Fünf Jahre Cannabis-Gesetz

Barmer: „Der große Hype um Cannabis scheint vorbei“

Berlin - 21.03.2022, 16:00 Uhr

Die Zahl der Anträge auf Versorgung mit Medizinalcannabis geht bei der Barmer zurück. (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)

Die Zahl der Anträge auf Versorgung mit Medizinalcannabis geht bei der Barmer zurück. (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)


Im März vor fünf Jahren wurde die Versorgung mit Medizinalcannabis auf Kassenkosten ermöglicht. Die Einschätzungen zu seinem Einsatz gehen auseinander: Die einen sehen ihn durch die genehmigungsunwilligen Kassen ausgebremst, andere glauben, dass das Potenzial überschätzt wird. Die Barmer hat nun eine Analyse vorgelegt, der zufolge die Zahl der Anträge mittlerweile abnimmt.

Die Barmer hat einer aktuellen Datenauswertung zufolge seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes am 10. März 2017 bis Ende des vergangenen Jahres 23.123 Anträge auf Versorgung mit cannabishaltigen Arzneimittel erhalten. Davon seien 15.897 Anträge (68,7 Prozent) bewilligt und 7.226 abgelehnt worden. Die Fallzahlen waren in den vergangenen beiden Jahren rückläufig. So gab es im Jahr 2019 noch 5.824 Anträge und in den Folgejahren 4.881 und 4.272. Eingesetzt wird Medizinalacannabis vor allem bei Schmerzen und bei Spastiken, etwa bei Multipler Sklerose, sowie bei Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit Krebsbehandlungen.

Barmer

„Der große Hype um Cannabis scheint vorbei“, sagt Barmer-Vorstandschef Christoph Straub anlässlich des „Cannabis-Jubiläums“. Er führt den Rückgang der Anträge unter anderem auf einen gezielteren Einsatz zurück. Auch er ist überzeugt, dass Cannabis in einem therapeutischen Gesamtkonzept bei Schwerkranken sinnvoller Teil der Behandlung sein könne. „Aber es ist eben kein Allheilmittel und als Schmerzmittel allein unzureichend.“ In Zukunft seien weitere Studien erforderlich, um die komplexen Wirkmechanismen von Cannabis noch besser zu verstehen und diese in individuelle Behandlungskonzepte zu integrieren.

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Neben einem gezielten Einsatz hat laut Straub offenbar auch die Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Verordnungszahlen cannabishaltiger Präparate gehabt – schließlich gingen die Menschen in dieser Zeit seltener zum Arzt. Zwischen Mai 2018 und März 2020 habe es monatlich immer zwischen 400 und etwa 540 Anträgen gegeben. Seit April 2020 habe sich die Zahl bei rund 300 bis 400 Anträgen eingependelt.

Besonders viele Anträge wurden der Analyse zufolge im Saarland, in Bayern und Berlin gestellt – hier waren es 410 beziehungsweise 394 und 355 je 100.000 Barmer-Versicherten. Am geringsten war die Nachfrage in Sachsen mit 198 je 100.000 Versicherte. Rein zahlenmäßig wurden die meisten Anträge auf Kostenübernahme cannabishaltiger Präparate in Bayern gestellt (4.682), gefolgt von Nordrhein-Westfalen (4.587) und Baden-Württemberg (2.076).

Die Barmer erklärt den hohen Wert in Bayern auch mit dem Umstand, dass seit Mitte der 90er-Jahre an der Universität München dazu geforscht wurde. Ärztinnen und Ärzte hätten sich in der Zwischenzeit gezielt fortgebildet und vielfach Cannabis in die Behandlung von Menschen mit unterschiedlichen Erkrankungen integriert. Das könnte zudem zu besser begründeten Genehmigungsanträgen als in anderen Regionen führen – und damit zu höheren Bewilligungsquoten.

Insgesamt gab es laut der Analyse zwischen März 2017 und November 2021 fast 174.000 Verordnungen cannabishaltiger Präparate im Wert von etwa 87 Millionen Euro. Darunter waren etwa 34.000 Verordnungen unverarbeiteter Cannabisblüten. 


Deutsche Apotheker Zeitung
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3 Kommentare

Hype? Vorbei?

von Claudia Ak am 28.03.2022 um 11:34 Uhr

Von einem Hype zu sprechen bei einem Thema wie beispielsweise chronische Schmerzen bzw überhaupt bei schwer kranken Menschen, finde ich völlig verfehlt. Medizinische Cannabis ist ein wirksames Medikament für sehr viele Menschen und könnte es noch für viel mehr Menschen sein, wenn die Krankenkassen nicht die Hälfte aller Anträge einfach ablehnen würden. Mit völlig an den Haaren herbeigezogenem Geschwurbel ablehnen würden. Ein sehr zynischer Artikel für alle kranken Menschen, die gerne Cannabis als Medikament hätten. und es auch bräuchten, und denen ist immer noch aus ideologischen Gründen verweigert wird.

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"Hype" vorbei?

von Jay am 28.03.2022 um 7:02 Uhr

Es ist ja schon witzig wenn KK davon sprechen das der "Hype" vorbei sei und die Anzahl der Anträge rückläufig ist. Vergessen aber ganz zu erwähnen das sie alles mögliche tun damit das so ist. So werden Ärzte aktiv durch Briefe eingeschüchtert kein cannabis zu verschreiben, zudem haben viele Menschen einfach resigniert da die Kassen es mit aller Macht versuchen das Anträge bewilligt werden. Allein die Tatsache das der MDK so oft anders entscheidet als Ärzte, welche die Patienten über Jahre /Jahrzehnte hinweg begleitet haben. Aber dann wird aufgrund Aktenlage eine für den Patienten sehr wichtige Entscheidung getroffen, obwohl der Arzt oder auch oft mehrere Fachärzte komplett anderer Meinung sind. Ich kenne etliche Patienten mit Krebs etc bei denen die KK die Kostenübernahme mehrfach abgelehnt hat. Die versorgen sich dann irgendwann eben wieder mit dem dreckigen cannabis vom Schwarzmarkt. Die bürokratischen Hürden und die Einstellungen der KK zu cannabis als Medizin sind da eher der Hauptgrund weswegen die Anzahl der Anträge rückläufig ist. Denn nicht jeder Patient hat die Kraft die Prozedur komplett durchzustehen und gegebenenfalls bis vor's Gericht zu gehen, geschweige denn die Kosten für den Anwalt der cetera zu tragen

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: "Hype" vorbei

von Jay am 28.03.2022 um 7:05 Uhr

Kleiner Fehler im Text:
Natürlich nicht "...das Anträge bewilligt werden "
Sondern "...das Anträge nicht bewilligt werden "

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