Import und kleinere Packungsgrößen sollen helfen

Wegen Lieferengpass keine Tamoxifen-Rezepte auf Vorrat ausstellen!

Stuttgart - 14.02.2022, 10:45 Uhr

Seit Januar 2022 besteht bei Tamoxifen nahezu vollumfänglich ein Lieferengpass. Tamoxifen ist ein selektiver Östrogenrezeptor-Modulator und Bestandteil der Therapie des Mammakarzinoms. (s / Foto: Gorodenkoff / AdobeStock)

Seit Januar 2022 besteht bei Tamoxifen nahezu vollumfänglich ein Lieferengpass. Tamoxifen ist ein selektiver Östrogenrezeptor-Modulator und Bestandteil der Therapie des Mammakarzinoms. (s / Foto: Gorodenkoff / AdobeStock)


Seit vergangener Woche ist öffentlich bekannt, dass Tamoxifen in Deutschland knapp wird. Noch am vergangenen Mittwoch hatte sich der Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen mit dem Engpass befasst. Am Freitag hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein vom Beirat beschlossenes Maßnahmenpaket veröffentlicht. Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) informiert darüber.

„Seit Januar 2022 besteht bei Produkten mehrerer Hersteller/Vertreiber von Tamoxifen nahezu vollumfänglich ein Lieferengpass“, erklärte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) am vergangenen Mittwoch auf ihrer Website. Am selben Tag beriet noch der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) über das Problem und beschloss Maßnahmen, die verhindern sollen, dass es zu einer tatsächlichen Versorgungslücke kommt. 

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Diese Versorgungslücke sei „ohne Kompensationsmaßnahmen spätestens Ende Februar zu erwarten“, heißt es in einer am Freitag vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichten Mitteilung über das beschlossene Maßnahmenpaket. Beschlossen wurde:

  • „Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wird kurzfristig einen Versorgungsmangel nach § 79 Absatz 5 AMG bekanntmachen. Damit erhalten die zuständigen Behörden der Länder die Möglichkeit, Ausnahmen von den Regelungen des AMG zu gestatten, beispielsweise den Import tamoxifenhaltiger Arzneimittel.
  • Die pharmazeutischen Unternehmer ermitteln, ob und welche Arzneimittelkontingente für den deutschen Markt kurzfristig verfügbar gemacht werden können, ohne dabei einen Versorgungsmangel in anderen Staaten zu erzeugen.
  • Ärztinnen und Ärzte sollen in den kommenden Monaten keine Rezepte für eine individuelle Bevorratung ausstellen. Vielmehr sollen Patientinnen und Patienten erst dann ein Folgerezept erhalten, wenn eine weitere Verordnung erforderlich ist. Damit sollen regionale oder individuelle Bevorratungen unterbunden werden, um allen Patientinnen und Patienten eine unterbrechungsfreie Therapie zu ermöglichen.
  • Je nach Verfügbarkeit können Ärzte auch kleinere Packungsgrößen, z. B. mit 30 Tabletten oder Arzneimittel mit einer geringeren Stärke (z. B. Einnahme von 2 Tabletten à 10 mg) verordnen. Der GKV-Spitzenverband wird die Krankenkassen informieren und empfehlen, dass in dem Zeitraum des Lieferengpasses diese Arzneimittel von den Krankenkassen den Apotheken erstattet und diese ärztlichen Verschreibungen nicht in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen einbezogen werden sollen.“

So soll also nicht nur die Versorgung sichergestellt werden, sondern auch „Sicherheit in Bezug auf die Erstattung geschaffen werden“, heißt es. Daneben sollen die pharmazeutischen Unternehmer „prüfen, wann nach einer vorgezogenen Produktion die Versorgung in Deutschland wieder bedarfsgerecht erfolgen kann“. Demnach könnten bereits Ende April 2022 nachproduzierte Arzneimittel zur Verfügung stehen. Das BfArM unterstützte die pharmazeutischen Unternehmer durch eine prioritäre Bearbeitung von Änderungsanzeigen, wenn zum Beispiel für die Produktion ein Herstellerwechsel genehmigt werden müsste, heißt es. Denn wie Pro Generika vergangene Woche mitteilte, sollen einige Zulieferer die Tamoxifen-Produktion eingestellt haben, weil es für sie nicht mehr wirtschaftlich war.

Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) informiert aktuell über die Maßnahmen. Sie weist außerdem darauf hin, dass der selektive Östrogenrezeptor-Modulator Tamoxifen ein unverzichtbarer Bestandteil der Therapie von Patientinnen und Patienten mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom ist, „sowohl in der kurativen als auch in der palliativen Behandlungssituation; die Standarddosierung beträgt 1 x täglich 20 mg p.o.“.

Eine bereits vergangenen Mittwoch veröffentlichte Stellungnahme von vom Tamoxifen-Engpass betroffenen Fachgesellschaften bietet einen Überblick, in welchen Indikationen Tamoxifen in welchen Dosierungen eingesetzt wird (z. B. auch Prostatakarzinom) – und gibt Empfehlungen „zu einem möglichen, temporären Ersatz von Tamoxifen“. Diese können Sie hier (in einer Tabelle auf Seite 5) nachlesen. 


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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