DAT-Anträge

Kammern und Verbände wollen das Ende der Präqualifizierung

Berlin - 27.07.2022, 10:45 Uhr

Schluss mit dem bürokratischen Irrsinn: Kammern und Verbände rechnen in einem DAT-Antrag mit der Präqualifizierung ab. (a / Foto: nmann77 / AdobeStock)

Schluss mit dem bürokratischen Irrsinn: Kammern und Verbände rechnen in einem DAT-Antrag mit der Präqualifizierung ab. (a / Foto: nmann77 / AdobeStock)


Die Präqualifizierung zählt bekanntermaßen zu einem der größten Ärgernisse in den Apotheken. Jetzt hat die Apothekerschaft offenbar genug: Hinter einem DAT-Antrag zur Abschaffung der Präqualifizierung hat sich ein breites Bündnis aus Kammern und Verbänden versammelt – andere wollen den damit verbundenen Aufwand auf ein „sinnvolles Maß“ begrenzen.

Während die Krankenkassen der Meinung sind, die Präqualifizierung sei eine Notwendigkeit, um die Qualität in der Hilfsmittelversorgung zu sichern, wird aus der Apothekerschaft die Forderung immer lauter, die Offizinen aus diesen Mühlen auszunehmen. „Für die Apotheken ist die Präqualifizierung so, wie sie derzeit umgesetzt wird, schlichtweg ungeeignet und überflüssig“, sagte kürzlich der Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, Kai Christiansen, im DAZ-Interview. „Unsere Betriebe sind derart strengen Regeln unterworfen, deren Einhaltung regelmäßig überprüft wird, dass die Anforderungen bei der Präqualifizierung keine Zugewinne bei der Qualität bringen.“

Diese Haltung teilen offenbar auch andere Standesvertreter:innen: In einem Antrag zum Deutschen Apothekertag 2022 machen sich die Kammern aus dem Saarland, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Westfalen-Lippe und Nordrhein dafür stark, dem bürokratischen Irrsinn ein Ende zu setzen. Auch die Verbände aus Westfalen-Lippe und Nordrhein zählen zu den Initiatoren.


Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber/Verordnungsgeber und die gesetzlichen Krankenkassen auf, das Präqualifizierungserfordernis von Apotheken für die Abgabe von Hilfsmitteln abzuschaffen.“

Antrag der Apothekerkammern Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Westfalen-Lippe, Nordrhein und des Saarlands sowie der Apothekerverbände Westfalen-Lippe und Nordrhein zum DAT 2022


Seit Anfang 2011 müssen sich Apotheken, die sich an Hilfsmittelverträgen beteiligen, zunächst präqualifizieren, heißt es in dem Antrag. Doch statt mehr Qualität zu schaffen, gefährde das Verfahren inzwischen die Versorgung der Menschen mit Hilfsmitteln. Denn: „Immer mehr Apotheken scheuen den Aufwand der Präqualifizierung und verzichten auf die Abgabe von Hilfsmitteln. Dies gefährdet die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten, vor allem im ländlichen Raum.“

Apotheken sind ausreichend überwacht

Ziel der Präqualifizierung sei es, sicherzustellen, dass die Leistungserbringer zur ordnungsgemäßen und fachgerechten Ausführung ihres Berufs befähigt sind und die räumlichen und sachlichen Voraussetzungen dafür erfüllen. „Dies mag für die leistungserbringenden Personen, die keiner behördlichen Überwachung unterliegen, zutreffend sein. Apotheken unterliegen aber demgegenüber der staatlichen Überwachung und müssen per Gesetz die in der Apothekenbetriebsordnung geforderten Voraussetzungen erfüllen“, meinen die ABDA-Mitgliedsorganisationen.

Mit der Erteilung der Apothekenbetriebserlaubnis sei bereits sichergestellt, dass jede Apotheke die Voraussetzung für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung von Hilfsmitteln erfüllt. Zudem erwerben Apotheker:innen demnach schon im Studium die nötigen Kenntnisse zu Hilfsmitteln und deren Anwendung.

„Im Rahmen der staatlich regulierten regelmäßigen Apothekenüberwachung sowie der Vorgaben zur Erteilung einer Apothekenbetriebserlaubnis unterliegen Apotheken bereits einer Kontrolle, die durch die Vorgaben einer Präqualifizierung zu doppeltem bürokratischen Aufwand führt“, so die Auffassung der Antragstellenden. „Anstelle aufwändiger Nachweisverfahren sollte die Erlaubnis zum Betreiben einer Apotheke als Grundlage für die Versorgung mit in der Apotheke relevanten Hilfsmitteln ausreichend sein.“

Was, wenn die Abschaffung nicht gelingt?

Der Berliner Apotheker-Verein sowie Kammer und Verband Baden-Württemberg machen sich darüber hinaus Gedanken, was passieren soll, falls es nicht gelingen sollte, die Präqualifizierung vollständig abzuschaffen. In einem separaten Antrag schlagen sie vor, dann eine gesetzliche Regelung zu schaffen, dass Apotheken sich nur dann präqualifizieren müssen, wenn sie bei der Hilfsmittelversorgung handwerklich tätig werden.


Für den Fall, dass eine vollständige Abschaffung der Präqualifizierung nicht erreicht wird, fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, gesetzlich festzuschreiben, dass Apotheken für die Versorgung Versicherter gesetzlicher Krankenkassen mit apothekenüblichen Hilfsmitteln, für die keine handwerkliche Zurichtung erforderlich ist, ohne Präqualifizierungszertifikat die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Versorgung erfüllen und dass die Präqualifizierung für die Versorgung mit apothekenüblichen Hilfsmitteln im Rahmen der Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung an die Räume und Ausstattung automatisch als erfüllt gilt.“

Antrag des BAV sowie der LAK und des LAV Baden-Württemberg zum DAT 2022


„Gerade die Belieferung der Patientinnen und Patienten in der Fläche mit apothekenüblichen Hilfsmitteln kann nur durch die Apotheken zeitnah, preisgünstig und unbürokratisch erfolgen“, halten sie in ihrem Antrag fest. Apotheken nähmen zudem über den gewährleisteten Standard bei der räumlichen und sachlichen Ausstattung nach Apothekenbetriebsordnung sowie aufgrund der beruflichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Sonderstellung innerhalb der Gruppe der Hilfsmittel-Leistungserbringer ein. „Zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung der versicherten Personen mit apothekenüblichen Hilfsmitteln, die in der Regel keiner handwerklichen Herstellung oder Anpassung in der Apotheke bedürfen, sondern vom herstellenden Unternehmen fertig konfektioniert geliefert werden, ist daher gesetzlich festzuschreiben, dass Inhaberinnen und Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Versorgung mit diesen Hilfsmitteln auch ohne durchlaufenes Präqualifizierungsverfahren grundsätzlich erfüllen.“

Derzeit liegen die Anträge in der Vorabfassung vor. Am kommenden Donnerstag, den 28. Juli 2022, wird sich zunächst noch der ABDA-Gesamtvorstand mit dem Paket befassen – erst dann steht das Antragsheft fest.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

richtig so

von Karl Friedrich Müller am 27.07.2022 um 15:38 Uhr

und durchsetzen.
Die GKV will der Oberkontrolleur der Apotheken werden. Das ist überhaupt nicht akzeptierbar oder tolerabel. Die haben da einen Fuß in der Tür, der uns schadet und uns in der Berufsausübung hindert. Wenn sogar das QMS nicht mal akzeptiert wird!!!!
Kontrolle der Apotheken ist nicht die Aufgabe der Kassen.

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