Grippeimpfstoffe bei Älteren

Will das BMG den G-BA ausbooten?

Stuttgart - 23.02.2022, 07:00 Uhr

Warum legt das BMG einen neuen Verordnungsentwurf zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern vor? Eigentlich wäre nach dem 31. März 2022 der G-BA am Zug. (s / Foto: IMAGO / Emmanuele Contini)

Warum legt das BMG einen neuen Verordnungsentwurf zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern vor? Eigentlich wäre nach dem 31. März 2022 der G-BA am Zug. (s / Foto: IMAGO / Emmanuele Contini)


Warum will das Bundesgesundheitsministerium die Sonderregeln zur Grippeimpfstoffversorgung älterer Menschen verlängern? Am Zug wäre eigentlich der G-BA – der aber nicht aktiv werden kann, solange die BMG-Verordnung in Kraft ist. Die DAZ hat beim BMG und beim G-BA nachgefragt.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant, die „Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern“ zu verlängern – ursprünglich sollte diese am 31. März 2022 auslaufen. Sie regelt unter anderem, dass Ab-60-Jährige neben dem von der STIKO empfohlenen und in der Schutzimpfungs-Richtlinie als Standardimpfung festgelegten Hochdosisgrippeimpfstoff auch andere tetravalente Influenzavakzinen erhalten können. Die STIKO hatte im August 2021 empfohlen, dass bei Nichtverfügbarkeit von Efluelda® Senioren sodann einen standarddosierten Grippeimpfstoff erhalten sollen.

In der Schutzimpfungs-Richtlinie findet man das derzeit so noch nicht – Grund ist die Verordnung des BMG, denn, so erklärte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im August 2021: „Bei einem Lieferengpass des inaktiven, quadrivalenten Influenza-Hochdosisimpfstoffs werden von der STIKO als Alternative konventionelle inaktivierte, quadrivalente Influenza-Impfstoffe empfohlen. Diese Empfehlung kann durch den G-BA aktuell nicht umgesetzt werden, da hierzu derzeit keine Regelungskompetenz des G-BA besteht. Denn ausweislich der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza und Masern vom 10. März 2021 haben Versicherte ab 60 Jahren einen gleichrangigen Anspruch auf Schutzimpfung gegen Influenza mit einem inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoff. Aufgrund dieser nach § 20i Absatz 3 Satz 1 SGB V entworfenen Rechtsverordnung kann der G-BA gemäß § 20i Absatz 3 Satz 16 erst für die Zeit nach dem Außerkrafttreten der Rechtsverordnung, also für die Zeit nach dem 31. März 2022, die alternative Empfehlung der STIKO umsetzen.“

Der G-BA wäre am Zug

Somit wartet der G-BA auf das Ende der Verordnung, um sodann die STIKO-Empfehlung in die Schutzimpfungs-Richtlinie zu überführen. Die Krux ist nur: Nun hat das BMG erneut einen Entwurf zur Verlängerung der Sonderregel zur Grippeimpfstoffversorgung bei älteren Menschen vorgelegt. Diese Verordnung soll ein weiteres Jahr, also bis zum 31. März 2023, gelten. Das erstaunt, denn geplant war dies nicht und mit Ablauf der ersten Verordnung am 31. März 2022 wäre nun der Gemeinsame Bundesausschuss am Zug. Der wäre auch bereit, wie die DAZ auf Nachfrage erfuhr: „Der G-BA wäre darauf vorbereitet, die STIKO-Empfehlung zum 1. April 2022 – also zum ursprünglich geplanten Auslaufen der Verordnung – in die Schutzimpfungs-Richtlinie zu überführen“, erklärt eine Sprecherin des G-BA. Und weiter: „Falls die Verordnung nicht verlängert wird, wird der G-BA vor Auslaufen zum nachrangigen Einsatz der nicht primär empfohlenen Impfstoffe bei Lieferengpässen beschließen“, allerdings könne man zum jetzigen Zeitpunkt den Regelungsdetails nicht vorgreifen, so der G-BA.

Warum will das BMG die Verordnung überhaupt verlängern?

Welche Motivation das BMG antreibt, die Geltungsdauer der Verordnung möglicherweise zu verlängern, ist nicht bekannt. Will man die Monopolstellung von Efluelda abschwächen und die Vielfalt bei der Versorgung von Grippeimpfstoffen wahren? Schließlich hatte der Gesetzgeber erst 2017 mit dem Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz den exklusiven Rabattverträgen bei Grippeimpfstoffen nach langem Kampf endlich das Aus bescheren können. Und warum sollte Seqirus sich noch die Mühe einer jährlich angepassten adjuvantierten Grippevakzine für ältere Menschen machen, wenn diese nur bei Nichtverfügbarkeit von Efluelda zum Einsatz kommt? Das BMG möchte sich auf Nachfrage der Redaktion dazu nicht äußern, sondern bittet um Verständnis, „dass wir Referentenentwürfe nicht kommentieren“, antwortet die BMG-Sprecherin. Und: Es bleibe das weitere Verfahren abzuwarten.

Daher existiert der Verordnungsentwurf zwar, doch ob, wann und warum er in eine rechtsgültige Verordnung mündet, ist derzeit nicht klar.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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