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Phytotherapie bei Stoffwechselstörungen
LDL-Senkung dank Flohsamenschalen und Knoblauch?
Beim Pharmacon Meran 2022 gab es Standing Ovations auf den Tribünen, wo die Studierenden aus Frankfurt saßen. Der Applaus galt ihrem Professor Robert Fürst vom Pharmazeutischen Institut für Biologie – und das, obwohl er seinen Vortrag zur „Phytotherapie zur Behandlung von Stoffwechselstörungen“ damit einleitete, dass Phytotherapie dort „evidenzbasiert“ eigentlich nicht möglich ist. Unter dem Motto „was nicht geht“ machte er dennoch deutlich, wie viel man von pflanzlichen Arzneimitteln – gegenüber Nahrungsergänzungsmitteln – beispielsweise bei Hyperlipidämie erwarten darf.
Ob Hyperlipidämie, Diabetes, Adipositas, Hyperthyreose oder Gicht – wenn es in der Apotheke um Stoffwechselstörungen geht, denkt wohl kaum eine:e Apotheker:in an evidenzbasierte Phytotherapie. Auf der Seite der Kund:innen könnte das schon anders aussehen, und so ist es sicherlich sinnvoll in der Apotheke auch erklären zu können, warum die meisten pflanzlichen Arzneimittel in diesem Bereich nicht sinnvoll sind. Natürlich gibt es nicht gar keine Daten und damit auch nicht keinerlei Evidenz für die Phytotherapie bei Stoffwechselstörungen. Um in der Praxis Empfehlungen aussprechen zu können, müsse aber auf die Validität und vor allem auf die Größe des Therapieeffekts geachtet werden, der sich in den Daten zeigt, so Professor Robert Fürst vom Pharmazeutischen Institut für Biologie in Frankfurt beim Pharmacon Meran 2022.
„Die letzte Bastion gegen die Nahrungsergänzungsmittel“
Bei der Beurteilung der Evidenz zu (pflanzlichen) Arzneimitteln muss zwischen den verschiedenen Zulassungsarten unterschieden werden. So sind Arzneimittel mit einer „Well-established-Use“-Zulassung zwar auf Basis von kontrollierten randomisierten Studien (RCTs) zugelassen worden, allerdings nur bibliografisch. Es gibt also keine eigens für die Zulassung durchgeführten Studien. Eine „Evidenzgrenze“ zog Fürst sodann zwischen der „Well-established-Use“-Zulassung und den „Traditional-Use“-Arzneimitteln. Denn diese wurden nicht zugelassen, sondern nur registriert. RCTs gibt es in diesem Fall also nicht. Und doch: Egal, ob eine normale Zulassung oder einer der beiden zuvor genannten Marktzugänge vorliegt – Fürst plädierte für die Wertschätzung all solcher pflanzlicher Arzneimittel, denn sie seien „die letzte Bastion gegen die Nahrungsergänzungsmittel“. Warum? Weil die Qualität in allen drei Fällen produktspezifisch nachgewiesen werden müsse, bei Nahrungsergänzungsmitteln – und damit im Lebensmittelbereich – hingegen nicht.
Die Größe des Therapieeffekts lässt zu wünschen übrig
Bei der Behandlung der Hyperlipidämie müssen sich pflanzliche Arzneimittel bei der LDL-Reduktion an hohen Maßstäben messen lassen. Denn Statine, Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren erreichen einzeln oder in Kombination LDL-Senkungen im Bereich von 30 bis 85 Prozent.
Flohsamenschalen verfügen über eine „Well-established-Use“-Zulassung und sind indiziert bei Hypercholesterinämie, allerdings nur adjuvant zu einer Diät. Der HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) stützt sich in seiner Bewertung tatsächlich auf eine Metaanalyse aus 21 klinischen Studien. Was zunächst nach vielen Daten und somit starker Evidenz klingt. Letztlich kommt die Metaanalyse aber nur auf ein Patient:innen-Kollektiv aus 1.030 Personen. Und auch sonst bestehen in der Metaanalyse viele Unsicherheiten, beispielsweise weil beliebige Diäthintergründe vorliegen oder die Dosierungen und Behandlungsdauern stark variieren.
Schließlich heißt es in der Empfehlung des Committee on Herbal Medicinal Products vom 14. Mai 2013, dass im Durchschnitt Flohsamenschalen zu einer Senkung des Gesamtcholesterins um fast 4–5 Prozent führen, während sie das LDL-Cholesterin um fast 7 Prozent senken, ohne Auswirkungen auf das HDL-Cholesterin. Auch das HMPC bezeichnet diesen Effekt gegenüber Statinen als „klein“ – Menschen mit Hypercholesterolämie sollten grundsätzlich aber ihre Ballaststoffaufnahme steigern.
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