Bundesgerichtshof

Shop Apotheke durfte als „beste Online-Apotheke Deutschlands“ für sich werben

Berlin - 27.05.2022, 13:45 Uhr

Shop Apotheke führte laut Bundesgerichtshof keine irreführende Werbung durch. (b/Screenshot: Shop Apotheke / daz.online)

Shop Apotheke führte laut Bundesgerichtshof keine irreführende Werbung durch. (b/Screenshot: Shop Apotheke / daz.online)


Der Bundesgerichtshof hatte das letzte Wort: Die Werbung der Shop Apotheke aus dem Sommer 2019, in der sich das niederländische Unternehmen als „beste Online-Apotheke Deutschlands“ bezeichnet hat, war nicht irreführend. Die beiden Vorinstanzen hatten das noch anders gesehen. Geklagt hatte die Apothekerkammer Nordrhein. 

Im Sommer 2019 hatte die Shop Apotheke bundesweit Fernsehwerbespots, etwa auf Sat.1 oder Sky, geschaltet. Zum Ende der Fernsehwerbespots präsentierte sich der Versender dort als „Die beste Online-Apotheke Deutschlands“. Unter dem Slogan fand sich der Zusatz „Von Verbrauchern gewählt“. Am unteren Bildrand gab es in sehr kleiner Schrift den Hinweis: „Online-Verbraucher-Befragung in Deutschland im Zeitraum 15.05. bis 03.09.2018, durchgeführt von Q. Mehr Informationen unter www.webshopawards.de“. ;

Auf dieser Webseite gab es dann unter anderem folgende Hinweise: „Um den Titel „Händler des Jahres Deutschland“ und/oder „Webshop Awards Germany“ zu tragen, muss Ihr (Online-)Geschäft nominiert sein. Sie brauchen hierfür 380 Beurteilungen. Diese Beurteilungen bekommen Sie durch Ihre Kunden (...). Natürlich helfen wir Ihnen dabei. Darum stellen wir Ihnen die folgenden Werbematerialien zur Verfügung: Gold 1.500 Euro, Silber 750 Euro, Bronze Gratis.“ 

War die Werbung von Shop Apotheke irreführend?

Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) beanstandete die Werbung als irreführend. Nach § 5 Abs. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) handelt unlauter, wer eine solche irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die einen Verbraucher veranlasst, eine Entscheidung zu treffen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. „Irreführend“ ist die Handlung der Norm zufolge, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über bestimmte Umstände macht – ausdrücklich genannt sind hier unter anderem Ergebnisse oder wesentliche Bestandteile von Tests. 

Die AKNR führte aus, dass die beanstandete Werbung den Eindruck erwecke, auf einer unabhängigen Verbraucherbefragung zu beruhen. Doch das sei nicht zutreffend: Tatsächlich hätten nur solche Unternehmen an der Wahl zum Händler des Jahres teilgenommen, die sich ausdrücklich hierum beworben hätten. Schon dadurch sei die Auswahl eingeschränkt. Die Kammer klage daher vor Gericht auf Unterlassung.

Das Landgericht Stuttgart sowie das Oberlandesgericht Stuttgart als Berufungsinstanz folgten der Argumentation der AKNR und gaben der Klage statt. Die Grundsätze einer zulässigen Testwerbung seien nicht erfüllt, so die Stuttgarter Richter:innen. Danach müssten Tests objektiv, neutral, sachkundig und repräsentativ durchgeführt werden. Doch die Firmen seien davon ausgegangen, durch den Kauf der Werbepakete „selbstverständlich“ ihre Chancen zu verbessern. Mit der Reklame habe das Abstimmungsverhalten und damit das Ergebnis der Befragung beeinflusst werden sollen. 

Zwar hatte das Oberlandesgericht die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen – doch Shop Apotheke beantragte die Zulassung erfolgreich. Nun entschied der I. Zivilsenat des BGH, der lediglich die bereits von den Vorinstanzen festgestellten Tatsachen nochmals einer rechtlichen Prüfung unterzieht. 

Er kam zum Ergebnis, dass auf Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts keine irreführende geschäftliche Handlung angenommen werden könne. Das Berufungsgericht habe sich nicht vertieft mit der Frage auseinandergesetzt, welches Verständnis die beanstandete Werbung bei den damit angesprochenen Verkehrskreisen erwecke, heißt es im BGH-Urteil. 

Anhaltspunkte dafür, dass die Werbematerialien in irgendeiner Weise geeignet sein könnten, die dem Award zugrunde liegende qualitative Bewertung der teilnehmenden Unternehmen durch die Kunden und damit das Abstimmungsverhalten oder das -ergebnis zu beeinflussen, habe das Oberlandesgericht nicht festgestellt und seien auch sonst nicht erkennbar. 

Auch seine Annahme einer fehlenden Unabhängigkeit oder Neutralität des Veranstalters der Befragung habe es nicht ausreichend begründet. Insbesondere könne diese nicht (allein) daraus gefolgert werden, dass der Veranstalter den Unternehmen Material zur Verfügung stelle. Soweit das Oberlandesgericht folgere, die Unternehmen gingen „selbstverständlich“ davon aus, ihre Chancen durch den Kauf des Materials zu verbessern, sei bereits unklar, welche Chancen (die auf Nominierung oder die auf bessere Bewertung) es dabei im Blick gehabt habe. 

Kein Verstoß gegen Irreführungsverbot

Kurzum: Der Bundesgerichthof sieht keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot. Da die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht geltend gemacht habe, das Oberlandesgericht habe etwas aus ihrem Vortrag übergangen, verspricht er sich auch nichts von einer Zurückweisung der Sache an die Vorinsanz, um weitere Feststellungen zu treffen. Vielmehr sahen sich die Karlsruher Richter:innen selbst in der Lage, zu entscheiden. 

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2022, Az.  I ZR 203/20 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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