Nachweise dürfen Apotheken für das Ausstellen von Genesenenzertifikaten eigentlich akzeptieren? Das fragen sich offenbar einige Kolleginnen und Kollegen auch vor dem Hintergrund, dass das PCR-Testangebot künftig eingeschränkt werden soll. Nach dem Änderungsentwurf zur Testverordnung sollen aufgrund der knappen Laborkapazitäten Proben vorrangig untersucht werden, wenn sie von Personen stammen, „die aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes ein signifikant erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 haben“ oder in Krankenhäusern, Arztpraxen, stationären Pflegeeinrichtungen, ambulanten Pflegediensten sowie stationären Einrichtungen und ambulanten Dienste der Eingliederungshilfe beschäftigt sind.
Wichtig ist, zunächst klar zu unterscheiden zwischen einem Genesenen-Impfzertifikat, mit dem eine erfolgte Impfung nach vorab durchgemachter Infektion bescheinigt wird, und einem echten Genesenenzertifikat, das die durchgemachte Infektion an sich – unabhängig von einer Impfung – belegt. Für echte Genesenenzertifikate ist die Regelung ziemlich eindeutig: Sie dürfen nur auf Basis eines positiven PCR-Testergebnisses ausgestellt werden, das nicht älter als 180 Tage ist. Die ABDA nennt in ihrer Handlungshilfe folgende Voraussetzungen, unter denen Apotheken solch eine Bescheinigung digitalisieren dürfen:
Als Nachweis können folgende Dokumente genutzt werden:
- PCR-Befund eines Labors
- PCR-Befund einer Ärztin/eines Arztes
- PCR-Befund einer Teststelle bzw. eines Testzentrums
- ärztliches Attest (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthält)
- die Absonderungsbescheinigung (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthält)
- weitere Bescheinigungen von Behörden (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthalten)
Quelle: Handlungshilfe zur nachträglichen Erstellung der COVID-19-Zertifikate durch Apotheker*innen (Stand: 17. Dezember 2021)
Ausdrücklich nicht akzeptiert werden dürfen Antigen-Schnelltestergebnisse, Antikörpernachweise, Krankheitsatteste und Absonderungsbescheinigungen, die keine Angaben zur Testart und dem Testdatum enthalten. Liegt ein positives PCR-Testergebnis vor, dürfen Apotheken der ABDA zufolge das COVID-19-Genesenenzertifikat auch generieren, wenn bereits COVID-19- Impfzertifikate vorliegen, also trotz Impfung eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde.
Genesenen-Impfzertifikate
Davon abzugrenzen ist nun das Ausstellen eines digitalen Genesenen-Impfzertifikats, das eine erfolgte Impfung nach Genesung belegt. Hier sind die Regeln deutlich lockerer: Zum einen ist das Alter des Testergebnisses egal, es muss nur vor der Impfung datieren. Zum anderen können neben einem positiven PCR-Testergebnis weitere Nachweise herangezogen werden:
Als Nachweis für die Erstellung eines COVID-19-Impfzertifikats für Genesene können folgende Dokumente genutzt werden:
- PCR-Befund eines Labors
- PCR-Befund einer Ärztin/eines Arztes
- PCR-Befund einer Teststelle bzw. eines Testzentrums
- ärztliches Attest (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthält)
- die Absonderungsbescheinigung (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthält)
- weitere Bescheinigungen von Behörden (sofern diese Angaben zu Testart (PCR) und Testdatum enthalten)
- digitales COVID-19-Genesenenzertifikat gemäß § 22 Abs. 6 IfSG
- positiver, SARS-CoV-2-spezifischer Antikörpertestbefund eines nach der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiLiBÄK) arbeitenden oder nach DIN EN ISO 15189 akkreditierten Labors
- ggf. Eintragung des Ergebnisses einer SARS-CoV-2-spezifischen Antikörperbestimmung im Impfpass, die ärztlich unterzeichnet wurde
Quelle: Handlungshilfe zur nachträglichen Erstellung der COVID-19-Zertifikate durch Apotheker*innen (Stand: 17. Dezember 2021)
Was die Antikörperbestimmung betrifft, sollte das pharmazeutische Personal genau hinschauen: Entscheidend ist, dass der Nachweis VOR der ersten Impfung datiert. Denn andernfalls können die nachgewiesenen Antikörper natürlich auch schlichtweg von der Impfung stammen. Wie alt der Test ist, ist also egal. Hauptsache das Testdatum liegt vor dem Verabreichen der ersten Impfdosis gegen COVID-19. Für das Erstellen eines echten Genesenenzertifikats sind Antikörpernachweise in keinem Fall zulässig.
Nicht anerkannt werden der Handlungshilfe zufolge Antigen-Schnelltestnachweise, Absonderungsbescheinigungen, die keine Angaben zu Testart und Testdatum enthalten, Antikörpertestnachweise, die nicht aus einem nach der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiLiBÄK) arbeitenden oder nach DIN EN ISO 15189 akkreditierten Labor stammt sowie Krankheitsatteste.
Handlungshilfe wird überarbeitet
Mit diesen Vorgaben ließen sich Kundenanfragen zunächst gut bewältigen. Inzwischen ist die Situation eine andere: Die Mitarbeitenden in den Apotheken sind mit immer mehr Konstellationen aus Impfung(en) und Genesung(en) konfrontiert, bei denen sich nicht ohne Weiteres sagen lässt, welche Bescheinigungen nun korrekterweise auszustellen sind. Die ABDA-Handlungshilfe wird derzeit überarbeitet – möglicherweise gibt es also schon bald neue Hinweise, wie mit den verschiedenen Konstellationen umzugehen ist.
Wie bereits erwähnt, lässt sich jedenfalls vonseiten der Apotheke nicht beeinflussen, wie die Zertifikate in den gängigen Apps angezeigt werden. Auch wenn Kunden sich beschweren: Statt eines Genesenenzertifikats zum Beispiel ein Genesenen-Impfzertifikat auszustellen, damit der Status in der App vermeintlich richtig wird, ist verboten. Darauf hatte DAV-Chef Thomas Dittrich bereits Mitte Januar hingewiesen, noch bevor die Gültigkeitsdauer der Genesenenzertifikate verkürzt wurde. „Die Grundregel ist: Nur wer tatsächlich geimpft wurde, bekommt ein Impfzertifikat ausgestellt – wenn jemand genesen ist, bekommt er hingegen ein Genesenenzertifikat“, sagte er.