CYP3A4 und CYP2C9

Nahrungsergänzungsmittel mit Piperin – Vorsicht Arzneimittelwechselwirkungen!

Stuttgart - 04.07.2022, 16:45 Uhr

15 mg Piperin pro Tag über drei Tage soll in einer Studie unter Midazolam-Therapie zu einer verlängerten Sedierung und einer erhöhten Zahl von Patient:innen mit Amnesie geführt haben. (s / Foto: NIKCOA / AdobeStock)

15 mg Piperin pro Tag über drei Tage soll in einer Studie unter Midazolam-Therapie zu einer verlängerten Sedierung und einer erhöhten Zahl von Patient:innen mit Amnesie geführt haben. (s / Foto: NIKCOA / AdobeStock)


Apotheker:innen wissen: Bei einer Medikationsanalyse müssen auch Nahrungsergänzungsmittel berücksichtigt werden. So können zweiwertige Kationen wie Calcium, Magnesium, Zink und Eisen die Resorption von Antibiotika oder Schilddrüsenhormonen stören. 2019 machte außerdem beispielsweise die AMK darauf aufmerksam, dass Biotin Laborwerte beeinflussen kann. Bei einer Konferenz des Bundesinstituts für Risikobewertung wurde jetzt auf Nahrungsergänzungsmittel aufmerksam gemacht, die Piperin (als Zusatzstoff) enthalten. Wo liegt das Problem?

Apotheker:innen dürfte Piperin vor allem als Inhaltsstoff von Pfeffer und als Zusatzstoff zu Nahrungsergänzungsmitteln, die Curcumin enthalten, ein Begriff sein. Denn erst Ende des vergangenen Jahres hatte sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritisch zu diesem Piperin-Zusatz geäußert. Der Grund: Weil Piperin die Bioverfügbarkeit von Curcumin erhöhen soll, befürchtet das BfR, dass die täglich akzeptable Aufnahmemenge überschritten werden könnte. 

Professor Jan Frank (Leiter des Fachgebiets für Biofunktionalität der Lebensmittel an der Universität Hohenheim in Stuttgart und wissenschaftlicher Berater für eine Firma, die mizellares Curcumin herstellt) erklärte im DAZ-Interview hingegen, dass er keine Daten kenne, die auf eine erhöhte Toxizität von Curcumin hinweisen, wenn dieses besser bioverfügbar ist. Auf dem Pharmacon Meran 2022 äußerte sich allerdings auch Professor Ulrike Holzgrabe (Lehrstuhlinhaberin für Pharmazeutische und Medizinische Chemie in Würzburg) öffentlich zum Thema Curcumin – sie meint: Curcumin sollte eigentlich gar nicht eingenommen werden, weil es sich um eine hochreaktive Substanz handle. Man solle sie nicht etwa durch Mizellen-Technologie verfügbarer machen.

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In der bisherigen Diskussion schien es also eher um Curcumin als um Piperin zu gehen. Allerdings hat das BfR vom 30. Juni bis 1. Juli eine Konferenz zum Thema „Super(?)foods and Supplements“ veranstaltet. Und am vergangenen Freitag ging es dabei im Vortrag von Dr. Karen Hirsch-Ernst (Fachgruppenleitung Ernährungsrisiken, Allergien und Neuartige Lebensmittel am BfR) speziell auch um Piperin – genauer gesagt, um die Wechselwirkung von Piperin mit Arzneimitteln. 

Welche Arzneimittel wechselwirken mit Piperin-NEM?

Denn wenn das Piperin – in hohen Dosierungen, wie es in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein kann – die Bioverfügbarkeit von Curcumin erhöht, liegt der Gedanke nicht fern, dass es dies auch für Arzneimittel tun könnte. Hirsch-Ernst präsentierte Studien, die zeigten, dass 

  • 20 mg Piperin pro Tag zu einer Erhöhung der Plasmaspiegel von Propranolol, Theyophyllin, Phenytoin, Carbamazepin, Nevirapin, Chlorzoxazon, Diclofenac und Fexofenadin führen können.
  • Für 50 mg Piperin pro Tag als Einzeldosis soll gezeigt worden sein, dass der Plasma-Spiegel von Rifamipicin erhöht wurde.
  • 15 mg Piperin pro Tag über drei Tage soll unter Midazolam zu einer verlängerten Sedierung und einer erhöhten Zahl von Patient:innen mit Amnesie geführt haben.

Enthalten Präparate aus der Apotheke Piperin?

Beispielsweise die Nahrungsergänzungsmittel-Marke „Pure Encapsulations“ wirbt mit dem Zusatz von Piperin – und das nicht nur bei Cucurmin. Piperin aus schwarzem Pfeffer verbirgt sich in diesem Fall hinter dem Markennamen „Bioperine“. Und Bioperine® ist zum Beispiel auch in „Eisen Complex“ von „Pure Encapsulations“ enthalten. Dort sollen 5 mg von Bioperine® (Schwarzer Pfeffer Extrakt, 95 Prozent Piperin) enthalten sein. In dem Curcumin-Präparat sind es nur 2,1 mg. Auch in „Chondro aktiv“ ist 1 mg Piperin enthalten. Damit kommt man mit einem einzelnen Präparat nicht in die Dosis-Bereiche der Wechselwirkungsstudien. Allerdings könnten ja auch mehrere Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf einmal eingenommen werden – nicht nur von „Pure Encapsulations“. 

Auch die Firma Allergosan wirbt bei einem Präparat mit dem Zusatz von Piperin (2,9 mg in „Meta-Care® Coenzym Q10“) oder auch in „Heilerde“ wird Piperin als „Bio-Enhancer“ beworben.

Schwangere sollten keine Piperin-NEM einnehmen

Dass Piperin rein theoretisch auch ohne Wechselwirkungen schädlich sein könnte, zeigen laut Hirsch-Ernst Tierstudien. Manche sollen gezeigt haben, dass Piperin die Spermatogenese stören kann (Dosisbereiche zwischen 5 bis 10 mg/kg KG pro Tag). Bei Frauen soll Piperin zudem embryotoxisch wirken. Deshalb sollten Schwangere gar kein isoliertes Piperin einnehmen. Für die restliche Bevölkerung empfiehlt das BfR nicht mehr als 2 mg auf einmal in einem NEM pro Tag einzunehmen. 

Bereits im Jahr 2017 hat sich übrigens ein Beitrag der „Pharmacy Times“ mit Piperin und dessen Wechselwirkungen mit Arzneimittel auseinandergesetzt. Dort finden sich in den Quellen auch zahlreiche der von Hirsch-Ernst genannten Studien. Daraus geht hervor, dass Piperin CYP3A4 und CYP2C9 inhibieren soll.


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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