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- Drei Fragen zu Vitamin B6
Vitamin B6 wird im Sportbereich als „Fitness- und Muskelaufbau-Vitamin“ beworben. Eine weitere Zielgruppe im Vitamin-B6-Marketing sind Frauen, vor allem Schwangere. Denn Vitamin B6 bzw. Pyridoxin soll gegen Schwangerschaftserbrechen und das prämenstruelle Syndrom (PMS) wirken. Was können Sie Ihren Kundinnen und Kunden in der Apotheke raten?
Vitamin B6 - das „Muskel-Vitamin“ für Sportler?
Unbestritten spielt Vitamin B6 als wichtiges Coenzym im Aminosäurenstoffwechsel und damit auch beim Muskelaufbau eine große Rolle. Kein Wunder also, dass Vitamin-B6-Präparate auf dem umsatzträchtigen und heiß umkämpften Nahrungsergänzungsmittel-Markt für Sportler gerne mit übertriebenen Werbeaussagen angepriesen und als unentbehrlich dargestellt werden. Da glaubt man schnell, ohne dieses „Fitness-Vitamin“ sei Krafttraining fast wirkungslos und nur hochdosiertes Vitamin B6 lasse zusammen mit Eiweißkonzentraten die Muskeln wachsen.
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Unabhängig von der Sportlerernährung galt lange Zeit für alle Bevölkerungsgruppen der tägliche, empfohlene Proteinverzehr als offizielle Richtschnur für die Höhe des Vitamin-B6-Bedarfs. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) verweist jedoch auf eine veränderte, aktualisierte Datenlage. Demnach ist bei einer üblichen Mischkost gegenwärtig nicht mehr davon auszugehen, dass der Vitamin-B6-Bedarf von der Menge der aufgenommenen Nahrungsproteine abhängt. Die aktuellen DGE-Referenzwerte für die Vitamin-B6-Zufuhr werden, so die DGE, inzwischen aus Bilanzstudien mit dem Biomarker Pyridoxal-5'-Phosphat (PLP) abgeleitet. PLP ist – ebenso wie das als PMP bezeichnete Pyridoxaminphosphat – die stoffwechselaktive Form von Pyridoxin bzw. Vitamin B6.
Laut DGE herrscht so gut wie kein Mangel an Vitamin B6. Auch Sportlerinnen und Sportler, die eine betont proteinreiche Kost zu sich nehmen, können ihren Vitamin-B6-Bedarf über eine ausgewogene Ernährung decken. Wenn aufgrund einer speziellen Ernährungssituation von Leistungssportlern eine Supplementierung von Pyridoxin für erforderlich gehalten wird, sollten die entsprechenden Präparate hinsichtlich ihrer Dosierung sorgfältig ausgesucht und vor allem kritisch bewertet werden. Denn in den Internet-Shops tummeln sich Produkte aus aller Welt, die so gut wie keine Kontrollen durchlaufen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat für Vitamin B6 eine auch bei längerfristiger Einnahme als sicher geltende Obergrenze (upper limit, UL) von 25 mg/d festgelegt. In den USA werden 100 mg/d für unbedenklich gehalten. Das zeigt: Es gibt keine allgemein anerkannten, international gültigen Richtwerte. Vielmehr unterliegen diese den Bewertungen von Behörden, die unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt für den Einsatz von Vitamin B6 in Nahrungsergänzungsmitteln eine Höchstmenge von nur 3,5 mg – unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch mit der Ernährung und durch angereicherte Lebensmittel zusätzlich Pyridoxin aufgenommen wird.
3.000 Prozent des Tagesbedarfs – wo liegen die Probleme?
Im Internet werden Vitamin-B6-Produkte zum Kauf angeboten, die bis zu 3.000 Prozent der Zufuhrempfehlungen enthalten. Man sollte in der Nährwerttabelle auf der Verpackung den in der EU vorgeschriebenen NRV-Wert (NRV = nutrient reference value) für die Tageszufuhr beachten bzw. die Angabe, um wieviel Prozent dieser Wert überschritten wird.
Auch wenn größere Mengen Vitamin B6 nicht akut giftig erscheinen, besteht bei langfristiger Aufnahme der Verdacht, dass es zu Nervenstörungen bzw. Neuropathien kommen kann. Beobachtet wurden: Probleme beim Gehen durch Muskelschwäche, eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht, Hautausschläge, unangenehmes Kribbeln in Händen oder Füßen, unsicheres Laufen, schmerzhafte Missempfindungen oder Taubheitsgefühle. Auch zeigen amerikanische Studien ein deutlich erhöhtes Lungenkrebsrisiko, wobei Raucher besonders stark betroffen waren.
Vitamin B6 gegen Schwangerschaftserbrechen?
Für den therapeutischen Einsatz von Vitamin B6 zum Beispiel bei Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft wird eine Dosis von dreimal täglich 10 bis 25 mg empfohlen. Ratgeber im Internet, aber auch die Verbraucherzentrale geben gerne die Verantwortung für die Beratung von Schwangeren ab und verweisen auf das Gespräch mit der Frauenärztin bzw. dem Frauenarzt. In der Apotheke sollten Sie Kompetenz zeigen, wenn eine Schwangere nach der Anwendung von Vitamin B6 fragt. Dabei können Sie zur Unterstützung die Aussagen der Datenbank Embryotox heranziehen. Diese stuft den Erfahrungsumfang mit Pyridoxin in der Schwangerschaft als „hoch“ ein und sagt:
„Pyridoxin wurde bzw. wird im ersten Trimenon zusammen mit Doxylamin in den USA bzw. Kanada sehr häufig bei Hyperemesis gravidarum eingesetzt. Hinweise auf eine teratogene Wirkung des Pyridoxins bestehen nicht.“
Für das zweite und dritte Trimenon sowie perinatal heißt es: „Hinweise auf eine fetotoxische Wirkung haben sich bei üblicher Dosierung nicht ergeben.“
Dennoch sollten Schwangere laut Empfehlung von Embryotox Vitamin B6 nur ausnahmsweise substituieren. Und zwar bei tuberkulostatischer Behandlung mit Isoniazid oder bei der Therapie eines Morbus Wilson mit D-Penicillamin. Bei der Therapieindikation neuropathische Schmerzen oder bei Resorptionsstörungen sprechen derzeitige Erkenntnisse laut Embroytox nicht gegen eine Behandlung. Eine Dosis von 80 mg pro Tag sollte jedoch dauerhaft nicht überschritten werden.
Auch für die Stillzeit liegen laut Embryotox keine Hinweise auf unerwünschte Wirkungen für das Kind vor. Bei einer notwendigen Substitution von Vitamin B6 kann also unbedenklich gestillt werden. Sehr hohe Dosen von Pyridoxin sollen die Milchproduktion hemmen. Bei einer Dosierung von bis zu 20 mg proTag ist jedoch keine negative Wirkung auf die Milchbildung zu befürchten.
Um noch einmal die Dosierung in Höhe von 10 bis 25 mg anzusprechen: Hier ist es wichtig zu verstehen, dass die therapeutische Anwendung immer nur für einen kurzen Zeitraum gilt, während die von der EFSA bzw dem BfR empfohlenen Grenz- bzw. Höchstwerte sich auf eine dauerhafte Einnahme ohne therapeutischen Bezug beziehen.
Übrigens wird Pyridoxin auch zur Therapie des prämenstruellen Syndroms (PMS) beworben. Es gibt aktuell keine wissenschaftliche Empfehlung für eine derartige Therapie. Belegt ist jedoch, dass Vitamin B6 an der Bildung von Botenstoffen in den Nerven beteiligt ist und bestimmte Hormonaktivitäten beeinflusst. Deshalb erlaubt die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, unter anderem diese gesundheitsbezogenen Aussagen, die sich die Hersteller entsprechender Produkte zunutze machen dürfen: „Vitamin B6 trägt zur Regulierung der Hormontätigkeit bei“, „Vitamin B6 trägt zur normalen psychischen Funktion bei“, „Vitamin B6 trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei“.
Die empfohlene tägliche Aufnahme von Pyridoxin zur Anwendung gegen PMS-Beschwerden liegt bei 2 mg. Auch hier gilt wie bei der Produktpalette für Sportler: Viele der handelsüblichen Präparate sind relativ hochdosiert. Weisen Sie Ihre Kundinnen darauf hin, dass bei ausgewogener Ernährung ein Vitamin-B6-Mangel fast nicht vorkommt, dass aber exzessive Dosen des Vitamins eine periphere Neuropathie verursachen können.
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