DAZ-Umfrage

Direktabrechnung – wären Sie dabei?

Stuttgart - 16.08.2022, 17:50 Uhr

Rezeptberge sind mit dem E-Rezept Geschichte. Anlass genug, die Abrechnung, wie sie aktuell läuft, grundsätzlich in Frage zu stellen? (Foto: Schelbert)

Rezeptberge sind mit dem E-Rezept Geschichte. Anlass genug, die Abrechnung, wie sie aktuell läuft, grundsätzlich in Frage zu stellen? (Foto: Schelbert)


Viele Apotheken haben die Hoffnung, dass sie E-Rezepte zukünftig direkt mit den Krankenkassen abrechnen können. Insbesondere nach der Pleite von AvP klingt für so manchen die unverzügliche Abrechnung zunächst verlockend. Doch ist es das wirklich? Schließlich könnte der „direkte Draht“ in die Apotheken den Kostenträgern ganz neue Wege zu noch mehr Kontrolle und Einfluss eröffnen. Wir würden gerne wissen, was unsere Leser:innen darüber denken. Nehmen Sie an unserer Umfrage teil!

Mit Einführung des E-Rezepts sollen zahlreiche Arbeitsprozesse digitaler und schlanker werden als bisher. Davon ist auch die Abrechnung betroffen. Viele Apotheken haben daher die Hoffnung, dass sie zukünftig direkt mit den Krankenkassen abrechnen können. Sie würden ihre Rezepte dann direkt bei den Krankenkassen einreichen und ebenso direkt von den Kassen bezahlt werden – also ohne ein Rechenzentrum dazwischen. Da auf Grundlage dieser Idee das Geld auf dem Weg zwischen Krankenkassen und Apotheken nicht verloren gehen dürfte, ist die Debatte um die Direktabrechnung vor allem vergangenes Jahr mit der Insolvenz des Abrechnungsdienstleisters AvP hochgekocht. Befeuert wurde sie nun durch die Ankündigung des Softwarehauses CGM, gemeinsam mit der Firma Scanacs für E-Rezepte Direktabrechnung anbieten zu wollen. Die Vorteile beschreibt CGM Lauer in dem Schreiben als Maximierung der Liquidität sowie Vermeidung von Retaxationen. Ferner will der Apothekensoftwareanbieter seinen Kunden einen „optimalen Überblick“ über alle eingegangenen, abrechenbaren, stornierten und erledigten E-Rezepte bieten.

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Doch auch die Rechenzentren sehen ihre Bedeutung in Zeiten des E-Rezepts nicht schwinden. Michael Dörr vom Verband der Apothekenrechenzentren hält es für einen Irrglauben, dass die Apotheke allein mit der Anwendung von „Cloud-Software“ auf einer Plattform ihre bürokratische Arbeit massiv verringern kann und Ausgaben für ein Rechenzentrum spart, wie er in seinem Gastkommentar schreibt.

Mehr Kontrolle für die Kassen?

Mal ganz abgesehen davon, dass es bei dem konkreten Modell von CGM mit Scanacs noch viele Unklarheiten gibt – zum Beispiel die Tatsache, dass weder CGM Lauer noch Scanacs den Status eines Apothekenrechenzentrums auf Grundlage des Sozialrechts führen oder dass Kassen aktuell gar nicht die Strukturen haben, Gelder auf den Tag genau an einzelne Apotheken auszuzahlen – bestehen ganz grundsätzliche Bedenken hinsichtlich einer Direktabrechnung mit den Kassen. DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn hat sie in seinem Artikel „Direkt oder indirekt? Optionen, Chancen und Risiken bei der Abrechnung von Arzneimitteln und Dienstleistungen“ zusammengefasst. So schreibt er unter anderem, dass auf diese Weise noch mehr Interaktion zwischen Apotheken und Krankenkassen möglich wäre und seitens der Krankenkassen die Begehrlichkeit entstehen könnte, die Versorgung mit hochpreisigen Arzneimitteln ähnlich wie bei Hilfsmitteln genehmigen zu lassen. Bisher sei dies in der Arzneimittelversorgung schon wegen der Pflicht zur unverzüglichen Belieferung der Rezepte undenkbar. Neue Technik könne so den Weg zu noch mehr Kontrolle und Einfluss von weiteren Beteiligten eröffnen, so Müller-Bohn. Dies erscheine in seinen Augen für Versicherte und Apotheken keinesfalls erstrebenswert.

Somit scheint die Frage, ob sich die Direktabrechnung für die Apotheken unterm Strich lohnt, gar nicht so leicht zu beantworten zu sein. Wir würden gerne von unseren Leser:innen wissen, wie sie zu der Idee der Direktabrechnung stehen. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Direktabrechnung

von Thomas Otto am 22.08.2022 um 9:55 Uhr

Wir haben von einigen Leistungserbringer ( Schwerpunkt Kliniken), die mit der Direktabrechnung gestartet sind, wieder "zurückrudern". Deren Finanzabteilungen ist das Forderungsmanagement zu aufwändig bzw. die avisierten Zahlungseingänge durch den Kontoauszug des Abrechners, können nicht nachvollzogen werden. Weil der Kostenträger unter Berücksichtigung der Retaxierungen auszahlt. Im Klinikbereich "landen" die Begründungsanschreiben der Kostenträger überall und in verschiedensten Ambulanzen. Die Korrektheit der Absetzungen können somit nicht mehr nachvollzogen werden.

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Extremer Zeitaufwand

von Apotheker am 17.08.2022 um 13:49 Uhr

Das Problem beginnt doch schon mit den Herstellerrabatten. Ich wüsste nicht, wie man es selbst in einer personell sehr gut ausgestatteten Apotheke zeitlich schaffen soll die Herstellerabschläge einzutreiben. Hinzu kommt die Überwachung der Zahlungseingänge, das Mahnwesen, der Abgleich möglicher Differenzen....

Ich könnte mir bestenfalls vorstellen, die Nuller-Rezepte auf diesem Weg direkt weiterzuleiten. Alles andere wäre verrückt

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Direktabrechnung wäre viel teurer

von finsingflower am 17.08.2022 um 11:19 Uhr

Hallo zusammen,

ich denke, es hatte einen Grund, warum vor 100 Jahren, die Apotheken sich zusammengetan haben, um ein Rechenzentrum zu gründen.

Diese Gründe sind heute noch die gleichen. Selbst wenn ich täglich die Rezepte zur Abrechnung technisch weitergebe, so gebe ich diese an etwa 100 unterschiedliche Kostenträger, so viele beliefert eine Apotheke nämlich pro Monat. Alleine die Kontrolle der Zahlungseingänge durch die Kassen, erfordert Zeit. Wer mahnt die Beträge an, die nicht bezahlt werden.

Wer kümmert sich um die Bearbeitung der Retaxationen die kommen? Derzeit kommen viele Retaxen bei den Apotheken gar nicht an, weil es Irrläuferbelege sind, die gleich vom Rechenzentrum der richtigen Kasse in Rechnung gestellt werden.

Wenn die Kasse behauptet die Rechnung incl. Datensätze sei nicht angekommen, wer kümmert sich darum?

Alleine dem Geld hinterherzulaufen, plus die Gebühren der Bank für die vielen Einzelbuchungen plus die Mitarbeiterin, die sich um Ausgleich der offenen Posten und Mahnwesen kümmert kostet bei weitem mehr, als mein Dienstleister verlangt. Und dann noch die Vorfinanzierung, die wegfällt.

Keine gute Idee, selbst abzurechnen, auch wenn die Kassen dieses Spiel mittragen würden.

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