Lifestyle-Arzneimittel

Krankenkassen zahlen nicht für Melatonin Vitabalans

Stuttgart - 14.06.2022, 09:15 Uhr

Melatonin Vitabalans erstatten die Krankenkassen nicht. Es ist zugelassen zur Behandlung von jetlagbedingten Schlafstörungen. Diese liegen dem G-BA zufolge in der Eigenverantwortung der Anwender:innen. (s / Foto: EdNurg / AdobeStock)

Melatonin Vitabalans erstatten die Krankenkassen nicht. Es ist zugelassen zur Behandlung von jetlagbedingten Schlafstörungen. Diese liegen dem G-BA zufolge in der Eigenverantwortung der Anwender:innen. (s / Foto: EdNurg / AdobeStock)


Melatoninhaltige Arzneimittel, die lediglich zur Behandlung kurzzeitiger, durch die Lebensführung bedingte, nichtorganische Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus angewendet werden, übernimmt die Krankenkasse nicht. Jetzt ist es durch die geänderte Arzneimittel-Richtlinie (Lifestyle-Arzneimittel) offiziell.

Die Krankenkassen kommen für die Arzneimittelkosten von Melatonin Vitabalans nicht auf. Das zur kurzzeitigen Behandlung von Jetlag zugelassene Arzneimittel müssen Anwender:innen selbst bezahlen – klar geregelt ist dies nun auch rechtlich. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gab am 10. Juni die entsprechende Änderung der Arzneimittel-Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt, die sodann am 13. Juni in Kraft tritt.

Bereits am 18. März 2022 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie, in der es um Lifestyle-Arzneimittel geht, zu ändern. Ein neuer Abschnitt zu „durch die Lebensführung bedingte, kurzzeitige nichtorganische Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus“ sollte her. Erster Wirkstoffkandidat: Melatonin. Erstes Präparat: Melatonin Vitabalans.

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Zuvor hatte sich der G-BA ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein melatoninhaltiges Arzneimittel erstattungsfähig ist, wie Circadin® und Slenyto®, und wann Patient:innen jedoch für ein solches Fertigarzneimittel selbst aufkommen müssen, wie nun bei Melatonin Vitabalans.

Beschwerden durch private Lebensführung

Die Antwort lieferte der G-BA bereits im März in den tragenden Gründen zum Beschluss: Es kommt darauf an, ob die Anwendung des Arzneimittels im Wesentlichen auf eine private Lebensführung zurückzuführen ist und der „individuellen Bedürfnisbefriedigung“ dient, so bei Melatonin Vitabalans, denn: „Jetlag, das einzige zugelassene Anwendungsgebiet des Arzneimittels 'Melatonin Vitabalans', wird v. a. von Flugreisen, die über mehr als zwei Zeitzonen gehen, verursacht“. Der Schlaf selbst sei dabei zumeist nicht gestört, sondern trete lediglich zeitversetzt auf. Da die „Symptome nach einigen Tagen, wenn sich der Rhythmus wieder angepasst hat, meistens von alleine verschwinden, ist in der Regel auch deren Behandlung medizinisch nicht notwendig“, begründet der G-BA weiter. „Zusammenfassend sind die Symptome des Jetlags also exogen ausgelöst (…) und treten in den meisten Fällen zudem nur kurzzeitig auf. Insoweit handelt es sich jeweils um Maßnahmen zur Förderung der Lebensqualität, die vorübergehend eingesetzt werden“. Damit erfülle Melatonin Vitabalans hinsichtlich der Zweckbestimmung das Kriterium einer Anwendung bedingt durch private Lebensführung und diene zugleich der individuellen Bedürfnisbefriedigung.

Warum erstatten die Krankenkassen Circadin und Slenyto?

Hingegen ist Circadin® zugelassen „als Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren“, Slenyto® zur „Behandlung von Schlafstörungen (Insomnie) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 2-18 Jahren mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) und/oder Smith-Magenis-Syndrom, wenn Schlafhygienemaßnahmen unzureichend waren“. Beide Arzneimittel dienen nach Ansicht des G-BA damit nicht der Behebung von Schlafstörungen, die durch eine persönliche Lebensführung hervorgerufen werden, weswegen die Krankenkassen für diese Präparate im Rahmen der Indikation aufkommen.


Celine Bichay, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


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