EMA empfiehlt neuartiges Schlafmittel Quviviq

Endlich einschlafen mit Daridorexant?

Stuttgart - 01.03.2022, 09:15 Uhr

Daridorexant in Quviviq soll Ein- und Durchschlafen erleichtern. In Kürze dürfte es in der EU verfügbar sein. (Foto: Anton / AdobeStock)

Daridorexant in Quviviq soll Ein- und Durchschlafen erleichtern. In Kürze dürfte es in der EU verfügbar sein. (Foto: Anton / AdobeStock)


Mit Daridorexant sollen schlaflose Menschen leichter ein- und durchschlafen – könnte der Orexin-Antagonist zu einer Alternative für Benzodiazepine und Z-Substanzen werden? Die EMA empfiehlt die Zulassung von Quviviq. Wie sieht es mit Abhängigkeit und Nebenwirkungen aus?

Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat am 24. Februar 2022 ein positives Votum für ein neues Schlafmittel abgegeben: Daridorexant in Quviviq von Idorsia. Mit ihrem Zuspruch für Daridorexant befindet sich die EMA in guter Gesellschaft, hat die US-amerikanische FDA Daridorexant erst am 7. Januar 2022 die Zulassung zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Schlaflosigkeit beim Einschlafen und/ oder Schwierigkeiten beim Durchschlafen erteilt. Die vollständige Indikation der EMA beinhaltet zusätzlich noch die Dauer der bestehenden Beschwerden: „Quviviq ist für die Behandlung erwachsener Patienten mit Schlaflosigkeit indiziert, die durch Symptome gekennzeichnet ist, die seit mindestens drei Monaten bestehen und erhebliche Auswirkungen auf das Tagesgeschehen haben“.

30 Minuten vor dem Schlafengehen

Daridorexant wird es als Tabletten in zwei Stärken geben, 25 mg und 50 mg, die die schlaflosen Patienten laut amerikanischer Packungsbeilage etwa 30 Minuten vor dem Zubettgehen einnehmen sollen. Dabei sollten sie mindestens sieben Stunden bis zum geplanten Aufwachen einplanen. Die Gebrauchsinformation weist zudem darauf hin, dass sich der Beginn der Wirksamkeit verzögern kann, wenn die Patienten Daridorexant mit oder kurz nach einer Mahlzeit einnehmen.

Erstes „-orexant“ für die EU, drittes für die USA

Ab Mai dieses Jahres soll Quvivq in den Vereinigten Staaten auf den Markt kommen, für die Markteinführung in der EU fehlen derzeit Daten. Hier muss zunächst auch noch die Europäische Kommission die Zulassung erteilen. Aus der gleichen Wirkstoffgruppe (Orexin-Antagonisten, s. u.) sind in den Vereinigten Staaten zur Behandlung von Schlafstörungen bereits zwei Substanzen zugelassen: seit 2014 Suvorexant (Belsomra®), seit 2019 zusätzlich Lemborexant (Dayvigo®). In der EU hingegen gibt es beide Substanzen nicht.

Daridorexant: ein dualer Orexin-Rezeptorblocker

Zur Behandlung der Schlaflosigkeit greift Daridorexant an einem völlig anderen System an, als es bereits etablierte und als Schlafmittel zugelassene Wirkstoffe – Benzodiazepine (zum Beispiel Oxazepam), Z-Substanzen (zum Beispiel Zopiclon) oder Antihistaminika (zum Beispiel Doxylamin) – tun: Daridorexant blockiert das Orexin-System, indem es als dualer Antagonist an Orexin-Rezeptoren die Bindung der wachmachenden Orexine verhindert. Idorsia zufolge soll Daridorexant dadurch „nicht allgemein sedieren“, sondern lediglich die „übermäßige Wachsamkeit verringern“.

Orexin und das Schlafverhalten

Die Neuropeptide Orexin A und Orexin B spielen eine wichtige Rolle sowohl beim Essverhalten wie auch beim Schlafrhythmus: Sie wirken stoffwechselfördernd, erhöhen Körpertemperatur und Wachheit und fördern die Gewichtsabnahme. Bezogen auf das Essverhalten wirkt Orexin zudem appetitsteigernd. Den Effekten von Orexin entgegen wirkt Leptin, ein Hormon aus den Fettzellen. Leptin vermittelt Sättigung und hemmt die Ausschüttung von Orexin aus dem Hypothalamus. 
Beim Schlaf-Wach-Rhythmus fördern Orexine Aufmerksamkeit und Wachheit. Die Effekte der Neuropeptide auf das Schlaf-Wach-Verhalten zeigen sich unter anderem beim Krankheitsbild der Narkolepsie: So zeigen Untersuchungen, dass bei Patienten mit Narkolepsie Orexin-Neurone im Hypothalamus zugrunde gehen, in anderen Studien (an Hunden) konnte gezeigt werden, dass Mutationen am Orexin-Rezeptor mit Narkolepsie in Verbindung stehen. Ob durch Verlust von Orexin-Neuronen oder Mutationen beim Orexin-Rezeptor: Beide Zustände bedingen eine geringere Aktivität der Orexine und führen zu erhöhter Müdigkeit und erhöhtem Körpergewicht – bekannten Symptomen von Narkolepsie.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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