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Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung
Tamoxifen: Mindestens 100.000 Patient:innen betroffen
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) hat sich heute via Pressemitteilung zum Tamoxifen-Engpass geäußert: Nach Berechnungen des Zi sind mindestens 100.000 Patient:innen betroffen und in der ambulanten Versorgung sollen erste Effekte des Engpasses bereits im Januar beobachtbar gewesen sein. Außerdem wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Verordnung kleinerer Packungen für die Patient:innen mehr Zuzahlungen bedeuten.
Um eine bestmögliche und lückenlose Versorgung von Tamoxifen-Patient:innen zu gewährleisten, sind am 9. Februar 2022 vom Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verschiedene Maßnahmen zur Abmilderung der Lieferengpässe beschlossen worden.
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Schon zu Beginn, als der drohende Versorgungsengpass bekannt wurde, hatte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) in einer Stellungnahme von geschätzten 120.000 bis 130.000 betroffenen Patient:innen geschrieben. Damals hieß es, dass „die derzeitigen Krebsregisterstrukturen keinen raschen Überblick über die Anzahl der von einem Engpass betroffenen Patient:innen“ ermöglichten. Man stützte sich mit der Schätzung deshalb auf eine kurzfristige Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK vom 2. Februar 2022, wobei die „Verordnungen der zusammen betrachteten Gruppe der Antiestrogene und Aromatase-Inhibitoren (ATC L02BA und L02BG) betrachtet“ wurden.
Jetzt hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) selbst nachgerechnet. Demnach sind „mindestens 100.000 Patient:innen vom derzeitigen Lieferengpass bei tamoxifenhaltigen Arzneimitteln zur Brustkrebstherapie betroffen“. Ausgewertet hatte das Zi zuvor die Arzneiverordnungsdaten für alle gesetzlich Versicherten im Jahr 2021 und aus dem Januar 2022.
Seit Januar vermehrt 10-mg-Tamoxifen verordnet
Daraus ergibt sich auch, dass erste Effekte des Engpasses bereits im Januar 2022 in der ambulanten Versorgung sichtbar waren: „Während der Anteil der verordneten Großpackungen (N3) sowohl im Verhältnis zum Vormonat als auch dem Vorjahresmonat noch relativ konstant bei mindestens 97 Prozent lag, stieg der Anteil der Verordnungen von Präparaten mit einer Wirkstärke von 10 mg merklich von durchschnittlich 3 Prozent im zweiten Halbjahr 2021 auf 9 Prozent im Januar 2022.“
Patient:innen finanziell stärker belastet
Damit ist logischerweise auch die Zahl der verordneten Packungen je Verordnung gestiegen. In diesem Zusammenhang betont das Zi, dass durch solch eine Ausweichbewegung zwar die Behandlung gesichert werden könne, Patientinnen und Patienten durch die je Packung fällige Zuzahlung finanziell aber stärker belastet würden.
Außerdem: Einzelberichten zufolge gebe es zurzeit streng kontingentierte Belieferungen der Apotheken durch den Großhandel und somit auch Wartezeiten bis zur Versorgung, so der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
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Erst am vergangenen Freitag hatte das BfArM über die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) erneut dazu aufgerufen, wirklich nur einzelne kleine Packungsgrößen abzugeben, weil sonst nicht alle Patienti:nnen versorgt werden könnten.
Pro Generika: 8,80 Euro für den Hersteller
Auch Pro Generika hat sich jetzt erneut zum Tamoxifen-Engpass geäußert, indem es 8,80 Euro zur Zahl des Monats März gekürt hat. Denn die Summe, die Arzneimittelhersteller von den Krankenkassen für eine 100er-Packung Tamoxifen erhalten, betrage „gerademal 8,80 Euro“. Weil sich zu diesem Preis offenbar nicht mehr kostendeckend produzieren lässt, haben sich in den letzten Jahren Hersteller vermehrt aus dem Markt zurückgezogen: „Gab es Ende 2006 noch 19 Hersteller von Tamoxifen-Arzneimitteln in Deutschland, sind es heute nur noch vier Hersteller, die den Großteil des Marktes versorgen und dabei zum Teil auf identische Zulieferer zurückgreifen“, erklärt Pro Generika.
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Auch Dr. Michael Horn, Abteilungsleiter im BfArM und Vorsitzender des BfArM-Beirats zur Bewertung der Versorgungslage mit Arzneimitteln, erklärte vergangene Woche auf der Handelsblatt-Jahrestagung Pharma 2022, dass von ursprünglich acht Unternehmen in 2021 aktuell nur noch drei im Markt seien.
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