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Chancen und Risiken
Genussscheine – auf die Details kommt es an
Der Dienstleister Noventi hat sich eine neue Möglichkeit der Finanzierung geschaffen: Das Unternehmen, zu dem unter anderem das Apothekensoftwarehaus Awinta und das Rechenzentrum VSA gehören, gibt Genussscheine aus, mit denen sich Anleger am Unternehmen beteiligen können. Doch was das Besondere daran? Und mit welchen Risiken sind Genussscheine verbunden? DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn hat das Wesentliche zusammengefasst.
Noventi gibt Genussscheine aus – zunächst eine Tranche von bis zu 40 Millionen Euro. Doch was ist das eigentlich? Genussscheine sind eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. Sie verbriefen Schuldrechte und haben einen Nennwert wie Anleihen, aber der Emittent kann sie bei bestimmten Gestaltungen als Eigenkapital bilanzieren. Das bringt dem Emittenten zusätzliches Geld und eine bessere Bilanzstruktur, ohne dafür weitere Mitspracherechte zu gewähren und ohne finanzielle Belastung bei einem Verlust. Den Inhabern von Genussscheinen winkt dafür eine attraktive Verzinsung, wenn das Unternehmen Gewinne macht. Die wichtigste Eigenschaft von Genussscheinen ist ihre Variabilität. Das macht sie für Emittenten so spannend. Fast alles geht, fast nichts muss. Für die Inhaber bedeutet das, dass sie genau auf die Gestaltungsdetails achten müssen.
Keine Mitspracherechte
Fest steht nur, dass Genussscheine keine Mitspracherechte gewähren. Sie sind keine Aktien und keine Genossenschaftsanteile. Sie sind also beispielsweise nicht vergleichbar mit den Genossenschaftsanteilen der Noweda, bei der jedes einzelne Mitglied selbst Mitgliedschaftsrechte hat. Dagegen ist die Noventi im alleinigen Besitz des FSA, der damit als Verein über das Unternehmen bestimmt – unabhängig von den neuen Genussscheinen.
Ausschüttung abhängig vom Jahresüberschuss
Damit richtet sich das Hauptaugenmerk für die Genussscheininhaber auf die Ausschüttung. Sie ist vorrangig gegenüber der Dividende an die Anteilseigner, aber nachrangig gegenüber den anderen Gläubigern. Sie wird also nur gezahlt, wenn alle fälligen Zahlungen an andere Gläubiger geleistet sind. Auch im Insolvenzfall werden zuerst die vorrangigen Gläubiger befriedigt und danach die Genussscheininhaber neben anderen nachrangigen Gläubigern. Die jährliche Ausschüttung erfolgt nur, wenn dadurch kein Bilanzverlust entsteht. Sie beträgt dann 4 Prozent oder mehr, falls die Noventi Health SE einen besonders hohen Jahresüberschuss erzielt. Bei einem Jahresüberschuss ab 15 Millionen Euro werden 5 Prozent ausgeschüttet, ab 20 Millionen Euro sogar 6 Prozent. Der Jahresüberschuss im Jahr 2020 betrug 3,8 Millionen Euro und war damit weit von diesen Schwellenwerten entfernt. Ausschüttungen, die wegen eines Bilanzverlustes ausfallen, werden nicht nachgeholt. Die Laufzeit der Genussscheine endet am Jahresende 2032. Sie sollen am 31. Juli 2033 zurückgezahlt werden.
Vorsicht Verlustrisiko
In der heutigen Niedrigzinswelt wirken die vorgesehenen Ausschüttungen attraktiv, aber ihnen stehen Risiken gegenüber. Denn der Rückzahlungsbetrag sinkt, falls die Noventi Health SE einen Bilanzverlust ausweist. Der Bilanzverlust wird dabei auf das Genussscheinkapital und andere nachrangige Verbindlichkeiten mit entsprechender Verlustbeteiligung verteilt. Wie stark die Genussscheine am Verlust beteiligt werden, hängt also davon ab, welche weiteren nachrangigen Verbindlichkeiten bestehen oder noch entstehen. Hier erscheint bemerkenswert, dass ein etwaiger Bilanzverlust die Genussscheine, aber nicht das sonstige Eigenkapital trifft. Falls es also zu einem Verlust kommen sollte, wäre das für die Genussscheininhaber ein beträchtliches Risiko. Allerdings besteht bis drei Jahre nach der Rückzahlung ein Anspruch auf Nachzahlung eines solchen Verlustes aus den dann erzielten Bilanzgewinnen.
Die Gestaltung dieser Genussscheine orientiert sich damit sehr am Eigenkapital. Eine Ausschüttung, die nur bei einem Gewinn gezahlt werden muss, ist insbesondere vorteilhaft für stark wachsende Unternehmen, deren Gewinne eher schwierig einzuschätzen sind.
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