Schwangerschaft und Nahrungsergänzung für Frauen

Welche Nährstoffe Schwangere supplementieren müssen und sollten

Berlin - 11.08.2022, 09:15 Uhr

Mit Folsäure und Iod haben viele Frauen ihr Soll an Nahrungsergänzungsmitteln – in oder kurz vor der Schwangerschaft – bereits erfüllt. (s / Foto: fotoduets / AdobeStock)

Mit Folsäure und Iod haben viele Frauen ihr Soll an Nahrungsergänzungsmitteln – in oder kurz vor der Schwangerschaft – bereits erfüllt. (s / Foto: fotoduets / AdobeStock)


Die Ernährung des Kindes beginnt nicht mit der Muttermilch oder gar der ersten Beikost. Sie beginnt ab dem Tag der Zeugung. Bereits vor der Schwangerschaft sollte deshalb neben einer ausgewogenen Ernährung auf die richtige Zufuhr einiger bestimmter Mikronährstoffe geachtet werden, die für das Wachstum und die Entwicklung des Ungeborenen besonders wichtig sind. Hier finden Sie die wichtigsten Punkte für die Beratung. 

In einer so sensiblen und wechselhaften Phase wie der Schwangerschaft können langjährige Ernährungsgewohnheiten und Vorlieben sehr plötzlich komplett auf den Kopf gestellt werden. Wer vorher leidenschaftlich Fisch und Fleisch genossen hat, könnte dagegen auf einmal eine starke Abneigung verspüren. Damit wichtige Mikronährstoffe während der Schwangerschaft nicht fehlen, sollte eine angehende Mutter ihren erhöhten Mikronährstoffbedarf bei gegebenenfalls nicht ausreichender Zufuhr über die Ernährung mit Supplementen ergänzen. 

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Außerdem gibt es spezielle Mikronährstoffe, die in jedem Fall und unabhängig von der Ernährungsform vor bzw. während der Schwangerschaft und Stillzeit supplementiert werden müssen.

Diese Supplemente sind ein Muss in der Schwangerschaft und Stillzeit

Folsäure ist an wichtigen Prozessen wie der DNA-Replikation, Proteinsynthese und Zellteilung beteiligt und somit für die embryonale und fetale Entwicklung von enormer Bedeutung. Ein Folsäuremangel während der Schwangerschaft kann im Kind zu schweren Fehlbildungen führen, wie dem „offenen Rücken“ (Spina bifida), der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und angeborenen Herzfehlern. Auch ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und eine Anämie der Mutter wurden mit einem Folsäuremangel in Verbindung gesetzt. Da sich diese Fehlentwicklungen bereits in den ersten vier Wochen der Schwangerschaft etablieren können, wird allen Frauen empfohlen, bereits mehrere Wochen vor Schwangerschaftsbeginn mit einer Folsäuresupplementierung sowie einer folatreichen Ernährung zu starten, sofern möglich, und diese bis zum Ende der Stillzeit fortzuführen. 

Folsäureempfehlungen laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Zeitpunkt der SupplementierungDosis
Start > 4 Wochen vor Konzeption und während der gesamten Schwangerschaft400 µg/Tag
Start < 4 Wochen vor oder nach Konzeption bis zur 12. SSW.800 µg/Tag
Stillzeit400 µg/Tag
Folatreiche Nahrungsmittel: Vollkorngetreide, grünes Gemüse, Hülsenfrüchte, Innereien

Nicht immer lässt sich eine Schwangerschaft genau planen und viele Frauen wissen in den ersten Wochen nicht, dass sie schwanger sind. In diesem Fall muss das Folsäurepräparat ab dem Zeitpunkt der positiven Schwangerschaftsdiagnose eingenommen werden und sollte in den ersten Wochen höher dosiert sein (siehe Tabelle).

Hinweis: Wer zu Beginn der Schwangerschaft einen Verdacht auf einen Folsäuremangel hat, kann dies ärztlich über einen Bluttest feststellen lassen. Sollte sich ein Mangel bestätigen, werden höherdosierte Folsäurepräparate verschrieben, bis der Mangel ausgeglichen ist.

Mit Iod ist der Großteil der deutschen Bevölkerung unterversorgt, da es über die Ernährung nicht in ausreichenden Mengen zugeführt wird. Deshalb wird Iod in Deutschland zu einigen Lebensmitteln, wie Salz, hinzugefügt. Für Schwangere reicht dies allein aber nicht aus, sie benötigen mehr Iod – einerseits aufgrund der erhöhten mütterlichen Produktion von Schilddrüsenhormonen, andererseits steigt der Iodbedarf für die Gehirnentwicklung des Fötus an. Frauen sollten daher zusätzlich 150 µg Iod am Tag supplementieren – für den Zeitraum vor und während der Schwangerschaft, sowie während des Stillens. Eine iodreiche Ernährung beinhaltet iodiertes Speisesalz, Milch und Milchprodukte sowie Meeresfisch. 

Für Frauen mit Schilddrüsenerkrankungen bestehen möglicherweise andere Mengenempfehlungen für Iod während der Schwangerschaft und Stillzeit. Diese sollten unbedingt bereits ab Kinderwunsch und vor der Schwangerschaft mit dem Arzt oder der Ärztin besprochen werden.

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Die folgenden Mikronährstoffe sollten laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in der Schwangerschaft nur dann zur eigenen Ernährung mittels Supplemente ergänzt werden, wenn eine ärztlich diagnostizierte Unterversorgung oder ein Mangel für diese Nährstoffe festgestellt wird. Die DGE empfiehlt dies ausgehend von einer ausgewogenen omnivoren Ernährung mit einer breiten Auswahl an tierischen und pflanzlichen Produkten. Die heutige Ernährung vieler Menschen sieht aus verschiedensten Gründen allerdings selten so aus, sondern schließt einige dieser Nahrungsmittel aus, was bei fehlender Supplementierung garantiert zu einer Unterversorgung bestimmter Nährstoffe während der Schwangerschaft führt. Nahrungsergänzungsmittel sollten trotzdem nicht wahllos eingenommen werden, sondern immer nach Bedarf auf Basis eines ärztlichen Bluttests.

Auch diese Mikronährstoffe sind wichtig während der Schwangerschaft

Mit Eisen sind viele deutsche Frauen nicht ausreichend versorgt. Eine falsche Ernährung kann ein Grund dafür sein, Frauen haben aber ohnehin schon einen höheren Eisenbedarf als Männer (w: 15 mg, m: 10 mg pro Tag). Dieser Bedarf steigt während der Schwangerschaft und Stillzeit noch einmal um das Doppelte auf 30 mg/Tag an. Ein Eisenmangel verursacht eine Blutarmut in der Mutter, die wiederum wird mit einem gesteigerten Risiko für eine Frühgeburt und zu geringem Geburtsgewicht des Neugeborenen assoziiert. In den meisten Fällen führt eine mangelnde Eisenversorgung außerdem in der ohnehin schon anstrengenden Schwangerschaftsphase zu Müdigkeit und Schlappheit. Eine Eisenüberdosierung kann jedoch ähnliche Risiken für das Neugeborene bedeuten, weshalb eine Eisensupplementation während der Schwangerschaft nur auf Basis ärztlicher Indikation erfolgen sollte.

Hinweis: Eisen bildet gerne Komplexe mit anderen Nahrungsbestandteilen, wodurch sich die Eisenaufnahme im Darm reduziert. Deswegen wird empfohlen, Eisensupplemente morgens auf nüchternen Magen einzunehmen. Je nach Dosis kann das zu gastrointestinalen Beschwerden und Übelkeit führen. In diesem Fall kann man Eisenpräparate auch abends vor dem Schlafen oder mindestens zwei Stunden nach dem Abendessen in Kombination mit Vitamin C einnehmen, um somit der Magenempfindlichkeit potenziell entgegenzuwirken.

Vitamin-B12-Präparate sollte ganz klar einnehmen, wer sich vegetarisch oder vegan ernährt – oder Fisch, Fleisch und Milchprodukte nur gelegentlich konsumiert. Das gilt für alle, egal ob schwanger oder nicht. Die Höhe der täglichen Dosis an zu ergänzendem Vitamin B12 orientiert sich an der individuellen Ernährung und den daraus resultierenden Vitamin B12-Blutwerten und sollte in Absprache mit der Hausärztin oder dem Hausarzt bestimmt werden. Der allgemeine tägliche Vitamin-B12-Bedarf steigt für schwangere und stillende Frauen von 4,0 µg auf 4,5 - 5,5 µg. Über die Ernährung ohne Nahrungsergänzungsmittel sind diese Mengen nur erreichbar, wenn man mehrmals am Tag verschiedene Vitamin-B12-reiche Nahrungsmittel wie z.B. Kaninchen, fettigen Fisch, Mozzarella oder mageres Rindfleisch konsumiert. Ein Vitamin B12-Mangel in der Schwangerschaft kann sich negativ auf die neuronale Entwicklung des ungeborenen Kindes auswirken.  

Vitamin-D-Spiegel nehmen im Laufe der Schwangerschaft bei den Müttern aufgrund des fetalen Bedarfs für das Wachstum und die Entwicklung zunehmend ab. Bei einer bestehenden Schwangerschaft während der Wintermonate oder bei genereller Sonnenmeidung sollte insofern Vitamin D ergänzt werden, mit einer Dosis von etwa 800-1.000 IE bzw. 20 µg pro Tag. Im Falle eines diagnostizierten Vitamin-D-Mangels werden vom Arzt oder der Ärztin höhere Mengen Vitamin D verschrieben.

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Essenzielle Fettsäuren (Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) müssen über die Nahrung aufgenommen werden, da der Körper sie nicht selbst herstellen kann. Insbesondere die Omega-3-Fettsäure / Docosahexaensäure (DHA) spielt in der fetalen Gehirn- und Sehkraftentwicklung eine wichtige Rolle. Schwangeren wird daher empfohlen, mindestens zweimal die Woche Fisch zu essen und dabei auf die Art des Fischs zu achten – Fischstäbchen zählen hier nicht. Fettige Meeresfische wie Hering, Lachs, Makrele oder Tunfisch enthalten ausreichend hohe Mengen an DHA. Wer kein Fisch essen mag, sollte während der Schwangerschaft täglich 200 mg DHA über Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen.

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Pauline Krüger, Ernährungswissenschaftlerin
redaktion@daz.online


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