Honorierung der Dienstleistungen

Mittelweg beim Arbeitspreis und geschickter Umgang mit knappen Mitteln

Süsel - 14.06.2022, 17:50 Uhr

Das Honorar der Apotheken für die Dienstleistungen ist vom ärztlichen Honorar abgeleitet, allerdings mit einem deutlichen Abschlag. (c / Foto: photocrew / AdobeStock)

Das Honorar der Apotheken für die Dienstleistungen ist vom ärztlichen Honorar abgeleitet, allerdings mit einem deutlichen Abschlag. (c / Foto: photocrew / AdobeStock)


Die Schiedsstelle hat bei den Honoraren für die neuen Dienstleistungen einen Weg zwischen den Positionen des Deutschen Apothekerverbandes und des GKV-Spitzenbandes gewählt. Wie die Dienstleistungen tatsächlich honoriert werden, wird aber auch von der Menge der erbrachten Leistungen abhängen. Wenn das Geld dann knapp wird, greift ein komplexer Anpassungsmechanismus, der für eine beachtliche Planungssicherheit sorgt.

Die Schiedsstelle hat das Honorar für die komplexen Leistungen (erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation, Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten bzw. bei oraler Tumortherapie) auf 90 Euro netto festgesetzt. Dazu können 17,55 Euro netto für eine Folgeberatung kommen. Für die standardisierte Inhalator-Einweisung sind 20 Euro netto und für die standardisierte dreimalige Blutdruckmessung 11,20 Euro netto angesetzt. In der Begründung des Schiedsspruchs heißt es dazu, dass die komplexen Leistungen und die Inhalator-Schulung im Konsens formuliert worden seien. Die Blutdruckmessung und die Preise für alle Leistungen seien hingegen als Mehrheitsentscheidungen beschlossen worden.

Mittelweg zwischen Apothekern und Krankenkassen

In der Begründung steht auch, wie die Schiedsstelle die Preise ermittelt hat. Ein Aspekt dabei ist der angenommene Arbeitsaufwand. Für die komplexen Leistungen werden jeweils 80 Minuten angesetzt, von denen 5 bis 10 Minuten nicht durch Apotheker erbracht werden müssen. Für die Einweisung zur Inhalation werden 25 Minuten und für dreifache Blutdruckmessung 14 Minuten angesetzt. Dabei geht die Schiedsstelle davon aus, dass diese Leistungen zu 80 Prozent von PTA und zu 20 Prozent von Apothekern erbracht werden. Die Arbeitszeiten wurden mit einem Arbeitspreis multipliziert.

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Die pharmazeutischen Dienstleistungen im Detail

 Die Begründung des Schiedsspruchs zeigt, dass sich die Schiedsstelle ausführlich mit der Frage nach einem angemessenen Preis für eine Beratungsminute eines Apothekers beschäftigt hat. Dazu hat sie den einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM), aber nicht die an Privatpatienten orientierte Gebührenordnung herangezogen. Der Deutsche Apothekerverband habe in Anlehnung an die Ziffer 03120 (Beratung, Erörterung und/oder Abklärung) 1,73 Euro pro Minute gefordert. Der Schiedsspruch orientiere sich aber an der Ziffer 03230 (problemorientiertes ärztliches Gespräch). Dies ergebe 1,44 Euro pro Minute, einschließlich eines Gemeinkostenanteils. Dieser Betrag müsse wegen des unterschiedlichen Unternehmer- bzw. Arbeitslohns korrigiert werden. Der GKV-Spitzenverband habe dabei eine Orientierung am Gehalt eines angestellten Apothekers gefordert. Der Schiedsspruch orientiere sich hingegen am kalkulierten Arbeitslohn eines Krankenhausapothekers von etwa 90.000 Euro pro Jahr. Letztlich ergebe dies 1,17 Euro pro Minute, einschließlich anteiliger Gemeinkosten. Für PTA würden 60 Prozent davon angesetzt. Die Schiedsstelle hat damit offenbar einen Weg zwischen den Forderungen der Apotheker und der Krankenkassen gewählt. Dennoch wurden die Preise nicht im Konsens vereinbart. Für die sich abzeichnende Diskussion mit den Ärzten ist festzuhalten, dass die Beträge aus der Ärztehonorierung abgeleitet, dann aber mit einem deutlichen Abschlag versehen wurden.

Umgang mit gedeckelten Mitteln

Hinzu kommt die große Frage, inwieweit die genannten Honorare überhaupt ausgezahlt werden. Allen Beteiligten war von Anfang an bewusst, dass die Finanzmittel für die Dienstleistungen begrenzt sind. Denn sie speisen sich aus einem Zuschlag von 20 Cent auf jedes Rx-Fertigarzneimittel. Die Zahl der künftigen Dienstleistungen ist dagegen prinzipiell nach oben offen. Darum haben der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband ein Abrechnungsverfahren mit einem Anpassungsmechanismus vereinbart. Über diesen Mechanismus sind mittlerweile mehr Details bekannt. Er funktioniert so:

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Die Abrechnungsbelege werden über die Rechenzentren quartalsweise beim Nacht- und Notdienstfonds eingereicht. Dort werden die verfügbaren Mittel quartalsweise verteilt. Dies sind die Mittel aus den Zuschlägen auf Rx-Fertigarzneimittel aus dem betreffenden Quartal zuzüglich Überträge aus den Vorquartalen und abzüglich Verwaltungskosten. Aus den Zuschlägen auf Rx-Fertigarzneimittel sind ungefähr 2000 Euro pro Apotheke und Quartal zu erwarten. Wenn die vorhandenen Mittel ausreichen, um alle Dienstleistungen zu den vorgesehenen Preisen zu bezahlen, werden die Leistungen so vergütet. Möglicherweise verbleibt ein Rest für das Folgequartal.

Gesichertes Honorar bis 1.000 Euro

Schwieriger wird es, wenn das Geld nicht reicht. Dann greift zunächst eine 1.000-Euro-Grenze, die den Apotheken wichtige Planungssicherheit bietet. Rechnungsbeträge bis 1.000 Euro pro Apotheke und Quartal werden ohne Abschlag abgerechnet. Bis zu diesem Wert können Apotheken also Dienstleistungen erbringen, ohne irgendwelche Abschläge fürchten zu müssen.

Verteilung bei Beträgen über 1.000 Euro

Für Beträge über 1.000 Euro pro Apotheke und Quartal gilt ein Anpassungsmechanismus, der sich an Prioritäten für die verschiedenen Leistungen orientiert. Das verfügbare Geld wird zunächst für Leistungen der höchsten Priorität ausgezahlt. Der Rest wird für die nächste Prioritätsstufe verwendet. Reicht das Geld nicht für alle Leistungen einer Prioritätsstufe aus, werden die Zahlungsbeträge anteilig gekürzt. Diese Kürzung bezieht sich immer nur auf eine Prioritätsstufe. Weitere Prioritätsstufen gehen dann leer aus. Es kann also vorkommen, dass Leistungen überhaupt nicht vergütet werden. Die ABDA schreibt dazu auf ihrer Homepage, dass mit diesem Verfahren ein Anreiz gesetzt wird, vermehrt höher priorisierte Leistungen zu erbringen.

Die Schiedsstelle hatte über die Prioritäten für die Dienstleistungen zu entscheiden. Sie hat dafür drei Stufen gebildet:

  • ·       Stufe 1: Medikationsberatung und Pharmazeutische Betreuung
  • ·       Stufe 2: Inhalator-Schulung
  • ·       Stufe 3: Blutdruckmessung

Die Details zu den einzelnen Dienstleistungen – Leistung, Voraussetzung und Vorbereitung zur Erbringung der Dienstleistung, anspruchsberechtigte Versicherte, Vereinbarung über die Dienstleistung, praktische Durchführung der pharmazeutischen Dienstleistung, Honorierung und Abrechnung, Arbeitsmaterialien – stellt die ABDA Apotheker:innen im geschlossenen Mitgliederbereich zur Verfügung.

Zunächst sind noch Finanzmittel aus der Zeit seit dem 15. Dezember 2021 vorhanden und vermutlich werden nicht alle Apotheken gleichzeitig mit den Dienstleistungen beginnen. Die ersten Abrechnungsquartale werden daher wenig darüber aussagen, wie knapp die Mittel in späteren Quartalen werden. Langfristig erscheint fraglich, wie viel Geld insbesondere für die Blutdruckmessungen verfügbar sein wird. Doch nicht einmal das Honorar für die komplexen Leistungen ist sicher. Wenn „zu viele“ Leistungen erbracht werden, sind auch dort Kürzungen nötig. Sicher sind nur 1.000 Euro pro Apotheke und Quartal. Dies alles relativiert die Betrachtungen zu den festgelegten Honoraren. Es bleibt jedoch festzustellen, dass der vereinbarte Mechanismus gut mit der schwierigen Ausgangssituation umgeht. Begrenzte Mittel auf prinzipiell unbegrenzte Leistungen zu verteilen, ist eine große Herausforderung. Dabei konnte ein beachtliches Maß an Planungssicherheit erreicht werden.

Änderungen möglich

Da niemand vorhersehen kann, wie sich die Dienstleistungen entwickeln, haben die Vertragspartner einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch vereinbart. Bei neuen Erkenntnissen ist eine schnelle Anpassungsmöglichkeit vorgesehen. Dies kann die Änderung oder Streichung bereits festgelegter Dienstleistungen oder die Einführung neuer Leistungen betreffen.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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