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DAZ-Serie Arzneimittel in Schwangerschaft und Stillzeit
Die Schwangere in der Apotheke – Beratung unter besonderen Umständen
Die Beratung einer Schwangeren zu Arzneimitteln ist eine besondere Herausforderung im Apothekenalltag. Manche Probleme oder Erkrankungen, die zuvor schon bestanden haben, können sich durch die Schwangerschaft verschlimmern. Wieder andere treten erstmalig in diesem Zusammenhang auf. Aber Schwangere sind keine Kranken per se, eine Schwangerschaft ist immer ein physiologischer Zustand, mit all ihren Veränderungen.
Medizinisch berechnet wird eine Schwangerschaft vom ersten Tag der letzten Periode bis zur Geburt nach 40 Wochen und in erstes, zweites und drittes Trimester eingeteilt.
Der Zeitraum vom 0. bis 17. Tag post conceptionem wird als Blastenphase bezeichnet. Hier findet die Einnistung und die ersten Zellteilungsstadien statt. In dieser Phase gilt das Alles-oder-Nichts-Gesetz, dem folgend eine nun einwirkende Noxe den Embryoblasten entweder absterben oder unbeschadet überleben lässt. Die werdende Mutter bemerkt davon in aller Regel nichts.
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Anschließend folgt die Embryonalphase (18. bis 55. Tag oder 5. bis 10. Schwangerschaftswoche). In dieser Phase werden die Plazenta und die Organe angelegt und entwickelt. Die Organogenese ist sehr empfindlich, wobei jedes Organ eine oder auch mehrere empfindliche Phasen in seiner Entwicklung durchlaufen kann. Teratogene Einflüsse haben demnach ein begrenztes Zeitfenster, in dem sie zu Missbildungen führen können.
Die Zeit von der 11. Woche bis zur Geburt ist die Fetalphase, in der Wachstum und Ausdifferenzierung der Organe im Vordergrund stehen. Exogene Noxen können in dieser Zeit zwar keine Missbildungen mehr auslösen, aber es kann zu Differenzierungsstörungen, Wachstumsverzögerung, funktionellen Störungen oder Frühgeburt kommen.
Gegen Ende der Schwangerschaft sind Organe mit hoher Durchblutungs-, Stoffwechsel- und Proliferationsrate besonders empfindlich gegenüber dem Einfluss von Arzneistoffen. In jeder Phase der Schwangerschaft besteht ein gewisses Risiko für eine Schädigung durch exogene Noxen. Fast jeder Wirkstoff kommt in gewissem Ausmaß über die Plazenta beim Embryo bzw. Fetus an. Was für die Mutter therapeutisch ist, kann für den Embryo bzw. Fetus toxisch sein.
Schwangerschaft beeinflusst Wirksamkeit von Arzneistoffen
Gleichzeitig beeinflussen auch die physiologischen Veränderungen während der Schwangerschaft, die von Verdauungstrakt, Nierenbecken und Haut bis zum gesteigertem Blutvolumen reichen, die Wirksamkeit von Arzneistoffen. Teilweise werden sie nun in einer anderen Form verteilt, abgebaut oder ausgeschieden.
Es gilt der Leitsatz: Arzneimittel sollten in der Schwangerschaft nur nach strenger Indikationsstellung eingenommen und es sollte dabei auf die bestbekannten Wirkstoffe, die das geringste Risiko tragen, zurückgegriffen werden. Die Dosierung sollte so gering wie möglich gehalten werden.
Aber was genau ist eine strenge Indikationsstellung und bedeutet das, besser gar nichts einzunehmen, auch wenn es benötigt wird? Der Verzicht auf eine Arzneimittelbehandlung, die dringend angezeigt wäre, kann genauso ein Risiko für den Fetus darstellen, beispielsweise die Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Epilepsie, Bluthochdruck, Asthma bronchiale oder Stoffwechselerkrankungen.
Die Strenge der Indikationsstellung ist auch eine Frage des Leidensdrucks und kann von Person zu Person sehr unterschiedlich ausfallen. Ohne Grund für die Einnahme muss allerdings immer zum Wohle des Fetus entschieden werden.
Schwangere kompetent und feinfühlig beraten
Wichtig für die Beratung in der Apotheke ist es, den Leidensdruck der Schwangeren feinfühlig anzunehmen und ein offenes Ohr zu haben. Es sind besondere Umstände. Eine Schwangere ist mit einer ganzen Reihe an Dingen konfrontiert, die sie jetzt besser vermeiden oder bei denen sie besonders vorsichtig sein sollte. Teilweise sind diese Informationen verwirrend oder widersprüchlich, aber keine Schwangere will etwas falsch machen.
Für sie passiert jetzt so unglaublich viel, es ist eine neue Lebenssituation mit neuer Verantwortung. Das öffnet ein ganz neues Spektrum an Emotionen und Gedanken und macht empfindlicher. Manchmal kann das Vertrauen auf das eigene Bauchgefühl dabei etwas ins Wanken geraten.
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Genauso wichtig für die Beratung ist es daher auch, Skepsis gegenüber einem Arzneimittel zu akzeptieren, auch wenn sie vielleicht unbegründet ist. Die Entscheidung obliegt der Schwangeren. Aufgabe der Apotheke ist es, zu beraten und zu informieren, sodass eine Entscheidung getroffen werden kann.
Für das Vertrauen in die Apotheke ist nichts schlechter, als die Schwangere verunsichert wieder wegzuschicken, aus Sorge etwas falsch zu machen. Niemand kann immer alles wissen. Es ist keine Kompetenzschwäche, ein Arzneimittel im Zweifelsfall nachzuschlagen. Für die Kundin kann es sehr beruhigend sein, dies mit ihr gemeinsam am HV-Tisch zu machen. Zeigt es doch, dass man sich um sie bemüht und ihr Anliegen ernst nimmt.
Embryotox zur Einschätzung der Arzneimittelsicherheit
Die Aussagekraft von Beipackzettel oder Fachinformation ist dabei häufig begrenzt. Die Kontraindikation Schwangerschaft kann hier in einem Fall ein Hinweis auf ein ernst zu nehmendes embryo- oder fetotoxisches Risiko sein, im anderen Fall aber auch nur auf eine begrenzte Aussagekraft der Datenlage hindeuten.
In der Roten Liste gibt es eine Gruppeneinteilung zu Arzneimitteln in der Schwangerschaft, die hilfreich sein kann, jedoch gibt es teilweise von verschiedenen Herstellern leicht unterschiedliche Angaben zum gleichen Wirkstoff.
Eine gute Aussage lässt sich über Embryotox, den Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, treffen. Einerseits wird die Anwendungssicherheit des Arzneistoffs über ein Ampelsystem bewertet, andererseits wird auch der Erfahrungsumfang klassifiziert.
Sollte die Einschätzung auf Embryotox positiv sein, im Beipackzettel aber Schwangerschaft als Kontraindikation gelistet werden, so sollte dies in der Beratung möglichst erklärt werden, damit Verunsicherung und Misstrauen gar nicht erst aufkommen.
Gibt es keine Lösungsmöglichkeit für das Problem in der Apotheke, so kann vielleicht mit einer gezielten Weiterempfehlung an eine Hebamme, zur Osteopathie, Gynäkologie oder Klinik weitergeholfen werden.
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