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Botendienst, standardisierte Lager und Dauermedikation ohne Rezept: Beim Deutschen Apothekertag wird wohl auch das Thema Notdienst intensiv diskutiert werden. Die DAZ hat sich die wichtigsten Anträge dazu angeschaut.
Mitte September trifft sich das Apothekerparlament beim Deutschen Apothekertag (DAT) in München, um die Weichen für die Zukunft des Berufsstands zu stellen. Ein Thema, das in diesem Jahr auf der Agenda steht, ist der Notdienst: Was muss sich ändern, um die Versorgung der Menschen mit Arzneimitteln auch außerhalb der gewohnten Öffnungszeiten zu erhalten und womöglich zu verbessern?
Über einen Antrag dazu hat die DAZ bereits berichtet: Die Apothekerkammern Hamburg und Rheinland-Pfalz sorgen sich mit Blick auf die zunehmende Zahl obszöner Anrufe um die Sicherheit der Approbierten im Notdienst. Sie fordern den Gesetzgeber auf, für den Schutz der diensthabenden Apothekerinnen und Apotheker einzustehen und auch telefonische Belästigung unter Strafe zu stellen.
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Doch das vorläufige Antragspaket gibt noch deutlich mehr her: So geht etwa der Geschäftsführende ABDA-Vorstand vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags der Ampel-Partner in die Offensive und schlägt die Einführung eines ärztlich verordneten Notfall-Botendienstes vor – gegen eine angemessene Vergütung wohlgemerkt.* Zudem zielt der Antrag darauf ab, die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft im Notdienst zu verbessern.
Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert den Gesetzgeber auf, die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen ärztlich verordneten Notfallbotendienst durch die öffentliche Apotheke für die Versorgung von Patienten, die die Apotheke nicht aufsuchen können und einen Arzneimittelbezug auch nicht durch Angehörige, etc. organisieren können, zu schaffen. Eine angemessene Vergütung ist vorzusehen. Darüber hinaus sollte die Abstimmung zwischen apothekerlichem und ärztlichem Notdienst weiter verbessert werden, um die Arzneimittelversorgung der Patienten im Notdienst bestmöglich sicherzustellen. Erforderlichenfalls sollten die Ärzte durch rechtliche Regelungen eingebunden werden.“
Nach dem Willen der Ampel soll die Notfallversorgung hierzulande stellenweise neu organisiert werden – insbesondere die Idee integrierter Notfallzentren hat es SPD, Grünen und FDP angetan. Aus Sicht des ABDA-Vorstands besteht jedoch zumindest im Apothekensektor kein Handlungsbedarf. „Das System der Notfallversorgung weist – jedenfalls soweit es die Arzneimittelversorgung durch Apotheken angeht – keinen Reformbedarf auf“, schreibt er in seinem Antrag. „Die apothekenrechtlichen Regelungen stellen eine flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sowohl in Ballungszentren als auch in ländlichen Regionen rund um die Uhr sicher.“
Ein erheblicher Anteil der Patientinnen und Patienten, die einen Notfallbedarf an Arzneimitteln haben, könne durch Apotheken versorgt werden, ohne dass zuvor ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. „Den apothekerlichen Nacht- und Notdienst an Orten zu konzentrieren, an denen Arztpraxen ansässig sind, würde den Bedarf dieser Patientengruppe daher nicht angemessen berücksichtigen“, warnt der Vorstand.
Ein darüber hinaus bestehender etwaiger Arzneimittelbedarf, der keinen Aufschub bis zu den regulären Öffnungszeiten der Apotheke erlaubt, könnte durch die Ausstellung ärztlicher Verschreibungen zur Belieferung in der notdiensthabenden Apotheke nach Wahl des Patienten gedeckt werden. „Sofern Patienten das Aufsuchen einer Apotheke im Notfall nicht möglich ist und nicht durch sie organisiert werden kann, kann ein ärztlich verordneter und angemessen vergüteter Notfallbotendienst der Apotheke die Sicherstellung der Patienten gewährleisten“, schlägt der ABDA-Vorstand vor. Dabei sei sicherzustellen, dass eine solche Verordnung durch die Ärztin oder den Arzt „ausschließlich ausgestellt wird, sofern dies aus medizinischen Gründen unerlässlich ist; eine Ausstellung aus Gründen der Convenience muss ausgeschlossen bleiben“.
Absage an das Dispensierrecht
Dabei müsse bei der apothekenrechtlichen Ausgestaltung dem Grundsatz Rechnung getragen werden, dass auch im Nacht- und Notdienst eine grundsätzliche Anwesenheitspflicht des oder der diensthabenden Approbierten in der Apotheke unerlässlich ist. „Insofern ist – beschränkt auf diesen Ausnahmefall – die Beauftragung Dritter, die nicht zum Personal der Apotheke gehören, nach Maßgabe der personellen Möglichkeiten der Apotheke zu ermöglichen. Für ein ärztliches Dispensierrecht im Nacht- und Notdienst besteht kein Erfordernis.“
Darüber hinaus böten die Apotheken der Ärzteschaft an, die hierfür erforderliche Kooperation zwischen ärztlichem und apothekerlichen Notdienst weiter zu verbessern. „Neben der Abstimmung bei der Dienstbereitschaftseinteilung kann dies auch die Zurverfügungstellung von Wirkstofflisten zum Gegenstand haben, die Grundlage für die ärztliche Verordnung im Nacht- und Notdienst sein können. Um die ärztliche Therapiefreiheit nicht einzuschränken, wird angeregt, dass die Ärzte bei einem beabsichtigten Abweichen von der Wirkstoffliste vor der Verordnung obligatorisch Kontakt mit der vom Patienten ausgewählten dienstbereiten Apotheke aufnehmen.“
Lagerhaltung vereinheitlichen
In einem weiteren Antrag, den eine Gruppe um die Chefin des Berliner Apotheker-Vereins, Anke Rüdinger, eingereicht hat, geht es darum, die Lagerhaltung der Apotheken im Notdienst zu optimieren.
Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker befürwortet die Erarbeitung einer Leitlinie der Bundesapothekerkammer, in der verbindliche Empfehlungen für die Lagerhaltung der Apotheken in Nacht- und Notdiensten gegeben werden.“
„In regelmäßig angestoßenen, zum Teil öffentlich geführten Diskussionen wird die vermeintlich uneinheitliche Bevorratung der Apotheken zur Begründung von Forderungen nach ergänzenden Versorgungsmodellen herangezogen“, schreiben die Apotheker:innen in ihrem Antrag. Um dieser hypothetischen Problematik zu begegnen, regen sie eine Standardisierung der Lagerhaltung in Nacht- und Notdiensten an. Eine entsprechende Leitlinie, die die Bundesapothekerkammer ausarbeiten soll, könne den Ärztinnen und Ärzten „in den Zeiten des Nacht- und Notdienstes als Hilfestellung zur Verordnung von in jeder diensthabenden Apotheke verfügbaren Arzneimitteln dienen und versachlicht zugleich die Diskussionen zu diesem Thema. Darüber hinaus dient eine solche Maßnahme auch dem Patient:innen- und Verbraucherschutz, da auf diese Weise das bewährte Vier-Augen-Prinzip in der Arzneimittelversorgung auch zu Zeiten des Nacht- und Notdienstes vollumfänglich aufrechterhalten wird.“
Auch die Apothekerkammer Westfalen-Lippe bringt sich mit zwei Anträgen in die Notdienstthematik ein: Sie will deutlich mehr pharmazeutische Freiheiten als bisher für die Diensthabenden erreichen. Zum einen sollen Apothekerinnen und Apotheker verordnete Arzneimittel rechtssicher und ohne Retax-Gefahr austauschen dürfen, etwa was Packungsgröße, Wirkstärke und Darreichungsform betrifft. In äußerst dringenden Fällen soll demnach auch die Aut-simile-Substitution gestattet sein – Vorbild für den Vorstoß ist die aktuell noch geltende SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung.
Abgabe von Dauermedikation ohne ärztliche Verordnung
Zum anderen fordert die AKWL, dass Apotheken im Notdienst beziehungsweise generell außerhalb der Praxisöffnungszeiten in dringenden Fällen ihren chronisch kranken Patientinnen und Patienten Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung mitgeben dürfen, die sie dauerhaft einnehmen. Denn: „Eine Therapieunterbrechung durch zum Beispiel Nichteinnahme von notwendigen Herz- oder Blutdruckmedikamenten, weil die Notdienstpraxis aufgrund eines zu hohen Aufwands nicht aufgesucht wird, gefährdet die Gesundheit dieser Patient:innen“, konstatiert die Kammer. Dieses Ansinnen darf man wohl als Gegenvorschlag zu den ärztlichen Bestrebungen, für sie das Dispensierrecht im Notdienst einzuführen, verstehen.
Derzeit liegen die Anträge in der Vorabfassung vor. Am heutigen Donnerstag, den 28. Juli 2022, wird sich zunächst noch der ABDA-Gesamtvorstand mit dem Paket befassen – erst dann steht das Antragsheft fest.
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* Update (1. August 2022): Der Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands zum vergüteten Notfall-Botendienst hat es nicht in das finale Antragsheft geschafft.
8 Kommentare
Degerneration
von Dr. House am 31.07.2022 um 21:00 Uhr
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Notdienstbotendienst
von FJS am 30.07.2022 um 12:35 Uhr
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Notdienstgebühr
von Daniela Hänel am 30.07.2022 um 11:32 Uhr
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Notfallbotendienst
von Karl Friedrich Müller am 30.07.2022 um 10:25 Uhr
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Notdienst
von KM am 29.07.2022 um 12:44 Uhr
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Notdienstgebühr vergessen?
von Thomas Eper am 29.07.2022 um 9:16 Uhr
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Notdienst
von Dr. Thomas Richter am 29.07.2022 um 8:25 Uhr
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Botendienst im Notdienst
von Dr. Harald Paulsen am 28.07.2022 um 17:10 Uhr
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