Gut zu wissen: Herstellung von Ethanol 70 Prozent (V/V)
Ethanol 70 Prozent (V/V) wird auch als Spiritus dilutus bezeichnet. Zur Herstellung können 66,5 g Ethanol 96 Prozent (V/V) mit Gereinigtem Wasser zu 100,0 g verdünnt werden.
Der Prüfungszeitraum für den dritten Rezeptur-Ringversuch hat begonnen. Hergestellt und überprüft wird diesmal eine flüssige Darreichungsform mit Minoxidil zum Auftragen auf die Kopfhaut.
Am 1. August hat der Prüfzeitraum für den dritten Ringversuch des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) begonnen. Bis zum 1. November 2022 können sich Apotheken anmelden und ihr galenisches Können unter Beweis stellen.
Dieses Mal geht es um eine flüssige Darreichungsform mit Minoxidil. Ursprünglich wurde der Wirkstoff Minoxidil als Vasodilator zur Behandlung von Patienten mit Hypertonie verwendet. Mittlerweile kommt er hauptsächlich äußerlich als Haarwuchsmittel zum Einsatz. Bei topischer Anwendung kann Minoxidil bei erblich bedingtem Haarausfall, der sogenannten androgenetischen Alopezie, den Verlauf des Haarausfalls und das Ausdünnen der Kopfhaare verlangsamen. Gelegentlich kommt es auch zu vermehrtem Haarwuchs. Beim Absetzen des Arzneimittels geht der Effekt aber wieder verloren.
Minoxidil wird in therapeutischen Konzentrationen von 2 und 5 Prozent angewendet, die Löslichkeit in Wasser beträgt allerdings bei 20 °C nur 0,2 Prozent, also etwa 2 g/l. Zum Lösen in flüssigen Zubereitungen werden daher noch Alkohole wie Ethanol und Propylenglycol zugesetzt, darin ist die Löslichkeit des Wirkstoffs deutlich besser. In Ethanol beträgt die Löslichkeit etwa 29 g/l, in Propylenglycol etwa 35 g/l.
Interessanterweise löst sich Minoxidil in den einzelnen Flüssigkeiten schlechter als in einer Mischung aus Wasser, Ethanol und Propylenglycol. Bei der Herstellung flüssiger Minoxidil-Zubereitungen ist es daher nicht von Vorteil, die Substanz zunächst in reinem Alkohol aufzulösen.
Im Neuen Rezeptur-Formularium ist unter der Ziffer 11.121. eine geprüfte Rezepturvorschrift zu finden. Diese enthält neben dem Wirkstoff Minoxidil noch die Flüssigkeiten Ethanol, Propylenglycol und Gereinigtes Wasser.
Um Irritationen der Kopfhaut durch die austrocknende Wirkung der Alkohole vorzubeugen, wird zusätzlich das fettende Lipid Isopropylpalmitat hinzugefügt. Die lipophile Substanz wird durch den Hilfsstoff Macrogol-40-glycerolhydroxystearat solubilisiert (Erhöhung der Löslichkeit). Bei nicht standardisierten Rezepturen ergeben sich häufig Probleme mit der Löslichkeit, daher wird empfohlen, die NRF-Vorschrift herzustellen.
Minoxidil-Haarspiritus 2% / 5% (NRF 11.121.) | ||
---|---|---|
2% | 5% | |
Minoxidil | 2,0 g | 5,0 g |
Isopropylpalmitat | 1,0 g | 1,0 g |
Macrogol-40-glycerolhydroxystearat | 2,5 g | 2,5 g |
Propylenglycol | 7,5 g | 15,0 g |
Ethanol 70% (V/V) | zu 100,0 g | zu 100,0 g |
Bei einer ärztlichen Verordnung ohne Angabe der Konzentration ist Minoxidil-Haarspiritus 2 Prozent herzustellen. Dazu werden in einem mit Glasstab tarierten Becherglas der Wirkstoff zusammen mit Isopropylpalmitat, Macrogol-40-glycerolhydroxystearat, Propylenglycol und Ethanol 70 Prozent (V/V) gemischt.
Ethanol 70 Prozent (V/V) wird auch als Spiritus dilutus bezeichnet. Zur Herstellung können 66,5 g Ethanol 96 Prozent (V/V) mit Gereinigtem Wasser zu 100,0 g verdünnt werden.
Falls erforderlich, kann der Ansatz auf dem Wasserbad unter Rühren leicht erwärmt werden. 2-prozentige Lösungen lassen sich meist bei Raumtemperatur, 5-prozentige Lösungen erst bei Erwärmen lösen. Die warme Lösung muss nahezu farblos aussehen, ungelöste Rückstände dürfen nicht zu erkennen sein.
Nach dem Erkalten werden Verdunstungsverluste mit Ethanol 70 Prozent (V/V) ergänzt und die Flüssigkeit nochmals durchgerührt. Die fertige Zubereitung kann in eine Braunglasflasche mit Kolbenpipette und Steckeinsatz abgepackt werden.
Während der Herstellung und vor allem bei der Lagerung kann beim Minoxidil-Haarspiritus eine leichte Trübung auftreten. Meist ist dieser Effekt durch eine zu großzügige Einwaage der fettenden Substanz Isopropylpalmitat zurückzuführen. Dabei handelt es sich nicht um eine Ausfällung des Wirkstoffs. Daher sollte auch beim Abwiegen der Hilfsstoffe auf eine genaue Einwaage geachtet werden. Besonders im oberen Teil kann die Zubereitung durch eine Aufrahmung des Lipids trüb erscheinen. Nach dem Umschütteln sollte die Flüssigkeit wieder homogen aussehen.
Falls die fertige Zubereitung zu kalt aufbewahrt wird, kann es ebenfalls zu einer Trübung kommen. Beim Erwärmen auf Raumtemperatur sollte diese wieder verschwinden. Bei einer längeren Lagerung im Kühlschrank kann der Wirkstoff allerdings in großen Kristallen ausfallen, die dann nicht mehr ohne Weiteres in Lösung gebracht werden können. Die Aufbewahrung des Minoxidil-Haarspiritus darf daher nicht im Kühlschrank erfolgen.
Neben der üblichen Kennzeichnung der Zubereitung nach § 14 Apothekenbetriebsordnung ist die Bezeichnung und die Ziffer der hergestellten NRF-Vorschrift auf das Etikett zu schreiben. Wichtig ist auch die individuelle Gebrauchsanweisung des Arztes. Diese könnte folgendermaßen lauten: „Zweimal täglich 1 ml jeweils morgens und abends auf die betroffenen Stellen auf der Kopfhaut auftragen.“
Weiterhin sollten die Hinweise „Vor Gebrauch schütteln“ und „Nicht im Kühlschrank aufbewahren“ auf dem Etikett zu finden sein. Minoxidil gilt als lichtempfindlich, gelegentlich kommt es zu einer Gelb- oder Orangefärbung der Zubereitung, die wahrscheinlich durch Zersetzungsprodukte entsteht. Die Haltbarkeit der Zubereitung ist daher begrenzt: Die Aufbrauchfrist beträgt in der Glasflasche sechs Monate, die Laufzeit vor Anbruch ein Jahr.
Bei der Abgabe sollte der Kunde darauf hingewiesen werden, dass der Haarspiritus aufgrund seiner kardiovaskulären Wirkung vor Kindern geschützt aufbewahrt werden muss.
Im Jahr 2016 hat die Europäische Arzneimittelagentur über schwere allergische Reaktionen bei Minoxidil-Zubereitungen zur Anwendung auf der Kopfhaut informiert. Es kam daraufhin zur Aufnahme einer Warnung in der Produktinformation von Fertigarzneimitteln.
Bei Rezepturarzneimitteln sind die Kunden bei der Abgabe darüber zu informieren, dass sie bei Schwellungen des Gesichts, der Lippen oder des Rachens den Arzt aufsuchen sollen. Es könnte sich dabei um eine schwere allergische Reaktion handeln.
Aufgrund dieses Risikos hat die DAC/NRF-Kommission auch eine Konzentration von 5 Prozent Minoxidil in Zubereitungen als obere Richtkonzentration festgelegt.
Bei der hergestellten Zubereitung handelt es sich um ein typisches Lifestyle-Arzneimittel. Es dient also nicht zur Therapie einer Erkrankung, sondern es steht eine kosmetische Komponente im Vordergrund. Entsprechende Arzneimittel sind sowohl als Fertigarzneimittel als auch als Rezepturen von der Erstattung durch die Gesetzliche Krankenversicherung ausgenommen. Die Kosten trägt daher der Kunde.
2 Kommentare
überflüssig
von Karl Friedrich Müller am 04.08.2022 um 13:05 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: überflüssig
von Roland Mückschel am 04.08.2022 um 16:59 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.