Pharmacon Meran 2022

Lipidsenkende Arzneistoffe und ihr klinischer Nutzen

Meran - 31.05.2022, 12:15 Uhr

Professor Peter Ruth führte nicht nur als Moderator durch die Veranstaltung, sondern referierte auch selbst über den Lipidstoffwechsel. (s / Foto: DAZ)

Professor Peter Ruth führte nicht nur als Moderator durch die Veranstaltung, sondern referierte auch selbst über den Lipidstoffwechsel. (s / Foto: DAZ)


Die Hyperlipidämie zählt zu den Hauptrisikofaktoren für das Entstehen einer Atherosklerose und entsprechenden Folgeerkrankungen wie koronarer Herzkrankheit. Professor Peter Ruth vom Institut für Pharmakologie in Tübingen erinnerte in seinem Vortrag „Lipidstoffwechsel“ beim Pharmacon Meran 2022 nicht nur an die Funktion verschiedener Lipoproteine und die Pathogenese. Er erläuterte auch die verschiedenen Unterformen der Hyperlipidämien und vor allem den klinischen Nutzen der verfügbaren Arzneimittel.

Wenn es um den klinischen Nutzen von lipidsenkenden Arzneimitteln geht, muss man zunächst über Statine sprechen. Eine Metaanalyse von 26 randomisiert kontrolliert klinischen Studien (RCT) soll, laut Professor Ruth aus Tübingen auf dem Pharmacon Meran 2022, gezeigt haben, dass pro 1 mmol/l Senkung an LDL-Cholesterin schwerwiegende vaskuläre Ereignisse um 22 Prozent, KHK-bedingter Tod um 20 Prozent und Schlaganfall um 17 Prozent verringert werden. Der relative Nutzen sei dabei im ersten Jahr nur halb so groß wie in den Folgejahren, was für eine langfristige Therapie spricht.

Ezetimib hemmt das „Niemann–Pick C1-Like 1 Protein“ (NPC1L1) in Enterozyten des Dünndarms und damit die Resorption von diätetischem Cholesterol. In der IMPROVE-IT-Studie zeigte sich ein geringer, aber signifikanter Zusatzeffekt von Ezetimib in Kombination mit Statinen.

Auch PCSK9-Antikörper (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) wie Evolocumab und Alirocumab seien sehr wirksame Arzneimittel, die LDL-Cholesterin und kardiovaskuläre Ereignisse noch über die Statin- und/oder Ezetimib-Therapie hinaus senken könnten (zusätzliche 46 bis 61 Prozent). Wegen der Behandlungskosten und begrenzten Daten zur langfristigen Sicherheit sollen sie wahrscheinlich aber nur bei Patient:innen mit sehr hohem Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen kosteneffektiv sein. 

Das kardiovaskuläre Risiko lässt sich durch neuen Cholesterol-Senker weiter reduzieren

Evolocumab übertrumpft Statin-Effekt

Daten bei akutem Koronarsyndrom sprechen für PCSK9-Hemmer

Weniger kardiovaskuläre Ereignisse auch unter Alirocumab

Gewinner des PZ-Innovations-Preises: Inclisiran in Leqvio

Auch das neuartige siRNA-Therapeutikun Inclisiran, das schließlich den PZ-Innovationspreis auf dem Pharmacon Meran 2022 verliehen bekam, ließ Ruth in seiner Einordnung nicht aus. Inclisiran kann mit einem Statin und anderen lipidsenkenden Therapien bei Patient:innen, die mit der maximal tolerierten Statin-Dosis die Zielwerte für LDL-Cholesterin nicht erreichen, kombiniert werden. Bei Intoleranz eines Statins kann es zudem auch allein oder kombiniert mit anderen lipidsenkenden Therapien eingesetzt werden. 

Foto: DAZ
Aurelia von Kapff (Mitte) und Andrea Kammerloher-Noll von Novartis Pharma mit dem PZ-Innovationspreis, überreicht von PZ-Chefredakteur Sven Siebenand in Meran. 

Das Besondere daran: Es handelt sich um eine subkutane Injektion zu Behandlungsbeginn, nach drei Monaten und dann nur noch alle sechs Monate. Das LDL-Cholesterin soll dann innerhalb von 14 Tagen um 50 Prozent sinken und dieser Effekt über ein halbes Jahr anhalten. Allerdings seien bislang keine relevanten Endpunkte wie kardiovaskuläre Morbidität oder Mortalität hinreichend untersucht worden. Eine Einordnung in die derzeit verfügbaren Optionen einer lipidsenkenden Therapie sei somit noch nicht möglich.

Die Bempedoinsäure (ATP-Citrat-Lyase (ACL-)Inhibitor) sei besonders für Patient:innen mit Statin-Intoleranz geeignet. Laut Phase III-Studien kam es in Kombination mit Statinen zu keiner höheren Rate von Muskelbeschwerden im Vergleich zum Placebo und der LDL-C-Wert war um 21 bis 28 Prozent gesunken  – in Fixkombination mit Ezetimib um 36 Prozent. Allerdings wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) weder für Bempedoinsäure allein noch in Kombination mit Ezetimib ein Zusatznutzen ausgesprochen. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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