Mikrobiom ändert sich nachts

Mundgeruch nach dem Aufwachen – wie kommt es dazu?

Stuttgart - 08.04.2022, 07:00 Uhr

Je nach Lokalisation im Mund unterscheidet sich die bakterielle Besiedlung. Auch ändert sich das orale Mikrobiom über Nacht und könnte so zum Mundgeruch am Morgen beitragen. (Foto: Roman / AdobeStock)

Je nach Lokalisation im Mund unterscheidet sich die bakterielle Besiedlung. Auch ändert sich das orale Mikrobiom über Nacht und könnte so zum Mundgeruch am Morgen beitragen. (Foto: Roman / AdobeStock)


Warum ist vor allem morgens nach dem Aufwachen der Geschmack im Mund so unangenehm? Welche Rolle spielt das orale Mikrobiom bei Mundgeruch und ändert sich die mikrobielle Besiedlung im Mund über Nacht?

Es sitzt im Magen-Darm-Trakt, auf der Haut, im Mund, in Scheide (Vagina) und Atemwegen: das Mikrobiom. Allein in der Mundhöhle finden sich mehr als 700 Bakterienarten – sie lagern auf der Zahnoberfläche, der Zunge, dem weichen und harten Gaumen, dem Zahnfleisch und der Schleimhaut der Wange. Dieser orale Biofilm variiert von Mensch zu Mensch und bestimmt auch mit, ob Karies oder Parodontitis entsteht. So hängt Karies mit niedrigen (sauren) pH-Werten auf der Zahnoberfläche zusammen. Dieser bildet sich, wenn Bakterien Säure aus Nahrungskohlenhydraten (Zucker) produzieren. Auch konnte bereits gezeigt werden, dass bestimmte Bakterien (Porphyromonas gingivalis, Treponema denticola und Tannerella forsythia) bei Parodontitis eine Rolle spielen, ebenso, dass ein Ungleichgewicht in der mikrobiellen Gemeinschaft (Dysbiose) Infektionen im Mundraum begünstigen.

Zungenbelag und Mundgeruch

Daneben lässt sich ein weiterer unangenehmer Umstand mit oralen Biofilmen im Mundraum in Verbindung bringen, genauer mit dem Zungenbelag, dessen Bakterien unter anderem flüchtige Schwefelverbindungen (Methanthiol, Schwefelwasserstoff und Dimethylsulfid) bilden: Mundgeruch (Halitosis). Besonders am Morgen nach dem Aufwachen dürften die meisten Menschen ein großes Bedürfnis nach Zahnbürste und Zahnpasta verspüren – warum ist das so, beeinflusst Schlaf unser orales Mikrobiom? Und wenn ja: wie?  Dieser Frage gingen Wissenschaftler in Japan nach, sie veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal „PLOS ONE“ („Impact of sleep on the microbiome of oral biofilms“, Dezember 2021).

Weniger Speichelproduktion während des Schlafes

Aus früheren Studien ist bereits bekannt, dass – verglichen mit den Wachzeiten – der Körper während des Schlafes weniger Speichel produziert, dieser weniger Glukose und Protein enthält und der pH-Wert im Mund nachts in saure Bereiche sinkt (von 7,7 auf 6,6). Ebenso steigt die intraorale Temperatur (33,9 °C auf 35,9 °C), die Bakterienanzahl im Speichel in der Schlafphase nimmt rasch zu und ist am höchsten beim Aufwachen. Nicht ohne Grund gilt die Empfehlung, sich vor dem Zubettgehen die Zähne gründlich zu putzen, um die Bakterienanzahl im Speichel zu verringern. Doch ändert sich nachts vielleicht nicht nur die Bakterienanzahl, sondern auch, wie sich das Mikrobiom im Mund zusammensetzt? Welche Bakterien finden sich vor dem Schlaf und danach?

Dafür untersuchten die japanischen Wissenschaftler bei zehn gesunden Studienteilnehmern (sechs Männer, vier Frauen; Alter 27 bis 32 Jahre; keine klinischen Anzeichen von Gingivitis [entzündliche Erkrankung des Zahnfleisches], Parodontitis oder Karies; keine Antibiotika-Einnahme in den letzten drei Monaten vor Studienbeginn) den oralen Biofilm an Wangenschleimhaut, hartem Gaumen, Zungenrücken, Zahnfleischschleimhaut, Zahnoberfläche und Speichel jeweils vor und nach dem Schlafen. Alle Teilnehmer hatten sieben Tage und 24 Stunden vor Studienbeginn Zähne und Mundraum professionell reinigen lassen. Eine Selbstreinigung der Zähne und des Mundraumes war den Studienteilnehmern während der Studie untersagt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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