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Peptidsynthese
Forschung: Peptide transportieren Wirkstoffe in lebenden Zellen zielgenau
Forscher aus Bayreuth und Bristol haben ein System entwickelt, mit dem sich unter anderem Wirkstoffe in lebenden Säugetierzellen in Kultur zielgenau an spezifische Orte innerhalb der Zelle bringen lassen. Das eröffnet neue Forschungsmöglichkeiten auch in der Pharmazie.
Ein zielgenauer Transport von Wirkstoffen an einen gewünschten Wirkort innerhalb der Zelle – besonders bei vielen empfindlichen Wirkstoffen ist das sicherlich ein Wunschtraum. Wissenschaftler aus Bayreuth und Bristol haben nun einen Weg gefunden, zumindest für die Forschung in Zellkulturen mit Säugetierzellen genau das zu bewerkstelligen.
Das System der Biochemiker um Professorin Birte Höcker, Leiterin der Arbeitsgruppe für Proteindesign an der Universität Bayreuth, und Professor Derek Woolfson, Direktor des Bristol BioDesign Institute an der Universität von Bristol, besteht aus zwei Komponenten. Die eine ist ein kleines Protein, ein Peptid mit weniger als 30 Aminosäuren. Es weist einen hohen Anteil der Aminosäure Arginin auf und ist damit sehr basisch. Es ist so konzipiert, dass es zum einen mit verschiedenen Wirkstoffen oder Farbstoffmolekülen gekoppelt werden kann und auf der anderen Seite leicht ins Zellinnere transportiert wird.
Im Inneren der Zelle interagiert das Transportpeptid dann mit einem Partnerpeptid, das sehr sauer konstruiert ist. Die beiden Peptide fungieren dann wie Schloss und Schlüssel. Das saure Peptid lässt sich gezielt an verschiedenen Orten in der Zelle platzieren, indem es mit anderen Molekülen gekoppelt wird. Um allerdings innerhalb der Zelle konkrete Zielstrukturen mit dem sauren Partnerpeptid markieren zu können, bedarf es der genetischen Manipulation der Zelle, damit das Peptid dort exprimiert wird. „Da liegen somit die Grenzen des Systems“, sagt Höcker. Das nun beschriebene System funktioniert nur im Labor in Zellkultur, jedoch nicht in einem lebenden Organismus, den man nicht genetisch manipulieren könne und der somit das Partner-Peptid nicht exprimieren könne, sagt Höcker.
Wirk- oder Farbstoff zielgenau in Zellen schleusen
Für die Forschung allerdings eröffnet das Möglichkeiten, sich bei der Erforschung etwa von Wirkmechanismen nicht darauf verlassen zu müssen, dass Wirkstoffe in die Zelle per Endozytose gelangen und eventuell nur zufällig am gewünschten Zielort ankommen. Auch die Markierung von Strukturen mit Farbstoffmolekülen ist so möglich.
Die Peptide, die die Forscher für ihr System verwenden, sind de-novo per computergestütztem Proteindesign entstanden. „Unsere Untersuchungen zeigen beispielhaft, wie das computergestützte Design von Peptiden und Proteinen, die anschließende Synthese und Charakterisierung im Labor sowie die Erprobung in lebenden Zellen ineinandergreifen können, wenn innovative Lösungen für biochemische oder biomedizinische Fragen gesucht werden“, erklärt Höcker.
„Das Anwendungsspektrum ist sehr breit, da die Peptide an andere Proteine oder Moleküle gekoppelt werden können. Somit lässt sich das System sehr divers für Studien einsetzen“, sagt die Biochemikerin. Das neue Peptidsystem mache deutlich, dass das de-novo-Design ein vielversprechender Forschungsansatz bei der Suche nach Verfahren sei, die es ermöglichen, Wirkstoff- oder Farbstoffmoleküle zielgenau und schonend in die Zellen von Säugetieren einzuschleusen, sagt Guto Rhys, Postdoc am Lehrstuhl für Proteindesign und einer der drei Erstautoren, der Veröffentlichung, die jetzt im Fachmagazin Natural Chemical Biology erschienen ist.
„Rational Design“ auf Basis aktueller Erkenntnisse
Als „Rational Design“ bezeichnen die Forscher dabei ihren Forschungsansatz, gezielt auf Basis aktueller Erkenntnisse aus der Proteinforschung, Proteine und Peptide zu erschaffen. Dabei nutzen sie auch die Fortschritte im Computerdesign sowie im Maschinenlernen und bei der Künstlichen Intelligenz.
Die neu entwickelten Peptide basierten hier ursprünglich auf sogenannten coiled coils-Peptiden, die die Form einer gewickelten Spule aufweisen. Die Basisdaten dazu stammten aus einer Strukturdatenbank. Die Forscher entwarfen die Peptide am Computer, synthetisierten sie im Labor und charakterisierten sie mit biophysikalischen Methoden sowie Röntgenkristallographie. „Wir haben das Peptidsystem in vitro – also in der Kürette – charakterisiert und in vivo – in Zellkultur – getestet“, sagt Höcker.
Auch wenn das System so rein für die Forschung im Labor nützlich ist, ließe sich wohl grundsätzlich darauf eventuell auch für den Ansatz in lebenden Organismen aufbauen. „Natürlich könnte man versuchen, neue Peptide zu designen und zu synthetisieren, die an bereits vorhandene spezifische Proteinbereiche im Zellinneren andocken“, sagt Höcker.
Somit eröffnet das System nicht nur neue Forschungs- und Diagnosemöglichkeiten, sondern könnte unter Umständen auch Basis eines zukünftigen Ansatzes für einen gezielten Wirkstofftransport auch innerhalb von Zellen in vivo sein.
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