Vitamine

Drei Fragen zu Vitamin K

Münchingen - 21.07.2022, 15:15 Uhr

Neugeborene verfügen noch über keinen ausreichenden Vitamin-K-Speicher. (Foto: cegli / AdobeStock)

Neugeborene verfügen noch über keinen ausreichenden Vitamin-K-Speicher. (Foto: cegli / AdobeStock)


Das K steht für „Koagulation“, denn es spielt unumstritten eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung. Babys werden direkt nach ihrer Geburt mit einer Vitamin-K-Dosis auf dieser Welt „begrüßt“ – warum eigentlich? Man könnte sich das K auch für „Knochen“ merken. Denn die Aussage „Vitamin K trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei“ ist für entsprechende Präparate erlaubt. 

Warum Vitamin K für Neugeborene? 

Alle Neugeborenen werden unmittelbar nach der Geburt vorsorglich mit 2 mg Vitamin K oral, alternativ auch i.m. oder i.v. versorgt. Es handelt sich dabei um die einzige gesicherte Indikation für die prophylaktische Gabe von Vitamin K an Gesunde. Zwei weitere Gaben von je 2 mg erfolgen bei der Vorsorgeuntersuchung U2 (3-10. Lebenstag) und U3 (4.-5. Lebenswoche). 

Der Grund: Neugeborene verfügen noch über keinen ausreichenden Vitamin-K-Speicher. Die Leber ist weitgehend unreif, die Darmflora befindet sich erst im Aufbau – das alles ist normal und physiologisch. Die prophylaktische Zufuhr von Vitamin K vermindert das Risiko für Neugeborene an Vitamin-K-Mangelblutungen (VKMB, Morbus haemorrhagicus neonatorum) zu erkranken. Folgen einer VKMB können lebensbedrohliche Gehirnblutungen sein, die bei etwa vier bis sechs von 1.000 Kindern auftreten, aber durch die Vitamin-K-Prophylaxe nachweislich verhindert werden können.

Ist eine Marcumar-Diät noch zeitgemäß? 

Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (Marcumar) und Warfarin sind wichtige Arzneimittel zur Blutverdünnung bei der Prophylaxe und Therapie thromboembolischer Erkrankungen. Vitamin K wird therapeutisch bei einer Intoxikation mit Vitamin-K-Antagonisten eingesetzt. Patienten, die Vitamin-K-Antagonisten einnehmen, sollten logischerweise Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin K meiden. Lange Zeit galt auch die Empfehlung, auf Vitamin-K-reiches Gemüse (Brokkoli, Kohl, Hülsenfrüchte) zu verzichten. Man sprach von einer „Marcumar-Diät“. 

Wirkstoff-Lexikon

Marcumar (Phenprocoumon)

Heute sieht man eher die gesundheitlichen Vorteile einer gemüsereichen Ernährung. Kohl und Hülsenfrüchte gelten als wichtige Bestandteile einer vollwertigen Mischkost und punkten mit weiteren Vitaminen und den unverzichtbaren Ballaststoffen. Auch Marcumar-Patienten sollten davon profitieren. Empfehlenswert ist jedoch, die Ernährungsgewohnheiten unter einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten möglichst konstant zu halten. Also keine einseitige sehr strenge Gemüse- oder Salat-Diät einhalten – die könnte sich in der Tat auf den Vitamin-K-Stoffwechsel auswirken.

Weil viele ältere Menschen Vitamin-K-Antagonisten zur Thrombose-Prophylaxe verordnet bekommen, sollten industriell hergestellte Lebensmittel nicht mit Vitamin K angereichert werden. Dazu rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und empfiehlt als Höchstmenge in Nahrungsergänzungsmitteln 80 Mikrogramm K1 oder 25 Mikrogramm K2 je Tagesdosis. Je nach Lebensalter und Geschlecht beträgt der Tagesbedarf zwischen 15 und 80 Mikrogramm Vitamin K, wobei sich die Zufuhrempfehlungen nicht zwischen K1 und K2 unterscheiden.

Vitamin K für die Knochen? 

Vitamin K1 kommt natürlicherweise in vielen pflanzlichen Lebensmitteln vor, während Vitamin K2 bakteriell gebildet wird und vor allem in tierischen und fermentierten Lebensmitteln enthalten ist (Käse, Milchprodukte, Fleisch). Beide besitzen die gleiche chemische Grundstruktur, sind aber unterschiedlich substituiert. In Japan ist Vitamin K2 in einer Tagesdosierung von 45 mg als Arzneimittel zur Therapie der Osteoporose zugelassen. Aus europäischer Sicht gilt die Studienlage allerdings als inkonsistent. 

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hält eine Wirkung von Vitamin K2 auf die Knochendichte für wissenschaftlich nicht belegt. Unbestritten ist allerdings, dass Vitamin K eine Rolle im Knochenstoffwechsel spielt. Das für die Knochenmineralisation notwendige Peptidhormon Osteocalcin wird durch Vitamin K reguliert und in eine funktionell wirksame Form überführt. Dabei wird das Osteocalcin in einer enzymatischen Reaktion, bei der Vitamin K als Kofaktor dient, carboxyliert, bevor es im Knochen aktiv Calcium binden kann. Die EFSA erlaubt daher die gesundheitsbezogene Aussage „Vitamin K trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei“. Nicht zulässig ist eine Aussage, wonach Vitamin K oder speziell Vitamin K2 vor Osteoporose schützen.


Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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