Hinweis: Apotheken haben keine gesetzliche Prüfpflicht, ob die Krankenkasse des Versicherten eine Kostenübernahme genehmigt hat. Für sie ist die ärztliche Verordnung maßgeblich. Dennoch wird vielfach eine Prüfung empfohlen.
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Hessisches Landessozialgericht
Kein Cannabis auf Kassenkosten gegen „Saufdruck“
Medizinalcannabis auf Kassenkosten – das wünschen sich offenbar viele Versicherte. Doch nicht jede Erkrankung erfüllt die sozialrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen. Das Hessische Landessozialgericht hat nun entschieden, dass eine Krankenkasse nicht für Cannabis zur Behandlung eines Mannes mit Alkoholsucht zahlen muss – dafür gebe es andere Standardtherapien.
Seit gut fünf Jahren haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Behandlung mit Medizinalcannabis auf Kassenkosten. Es kann in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität oder als Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon verordnet werden. Bei der ersten Verordnung muss die Kasse zuvor ihre Genehmigung erteilen – versagen kann sie diese laut Gesetz nur „in begründeten Ausnahmefällen“.
Diese Ausnahmefälle sehen die Krankenkassen allerdings nicht ganz selten gegeben – das lassen jedenfalls die recht zahlreichen Gerichtsentscheidungen rund um die Versorgung mit Medizinalcannabis vermuten. Immer wieder klagen Versicherte, weil ihre Kasse die Therapie mit Blüten oder Extrakten nicht genehmigen wollte.
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Mit einem solchen Fall hat sich jetzt auch das Hessische Landessozialgericht befasst. Geklagt hat ein 70-jähriger Versicherter aus dem Landkreis Gießen. Er hatte bei seiner Kasse erfolglos die Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten beantragt. Nur damit könne er seinen Drang zum Alkoholkonsum kompensieren, argumentierte er. Die vergangenen 15 Jahre habe er mit selbst angebautem Cannabis seinen „Saufdruck“ erfolgreich kontrollieren können, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Der Eigenanbau sei ihm allerdings mittlerweile untersagt worden.
Auch die Richter – sowohl der Vorinstanz als auch beim Landessozialgericht – verneinten einen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis. Voraussetzung nach § 31 Abs. 6 SGB V ist nämlich, dass eine Standardtherapie nicht verfügbar oder individuell nicht angezeigt ist. Schon die Krankenkasse hatte den Versicherten auf die Möglichkeit einer Entwöhnungstherapie verwiesen. Und auch für das Landessozialgericht steht außer Frage: Eine Alkoholerkrankung kann nach den medizinischen Leitlinien unter anderem mit Rehabilitationsmaßnahmen, medikamentöser Rückfallprophylaxe und Psychotherapie behandelt werden. Der behandelnde Arzt habe nicht substantiiert begründet, dass diese Standardtherapien im konkreten Fall nicht zur Anwendung kommen könnten.
Der Versicherte könne sich überdies nicht darauf berufen, dass er bei einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung vorübergehend nicht erwerbstätig sein könne. Maßgeblich seien allein medizinische Hinderungsgründe, nicht hingegen Aspekte der persönlichen Lebensführung und vermeidliche Schwierigkeiten im Berufsleben.
Die Revision wurde nicht zugelassen (Az. L 1 KR 429/20).
1 Kommentar
Kein Cannabis auf Kassenkosten gegen Saufdruck
von Andreas am 29.04.2022 um 9:14 Uhr
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