Versorgungsmangel

Muss man Tamoxifen-Importe genehmigen lassen?

Stuttgart - 07.03.2022, 10:45 Uhr

Tamoxifen ist derzeit Mangelware. (c / Foto: picture alliance/dpa | Hannibal Hanschke)

Tamoxifen ist derzeit Mangelware. (c / Foto: picture alliance/dpa | Hannibal Hanschke)


Indem das Bundesgesundheitsministerium für Tamoxifen den Versorgungsmangel nach § 79 Abs. 5 Arzneimittelgesetz erklärt hat, hat es den Weg geebnet, Arzneimittel mit dem antineoplastischen Arzneimittel, das bei Brustkrebs eingesetzt wird, zu importieren. Normalerweise ist das für Präparate, die hierzulande zugelassen sind, nicht möglich. Doch wie sieht das eigentlich mit der Genehmigungspflicht aus? Ist die ausgesetzt?

Mitte Februar hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) offiziell den Versorgungsmangel nach § 79 Abs. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) für Tamoxifen erklärt. Somit ist es nun möglich, Tamoxifen aus dem Ausland zu importieren. Normalerweise ist der Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln nur im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen erlaubt, die §73 Abs. 3 AMG vorgibt. Eine davon ist, dass kein vergleichbares Präparat zugelassen ist, was ja bei Tamoxifen nicht der Fall ist.

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Nun ist der Import aber möglich. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben Landesbehörden mittlerweile Importe für mehr als 5 Millionen Tabletten tamoxifenhaltiger Arzneimittel veranlasst, die auch in Deutschland angekommen sind und bis 15. März in den Verkehr gebracht werden sollen. Bis dahin sollen sie auch in der Lauer-Taxe gelistet sein. Doch wie gehen Apotheken mit diesen Importen um? Sollen die Kassen die Kosten für importierte Arzneimittel übernehmen, bedarf dies üblicherweise einer Genehmigung vorab. Allerdings zielt diese Regelung vor allem auf den sogenannten Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG ab. Und darin liegt tatsächlich auch der Unterschied. Wie ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes auf Nachfrage der DAZ erklärt, müsse grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Arten von Importen unterschieden werden: der vom BMG beschafften Importware mit PZN und den Einzelimporten durch die Apotheken. „Für Erstere gibt es keine Genehmigung. Für Einzelimporte durch die Apotheken gelten die Regelungen der regionalen Lieferverträge. Auf Grundlage dieser Lieferverträge müssen die Krankenkassen die betreffenden Fälle individuell betrachten“, so der Sprecher.

Mit PZN = ohne Genehmigung

Das heißt also, alles was eine PZN hat, kann wie üblich abgegeben werden. Wenn Rabattverträge bestehen und der entsprechende Rabattartikel nicht lieferbar ist und auch kein anderes Präparat ohne Mehrkosten, übernehmen die Kassen laut Rahmenvertrag auch eventuelle Mehrkosten für die Importe. Beschaffungskosten dürften im Regelfall nicht anfallen, da die Ware über den pharmazeutischen Großhandel verteilt wird.

Sollten doch Einzelimporte notwendig sein, gibt es bislang keine Erleichterungen. Ob hier einheitliche Regelungen geschaffen werden oder die Genehmigungspflicht ausgesetzt wird, wie es vom GKV-Spitzenverband empfohlen wurde, ist derzeit noch unklar. „Wir stehen gegenwärtig in einem engen Austausch sowohl mit den Hauptverwaltungen unserer Kassen und dem GKV-SV“, erklärte eine Sprecherin des Verbands der Ersatzkassen (vdek) gegenüber der DAZ. Gemeinsames Ziel in dieser Sondersituation sei es, im Sinne einer möglichst reibungslosen (Weiter-)Versorgung der Versicherten eine enge Abstimmung der Ersatzkassen (und darüber hinaus auch im Kontext mit den anderen Kassenverbänden) ein möglichst gleichgelagertes Handeln zu erreichen. „Mit kurz- und längerfristigen Maßnahmen soll zum einen die Versorgung der betroffenen Versicherten sichergestellt werden als auch Sicherheit in Bezug auf die Erstattung bei unseren Vertragspartnern geschaffen werden“, so die Sprecherin weiter. 

„Wir bitten um Verständnis dafür, dass derzeit der Prozess, welche Einzelmaßnahmen z. B. verabredet werden und wie sich ein unbürokratischer Umgang konkret für die Zeit des festgestellten Versorgungsmangels gestalten wird, in vollem Gange und derzeit noch nicht abgeschlossen ist. Sie können jedoch versichert sein, dass die Ersatzkassen den weiteren Versorgungsprozess im Sinne der Betroffenen nach ihren Möglichkeiten aktiv unterstützen und partnerschaftlich interagieren werden.“


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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