BfR sieht Risiken einer erhöhten Bioverfügbarkeit

Curcumin-Nahrungsergänzungsmittel besser ohne Piperin?

07.02.2022, 09:15 Uhr

Aufgrund einer postulierten Cholesterol-senkenden, antioxidativen, antiinflammatorischen, antikanzerogenen und neuroprotektiven Wirkung erfreuen sich Curcumin-haltige Nahrungsergänzungsmittel großer Beliebtheit. (Foto: ThamKC / AdobeStock)

Aufgrund einer postulierten Cholesterol-senkenden, antioxidativen, antiinflammatorischen, antikanzerogenen und neuroprotektiven Wirkung erfreuen sich Curcumin-haltige Nahrungsergänzungsmittel großer Beliebtheit. (Foto: ThamKC / AdobeStock)


Curcumin ist schlecht bioverfügbar. Häufig wird curcumin-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln deshalb Piperin aus Pfeffer zugesetzt, das den enzymatischen Abbau hemmen soll. Allerdings steht die Frage im Raum, ob so die akzeptable tägliche Aufnahmemenge von 3 mg/kg Körpergewicht überschritten wird – was sich negativ auf die Leber auswirken könnte. Die DAZ hat den Fall mit Prof. Dr. Jan Frank diskutiert. Er leitet das Fachgebiet für Biofunktionalität der Lebensmittel an der Universität Hohenheim in Stuttgart und schätzt die Situation anders ein als das BfR.

Curcumin ist der Hauptbestandteil der Curcuminoide, der wichtigsten Inhaltstoffgruppe im Curcumawurzelstock, der aus Curcuma longa (Gelbwurz) oder Curcuma xanthorrhiza (Javanische Gelbwurz) aus der Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae) gewonnen wird. Das gemahlene Curcuma-Rhizom wird, ebenso wie aus diesem gewonnene Extrakte, als Gewürz bei der Lebensmittelzubereitung verwendet. Ein weiterer Bestandteil von Lebensmitteln ist der intensiv gelbe Lebensmittelfarbstoff E100, ein gereinigter Extrakt aus dem Wurzelstock von Curcuma longa mit einem Curcuminoid-Gehalt von mindestens 90 Prozent, der als Curcumin bezeichnet wird.

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Die Inhaltsstoffe von Curcuma wirken anregend auf die Magensaftsekretion und die Ausschüttung von Gallensaft und fördern so den Appetit und die Verdauung. Gemäß den Monografien des HPMC (Herbal Medicinal Product Committee) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) werden die Wurzelstockdrogen traditionell bei unspezifischen Verdauungsstörungen wie Völlegefühl, verlangsamter Verdauung und Blähungen und zur Förderung des Gallenflusses eingesetzt [2, 3]. Curcumin hat antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften und beeinflusst Ionenkanäle. In Laboruntersuchungen ist eine Wirkung auf entzündungsfördernde Zytokine und Proteine nachweisbar. Gemäß eines Cochrane Reviews wurde in kleineren Studien festgestellt, dass Curcumin in hohen Dosen die schubfreien Intervalle bei Colitis ulcerosa in Kombination mit der Standardtherapie (Mesalamin oder Sulfasalazin) verlängern kann [4]. Allerdings gibt es keine randomisierten Studien mit größeren Patientenzahlen zum endgültigen Wirksamkeitsnachweis. Das Gleiche gilt für die Reduktion von Schmerzen und Bewegungseinschränkung bei Arthrose.

Welche Menge ist unbedenklich?

Bisher gibt es vor allem Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die Curcumin enthalten. Dieses ist schlecht wasserlöslich und besitzt nur eine geringe Bioverfügbarkeit, denn die Resorption ist schlecht, und die Substanz wird schnell durch Enzymabbau metabolisiert. Zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit wird Curcumin mit Piperin, dem scharf schmeckenden Alkaloid des schwarzen Pfeffers, kombiniert, das den enzymatischen Abbau von Curcumin hemmen soll. Eine weitere Möglichkeit ist die Anwendung in Form von Nanopartikeln mit mikronisiertem Curcumin. Die beste Bioverfügbarkeit wird nach aktuellem Stand durch Mizellen-Technologie mit einer hydrophilen Hülle aus Polysorbat erreicht [5]. Das ist der Forschungsbereich unseres Interviewpartners Prof. Dr. Jan Frank von der Universität Hohenheim (s. DAZ 5/2022).

BfR sieht Risiken einer erhöhten Aufnahme aus Nahrungsergänzungsmitteln

Curcumin und Piperin – eine gefährliche Kombi?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI, Acceptable Daily Intake) für Curcumin von 3 mg/kg Körpergewicht (KG) und Tag als Lebensmittelzusatzstoff (E100) festgelegt. Wenn täglich über die gesamte Lebenszeit diese Menge Curcumin aufgenommen wird, besteht kein erkennbares Gesundheitsrisiko. Ein ­Erwachsener mit einem Gewicht von 70 kg kann beispielsweise täglich 210 mg Curcumin zu sich nehmen.

Folgen von zu hohem Konsum

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat diesen ADI als Grundlage für die Bewertung gesundheitlicher Risiken durch Curcumin in Nahrungsergänzungsmitteln genommen. Über alle Aufnahmequellen (Nahrungsergänzungsmittel, Gewürze, ­Lebensmittelfarbstoff) dürfen somit langfristig maximal 3 mg Curcumin pro Kilogramm Körpergewicht und Tag aufgenommen werden, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden. Wird dieser Wert über einen längeren Zeitraum überschritten, kann es vor allem bei empfindlichen Personen zu gesundheitlich unerwünschten Wirkungen kommen.

Bisher gibt es keine einheitliche Datenlage zu möglichen schädlichen Wirkungen von Curcumin. In klinischen Studien wurden bei Einnahme von hohen Dosen (mehrere Gramm pro Tag über mehrere Monate) leicht ausgeprägte unerwünschte Wirkungen, wie gastrointestinale Beschwerden, festgestellt. Mit einer Inzidenz von 5 Prozent kam es zu Veränderungen der Leberwerte (Transaminasen). Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine idiosynkratische Wirkung, eine angeborene Überempfindlichkeit, bei der kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Dosis und Ausmaß der Schädigung besteht. Die klinischen Studien können daher ein mögliches leberschädigendes Potenzial von Curcumin nicht eindeutig belegen.



Apothekerin Dr. Karin Krämer
redaktion@daz.online


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