Grippeschutzimpfung als Regelleistung ab 2022/23

Gibt es genug Grippe-Impfstoff für Apotheken?

Berlin - 11.05.2022, 16:45 Uhr

Ab Herbst sollen auch Apotheken Grippeimpfungen als GKV-Regelleistung anbieten können. Unklar ist, wie viele es sein werden. Werden die Impfstoffe am Ende ausreichen? (c / Foto: DragonImages /AdobeStock)

Ab Herbst sollen auch Apotheken Grippeimpfungen als GKV-Regelleistung anbieten können. Unklar ist, wie viele es sein werden. Werden die Impfstoffe am Ende ausreichen? (c / Foto: DragonImages /AdobeStock)


Grippeschutzimpfungen in der Apotheke sollen nach dem Willen der Regierungsfraktionen neue GKV-Regelleistung werden. Losgehen soll es bereits in der nächsten Grippesaison, also kommenden Herbst. Wird es dafür aber auch genügend Grippeimpfstoff geben? Die Meldefrist für den Bedarf der Ärzte, die künftig auch für Apotheken gelten soll, ist schließlich längst abgelaufen.

Die Ampelkoalition ist beim Impfen in der Apotheke vorgeprescht: Wird der zum Pflegebonusgesetz vorliegende Änderungsantrag in seiner jetzigen Form umgesetzt, werden geschulte Apotheker:innen unter bestimmten Voraussetzungen ab der kommenden Grippesaison Erwachsenen den Piks gegen Influenza verabreichen dürfen. Und das nicht nur im Rahmen von Modellprojekten, sondern in der Regelversorgung. Bis dahin ist noch einiges vorzubereiten: Neben den bundesweiten Schulungen und der Vereinbarung der Vergütung müssen auch die nötigen Vakzine beschaffen werden.

Doch wie genau soll letzteres eigentlich laufen? Die Bestellfrist für die kommende Saison war bereits verstrichen, als die Idee der regelhaften Grippeschutzimpfung in Apotheken greifbar wurde. Haben Apotheken also überhaupt eine Chance, an Vakzine zu kommen? Zumal das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung Ende März darauf hingewiesen hatten, dass schon die Ärzte für die kommende Saison außergewöhnlich wenig bestellt haben. Die Anzahl der bestellten Dosen weiche signifikant vom ermittelten Bedarf ab, hieß es in einem Appell des PEI an Ärzte und Apotheken – „was schlimmstenfalls zu Einschränkungen der Impfstoffverfügbarkeit führen könnte“. Ob die wenigen Tage nach dem Aufruf noch zu weiteren Bestellungen führten und nun sichergestellt ist, dass für die nicht mehr auf Modellprojekte beschränkten Apotheken genug übrig bleibt, muss sich zeigen. Wie groß der zusätzliche Bedarf durch Apotheken sein wird, lässt sich derzeit schlicht nicht abschätzen.

34 Millionen Dosen gab es in der letzten Saison

Allerdings ist zu berücksichtigen: In der jetzt abgelaufenen Saison gab es mit gut 34 Millionen Impfdosen so viele wie noch nie (in der Saison 2006/2007 waren es 30 Millionen). Darauf weist eine PEI-Sprecherin auf Nachfrage der DAZ hin. Sie kann jedoch nicht sagen, ob diese Dosen überhaupt alle verimpft wurden. Davon dürften auch die aktuellen Bestellmengen abhängen. Zudem: Das Gesetz (§ 132e Abs. 2 SGB V) sieht vor, dass das PEI auf die Bestellmenge nochmals eine Reserve von 10 Prozent aufschlägt – in den beiden Vorjahren lag diese Reserve sogar bei 30 Prozent.

Müssen sich Apotheken nun also sorgen? Oder sollten sie vertrauen, dass die Vakzine reichen? Die DAZ hat bei einigen Großhändlern nachgefragt, wie sie die Lage sehen. Die Noweda ließ wissen, dass Apotheken, die selber impfen möchten, auch jetzt noch (verbindlich) Impfstoff nachbestellen könnten. „Jedoch kann der Großhandel die Auslieferung dieser späten Bestellungen zum aktuellen Zeitpunkt nicht garantieren, weil noch nicht bekannt ist, welche Mengen an zusätzlicher Lagerware zur Verfügung stehen werden“.

Auch AHD/Gehe betont, dass Apotheken bei Bedarf „selbstverständlich“ nachbestellen können. „Dies wird dann als reservierte Nachlieferung über die Lagerware aufgenommen. Die Auslieferung kann allerdings erst erfolgen, wenn die Hersteller Lagerware zur Verfügung stellen“. Die Auslieferung finde voraussichtlich erst nach Verteilung der vorbestellten Vorverkaufsware statt, da die Grippeimpfstoffe sukzessive in den Markt freigegeben würden.

Stefan Holdermann, Geschäftsführer bei Kehr Holdermann, verweist ebenfalls auf Reserven, die es nach den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre immer gebe. Besonders groß seien diese allerdings nicht. Gegenüber der DAZ gibt er zudem zu bedenken, dass der Großhandel nicht das wirtschaftliche Risiko auf sich nehmen könne, diese deutlich zu erhöhen.

ABDA: Gespräche nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens

Und was sagt die ABDA? Hier gibt man sich zuversichtlich und erklärt auf Nachfrage: „Sobald das Gesetzgebungsverfahren und die darin enthaltene Einbeziehung der Apotheken in die Regelversorgung mit Grippeschutzimpfungen abgeschlossen sind, werden wir selbstverständlich das Gespräch suchen, um sicherzustellen, dass den Apotheken, die Grippeimpfungen in der Saison 2022/23 anbieten möchten, auch genügend Impfstoffe zur Verfügung stehen“.

Künftig soll es mit den Bestellungen der Apotheken übrigens ebenso laufen wie mit denen der Ärzte. Der Änderungsantrag (Nr. 6) sieht vor, dass die Meldepflichten und -fristen des §132e SGB V auf Apotheken übertragen werden. Das heißt: Der Deutsche Apothekerverband meldet künftig bis zum 15. Januar eines Kalenderjahres den Bedarf an saisonalen Grippeimpfstoffen auf Grundlage der durch die Apotheken geplanten Bestellungen an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI wiederum prüft dann bis zum 15. März diesen übermittelten Bedarf unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Reserve von 10 Prozent, indem es ihn mit den von den Impfstoffherstellern mitgeteilten Daten zu Absatzmenge und Verschreibungsvolumen vergleicht.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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