Kein Pflichtfeld

Gematik: E-Rezepte ohne Dosierangabe sind doch möglich

Berlin - 22.07.2022, 07:00 Uhr

Anders als die Gematik bisher verlauten ließ, ist es doch möglich, E-Rezepte ohne Dosierangaben in den Fachdienst zu laden. (s / Bild: DAZ/KBV/privat)

Anders als die Gematik bisher verlauten ließ, ist es doch möglich, E-Rezepte ohne Dosierangaben in den Fachdienst zu laden. (s / Bild: DAZ/KBV/privat)


Bisher hatte die Gematik stets betont, Ärztinnen und Ärzte könnten keine E-Rezepte ohne Dosierangabe in den Fachdienst laden. Nun korrigiert sich die Gesellschaft auf erneute Nachfrage der DAZ: Wegen eines Schlupflochs in der AMVV ist die Dosierangabe demnach doch keine Pflicht.

Fehlende Dosierangaben auf dem Papierrezept sind einer der neuesten Lieblings-Retaxgründe mancher Krankenkassen. Aus Sicht des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) handelt es sich dabei allerdings um einen unbedeutenden Formfehler – der Verband geht nach eigenen Angaben sehr erfolgreich gegen solche Beanstandungen vor. Dennoch: Für die betroffenen Apotheken bedeuten sie Mehrarbeit und in einigen Fällen gar schlaflose Nächte für die Inhaberinnen und Inhaber – nämlich insbesondere dann, wenn Hochpreiser-Verordnungen auf Null retaxiert werden.

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Mit dem E-Rezept sollte alles besser werden, so das Versprechen der Gematik: Retaxationen wegen Formfehlern sollten mit Einführung der elektronischen Verordnungen weitgehend passé sein, denn in den Fachdienst könnten Ärztinnen und Ärzte nur korrekt ausgefüllte E-Rezepte laden. Auch auf konkrete Nachfragen der Redaktion hatte die Gesellschaft stets betont, E-Rezepte ohne Dosierangaben auszustellen, sei nicht möglich.

Gematik rudert zurück

Nun rudert die Gematik jedoch zurück: Auf erneutes Nachhaken der DAZ, wie es denn sein könne, dass mehrere Apotheker:innen der Redaktion über solch fehlerhafte Verordnungen berichteten, räumt die Gematik ein: „Die Software der Ärzte unterstützt beim korrekten Befüllen der Dosierungsanweisung. Die Angabe einer Dosieranweisung ist (nach AMVV) nicht in allen Situationen notwendig, sodass dieses Feld nicht als Pflichtfeld überprüft wird.“

Die DAZ bat zudem eine Praxis, den ultimativen Test zu machen – und tatsächlich liegt der Redaktion nun ein E-Rezept ohne Dosierangabe vor. Auch das Kürzel „Dj“ ist nicht vermerkt. Welches Schlupfloch bietet die AMVV?

Nach § 2  Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 AMVV gilt:


(1) Die Verschreibung muss enthalten:
(…)
7. 
die Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird (…)“

§ 2 Absatz 1 Nummer 7 AMVV 


Eine Dosierangabe ist demnach Pflicht, es sei denn, der oder die Verordnende händigt dem Patienten oder der Patientin eine schriftliche Dosieranweisung aus. Diese kann auch in einen Medikationsplan integriert sein. Dann allerdings muss die Ärztin oder der Arzt dies auf dem Rezept kenntlich machen – dafür kann das Kürzel „Dj“ genutzt werden.

Es gibt allerdings eine in der AMVV genannte Ausnahme von dieser Regel: Sie greift, wenn das Arzneimittel direkt an die verschreibende Person abgegeben wird. Dann kann auf die Dosierung auf dem Rezept verzichtet werden. Die Folge ist also, dass die Gematik diese Angabe nicht als Pflichtfeld hinterlegt hat – ein Ärgernis für die Apotheken, denen bekanntermaßen bei fehlender Dosierangabe Retaxationen vonseiten der Krankenkassen drohen.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

p.s.

von Michael Weigand am 22.07.2022 um 15:41 Uhr

Vorschlag meinerseits...die Krankenkassen dürfen ab sofort keine Formfehler mehr retaxieren, die die Gematik nicht händeln kann. Wenn der Staat (Mehrheitsbesitzer der Gematik) nicht in der Lage ist Formfehler zubeseitgen, dann kann dies nicht die Aufgabe der Apotheke sein (egal ob digital oder Papierrezept)...eigentlich sollten alle Formfehlerretaxen von den üppigen Gematikgehältern bezahlt werden (wenns der Staat zahlen würde, zahle ich ja auch)

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schöne neue Welt...

von Michael Weigand am 22.07.2022 um 15:10 Uhr

Für alle die hier sehnsüchtig aufs eRezept und die ach so großen Vorteile warten. Weder die Hardware/Software der Softwarehäuser läuft ansatzweise stabil noch die gematik selbst auch nur annährend allein diese Woche war die Gematik wiedeholt nicht erreichbar. Man darf ja dann "offiziell" nicht beliefern. Schön wenn...
1. Die Software hakt...man darf nicht beliefern
2. Die Hardware klemmt...man darf nicht beliefern
3. Die Gematik meehrfach nicht erreichbar ist (leztes Mal heute vormittag)...man darf nicht beliefern...

Könnte die Gematik nicht einfach klar sagen, dass die Kunden einfach beim Versand bestellen sollen, weil das wird die Konsequenz sein, wenn der Kunde seine Rzepte nicht einlösen kann, weil dies und das klemmt...

gut, dass die Softwarehäuser dann noch Scheinlösungen anbieten mit 2000 Einmalkosten und monatlichen "Supportkosten" von 50,- (ist jemandem mal aufgefallen, dass 50,- Euro neuerdings die Standardeinheit beim Apothekenschröpfen sind....unter der Summe gibts nix...)

Wieso behebt die Gematik nicht erstmal solche groben Fehler wie "DJ" oder sind sie dazu nicht kompetent genug...sprich unfähig. WEnn hier schon wieder Retaxfallen von staatlicher Seite gebaut werden, dann ist das Vorsatz...

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