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KBV-Brandbrief an Lauterbach
KVen wollen Bürgertests nicht mehr abrechnen und auszahlen
Mag der Bundesgesundheitsminister die neue Testverordnung auch verteidigen – bei den Leistungserbringern, vor allem den Apotheken und Ärzten, kommen die neuen Regeln gar nicht gut an. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung belässt es nicht bei Kritik, sie droht sogar: In einem Brandbrief an Karl Lauterbach erklären die KBV-Chefs, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen sich nicht mehr in der Lage sehen, die Abrechnungen zu prüfen und Auszahlungen vorzunehmen.
Seit dem gestrigen Donnerstag gelten neue Regeln für Bürgertests. Der Kreis der Anspruchsberechtigten hat sich dezimiert, im Blick hat man nun vor allem die vulnerablen Gruppen. Zugleich gibt es jetzt auch eine Gruppe von Menschen, die den Test auf Staatskosten nur noch mit Eigenbeteiligung in Höhe von 3 Euro bekommen. Auf die Testenden kommen damit neue Aufgaben zu: Sie müssen prüfen und dokumentieren, welcher Anspruchsgrund vorliegt und ob eine Eigenbeteiligung zu zahlen ist oder nicht. Insgesamt zehn verschiedene Fälle hält die Testverordnung bereit.
Aus der Apothekerschaft wurde bereits deutliche Kritik laut. Gestern erklärte auch der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes, Holger Seyfarth, dass viele Apotheken in Hessen das Testangebot eingestellt hätten. Eine Mehrheit habe dies bereits vor der neuen Verordnung getan, weil die Nachfrage in den vergangenen Monaten stark gesunken sei.
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Nun haben die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen und Stephan Hofmeister, einen Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geschrieben, der es in sich hat. Denn sie sind überzeugt: Die sehr kleinteiligen und detaillierten Anspruchsvoraussetzungen gehen völlig an der Realität des Testgeschehens vorbei und sind im Nachhinein nicht von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) überprüfbar. In ihrem Brief ziehen die KBV-Chefs daher folgenden Schluss: „Nach sehr sorgfältiger Prüfung der neuen TestV müssen wir Ihnen vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden, eklatanten Betrugsproblematik mitteilen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können“. Genau diese Aufgabe weist die Testverordnung den KVen jedoch zu.
Es habe sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass die Abrechnungsprüfung der KVen Betrugsfälle nicht verhindern könne. Nach der neuen Verordnung müssten nun zusätzlich detaillierte Anspruchsvoraussetzungen nachgewiesen werden, um Anspruch auf einen Bürgertest zu haben und diesen rechtskonform zu erbringen. „Die Prüfung all dieser neuen Vorgaben ist den Kassenärztlichen Vereinigungen erst recht nicht möglich“, heißt es in dem Brief weiter. Aufgrund der Erfahrung in der Vergangenheit könne man nicht darauf vertrauen, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt erbringen würden. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Teststellen alle Personen ausreichend über die neuen Anspruchsvoraussetzungen aufklärten und tatsächlich alle Nachweise und Selbsterklärungen prüften.
Im Ergebnis könnten die KVen nicht verantworten, „sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit sie nicht ansatzweise prüfen können“. Weiter heißt es in dem Brief: „Vor diesem Hintergrund und aufgrund der neuen, kleinteiligen Anspruchsvoraussetzungen und des damit vorhersehbaren Anstiegs von nicht überprüfbaren Falschabrechnungen sehen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen außer Stande, ab dem 30. Juni 2022 erbrachte Bürgertestungen nach § 4a TestV abzurechnen und die Vergütung auszuzahlen.“
Die KBV-Vorstände raten auch den Arztpraxen genau zu prüfen, ob sie weiterhin Bürgertestungen anbieten wollen. Sie seien dazu nicht verpflichtet.
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