Vitamine

Folsäure – nicht nur für das ungeborene Kind

Münchingen - 02.06.2022, 17:50 Uhr

Folsäure wird auch als Vitamin B9 bezeichnet. (s / Foto: Gowtham / AdobeStock) 

Folsäure wird auch als Vitamin B9 bezeichnet. (s / Foto: Gowtham / AdobeStock) 


Dass Folsäure am besten schon vor dem Eintritt einer Schwangerschaft substituiert werden sollte, ist inzwischen bei Laien weitgehend bekannt, trotzdem ist die Versorgungslage noch immer unzureichend. Hier ist weiterhin viel Aufklärung in Apotheken gefragt. Doch Folsäure spielt nicht nur eine Rolle bei der Verhinderung von Neuralrohrdefekten. Das Vitamin aus der B-Gruppe verdient auch unter anderen Aspekten immer wieder Aufmerksamkeit.

MTX-Nebenwirkungen mit Folsäure lindern? 

Die aktiven Formen der Folsäure beteiligen sich intensiv am Protein- und Nukleinsäurestoffwechsel. Deshalb werden bei manchen Erkrankungen Folsäure-Antagonisten eingesetzt, die das Zellwachstum verringern sollen. Der am häufigsten verordnete Folsäure-Antagonist ist Methotrexat (MTX). Die Substanz hemmt die Dihydrofolatreduktase (DHF) und damit die Umwandlung von Dihydrofolat in die physiologisch aktive Tetrahydrofolsäure. Das führt – neben den erwünschten therapeutischen Wirkungen bei bestimmten Krebs- oder Autoimmunerkrankungen – zu einer Vielzahl von unerwünschten Wirkungen im Körper. 

Mehr zum Thema

Um die Nebenwirkungen erträglicher zu machen, erfolgt in der Regel nach der einmal wöchentlichen MTX-Gabe im Abstand von 24 bis 48 Stunden eine Folsäure-Supplementierung. Üblich ist eine Einmaldosierung von fünf Milligramm Folsäure. Ein systematischer Review hat unter Beweis gestellt: Durch die Folsäure-Gabe wird das Risiko von Leberschäden deutlich vermindert, auch lassen sich schwere unerwünschte Ereignisse signifikant reduzieren. Gastrointestinale Nebenwirkungen und Übelkeit nehmen ebenfalls ab, jedoch dürfen hier die Erwartungen nicht zu hoch sein.

Therapeutisch von Vorteil ist, dass die Affinität der Dihydrofolatreduktase zu Methotrexat erheblich größer ist als die Affinität zu Folsäure oder Dihydrofolsäure. Deshalb kehren selbst größere Mengen an Folsäure die Effekte von Methotrexat nicht um. Anders sieht es bei Folinsäure aus, einer gleichfalls stoffwechselaktiven Form der Folsäure. Zwar verbessert auch eine Substitution mit Folinsäure, dem 5-Formyl-Derivat der Tetrahydrofolsäure, die Verträglichkeit von MTX. Gleichzeitig wird jedoch die Wirksamkeit von MTX beeinträchtigt. Diese Eigenschaft wird therapeutisch genutzt: Folinsäure (Handelsname Leucovorin) wird als Antidot bei Therapien mit hochdosiertem MTX eingesetzt.



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.