Kritik an geplanter ABDA-Strukturreform

„Entwicklung in eine völlig falsche Richtung“

Stuttgart - 14.06.2022, 16:45 Uhr

Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen, übt Kritik an der geplanter ABDA-Strukturreform. (Foto: Külker)

Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen, übt Kritik an der geplanter ABDA-Strukturreform. (Foto: Külker)


Unternehmensberater hatten die komplexe Struktur der ABDA in den vergangenen Monaten analysiert. Die Ergebnisse wurden zwar bisher nicht öffentlich kommuniziert, doch in den Kammern und Verbänden hat die Diskussion längst begonnen. Auch Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen, sieht die Vorschläge äußerst kritisch. Er befürchtet, dass der Deutsche Apothekertag zu einem „verzichtbaren Theaterstück ohne Wert“ degradiert wird.

Der damalige ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte noch kurz vor Ende seiner Amtszeit den entscheidenden Impuls gegeben, die komplexe Struktur der ABDA unabhängig analysieren zu lassen. Beauftragt wurde dafür im Juli 2020 die Unternehmensberatung B'VM (Beratungsgruppe für Verbandmanagement). Nach Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern der Kammern und Verbände sollen Vorschläge erarbeitet worden sein, die in einer Vorbereitungsgruppe zwischen Haupt- und Ehrenamtlern weiter diskutiert wurden und danach in einem „Konvent“, der am 18. Mai 2022 stattfand, den Vertretern aller Mitgliedsorganisationen vorgestellt wurden. Offiziell wird über die bisherigen Ergebnisse der Strukturanalyse nicht gesprochen. Doch in den Mitgliedsorganisationen hat die Diskussion begonnen.

Wie die DAZ bereits berichtete, laufen die von den Beratern erarbeiteten Strukturreformvorschläge unter dem Motto „professionelle und schlanke ABDA“. Entscheidungen sollen zukünftig schneller und effizienter getroffen werden. Dafür sollen kleinere Gremien auf weniger Ebenen sorgen. Doch wie bei jeder Verkleinerung stellt sich auch die Frage nach der Akzeptanz bei denjenigen, die dadurch Einfluss verlieren. Das repräsentative Element und das Vertrauen in die Vorstandsmitglieder müssten zwangsläufig mehr Bedeutung erlangen. Damit wäre zu fragen, ob im Gegenzug neue Einflussmöglichkeiten der Mitgliedsorganisationen geschaffen werden.

Nachteil für Kammern und Verbände

Doch die Kammern und Verbände befürchten, dass sie genau diese Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten bald verlieren könnten. Nachdem bereits Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, bei der Delegiertenversammlung am Mittwoch in der vergangenen Woche die Reformvorschläge kritisierte und „erheblichen Widerstand“ ankündigte, hat nun mit Danny Neidel ein erster hauptamtlicher Mitarbeiter einer ABDA-Mitgliedsorganisation seinem Unmut öffentlich Luft gemacht. Neidel ist Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Thüringen. Im aktuellen Kammernewsletter an die Apotheken im Bundesland schreibt er unter dem Titel „Die falsche Richtung“, weshalb die ABDA-Strukturreform zu einem großen Nachteil für die Kammern und Verbände werden könnte.

Danny Neidel berichtet, dass zukünftig die Beschlüsse der fast 400 Delegierten des Deutschen Apothekertages nicht mehr bindend für die Arbeit der ABDA sein sollen. Vielmehr müssten die durch die Hauptversammlung der Apothekerschaft getroffenen Entscheidungen erst noch die Zustimmung der ABDA-Mitgliederversammlung finden. Kammergeschäftsführer Neidel fürchtet, dass damit aus dem „lebendigen berufspolitischen Diskurs“ ein „verzichtbares Theaterstück ohne Wert“ werden könnte. Organisationsexperten mögen dies als „professionell und schlank“ verkaufen. Neidel bezeichnet dies jedoch als „Reduzierung der Rechte des Deutschen Apothekertages“ – dies klinge nur nicht so schön.

Verschlankung der Gremienarbeit

Grundsätzlich für begrüßenswert hält Neidel das Kernstück der Reform, nämlich die Verschlankung der Gremienarbeit. Der Auflösung des ABDA-Gesamtvorstandes stimmt er zu. Bei der Schaffung einer neuen hauptamtlichen ABDA-Doppelspitze, die in allen drei Entscheidungsgremien, also den Vorständen von ABDA, Bundesapothekerkammer (BAK) und Deutschem Apothekerverband (DAV), mit Stimmrecht vertreten sein soll, gibt er allerdings zu bedenken: „Eine derartige Machtkonzentration kennt die ABDA-Geschichte nicht.“

Für den Kammergeschäftsführer ist es offenbar nur schwer nachzuvollziehen, weshalb „ohne Not die Kombination aus einem Hauptamt und einem Ehrenamt aufgelöst werden soll“ (damit meint er Hauptgeschäftsführer/in und ABDA-Präsident/in). Das Hauptamt war bisher dafür vorgesehen, Pro- und Contra-Argumente zu sammeln und mit Zahlen, Daten und Fakten Beschlussvorlagen vorzubereiten. Das Ehrenamt wiederum trifft die Entscheidungen mit dem Hintergrund eines großen Erfahrungsschatzes aus der pharmazeutischen Praxis und verantwortet diese Position gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Mit einer neuen hauptamtlichen ABDA-Doppelspitze wäre diese Differenzierung hinfällig.

Kritisch ist in Neidels Augen auch der Umstand, dass Beschlüsse zukünftig bereits in Ausschüssen gefasst werden sollen, deren Mitglieder benannt oder gewählt werden. Hinzu kommt, dass der neue BAK-Vorstand nur noch aus fünf Personen bestehen soll: Präsident bzw. Präsidentin, zwei Stellvertreterinnen oder Stellvertretern und den zwei hauptamtlichen ABDA-Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern. Zwangsläufig wären in diesem Gremium dann nur noch maximal drei Mitgliedsorganisationen vertreten. Bisher waren allerdings in der überwiegenden Anzahl der BAK-Ausschüsse immer alle Mitgliedsorganisationen stimmberechtigt vertreten. Zukünftig soll dies, nach den Vorschlägen der Berater, anders werden. „Es ist also leicht vorstellbar“, schreibt der Thüringer, „dass eine Mitgliedsorganisation weder Teil des BAK-Vorstandes ist noch zu den Mitgliedern des beschlussfassenden Ausschusses gehört.“ In diesem Fall gäbe es keine Möglichkeit, eigene Positionen einzubringen, mahnt Neidel. „Dies wird gern als Verschlankung und Professionalisierung bezeichnet. Es ist aber faktisch eine Reduzierung der Mitbestimmungsrechte der Mitgliedsorganisationen der Bundesapothekerkammer.“

Kraftlose Beschlüsse

Schließlich weist Geschäftsführer Danny Neidel darauf hin, dass Beschlüsse zukünftig von weniger Mitgliedsorganisationen gefasst bzw. mitgetragen werden und somit könne der jeweilige Beschluss auch weniger Kraft entfalten. „Der Gedanke von ‚Denen da oben‘ wird es leichter haben, um sich zu greifen“, so Neidel. Weiterhin würden, schon heute bestehende, Parallelstrukturen ausgebaut oder etabliert. „In jedem Fall wird so die Vertretung des Berufsstandes auf Bundesebene geschwächt.“ Neidel hält das für alles andere als einen mutigen Schritt: „Es ist die Entwicklung in eine völlig falsche Richtung.“


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Es ist doch schon so

von Dr. House am 15.06.2022 um 10:01 Uhr

Vielleicht kein Theaterstück, aber mit der Band auf der sinkenden Titanik kann die ABDA es allemal aufnehmen. Ein stilvoller Abgesang

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