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Wie stehen Sie zum Thema Kundenzeitschriften? Wichtiges Kundenbindungsinstrument oder verzichtbar? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil!
Kundenzeitschriften sind in zahlreichen Apotheken beliebte Werbemittel. Aber in Zeiten steigender Ausgaben und digitalen Medienkonsums kann man Kosten und Nutzen von „Apotheken Umschau“ und Co. durchaus kritisch beleuchten. Zwei Wirtschaftsexperten äußerten ihre Meinung gegenüber der DAZ.
Rund 100 Millionen Euro geben deutsche Apotheken jährlich für Kundenzeitschriften aus – ein erheblicher Posten. Ist dieses Werbemittel noch zeitgemäß und sinnvoll? Auf die beliebte Zugabe zu verzichten, wäre für viele Apotheken sicherlich ein großer Schritt – gibt es doch so viele Stammkunden, die die Magazine regelmäßig lesen. Welche Argumente sprechen für und welche gegen das weit verbreitete Kundenbindungsinstrument?
Andreas Kaapke, Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Professor Kaapke Projekte, spricht sich für Kundenzeitschriften aus. Bekanntermaßen nehme die Bindungswirkung klassischer Medien, wie Zeitschriften, ab. Dennoch sollte man nicht einfach auf sie verzichten, sondern sich genau überlegen, was in der Zukunft angezeigt sei. Kundinnen und Kunden hätten heterogene Kauf- und Konsumgewohnheiten und würden somit auch unterschiedliche Touchpoints von Unternehmen, auch Apotheken, erwarten.
Kaapke erklärt, dass Kundenzeitschriften nach wie vor ihre Bedeutung und zahlreiche Funktionen hätten. Sie würden sich von flüchtigen, schnellen Medien abheben und böten eine Mischung aus Information, unterhaltsamen Bestandteilen wie Rätseln und gestalterischen Elementen – „was man gemeinhin als Infotainment“ bezeichne.
Für viele Zielgruppen stellten sie zudem einen ersten Ratgeber für gesundheitliche Fragen dar. Diese könnten dann in der Apotheke durch individuelle Beratung veredelt werden, meint Kaapke. „So gesehen können Kundenzeitschriften auch für manche Zielgruppe und deren Erreichbarkeit als wichtiger denn je angesehen werden.“ Viele der abgedruckten Informationen seien auch im Internet verfügbar, dadurch würde aber noch nicht die themenbezogene Aufbereitung in Kundenzeitschriften kompensiert. In vielen Haushalten würden die Magazine auch über einen längeren Zeitraum gelesen.
Das dürfe alles jedoch nicht über den Kostenblock aus Apothekensicht hinwegtäuschen. Er müsse „immer wieder aufs Neue auf seine Wirkung hin überprüft werden“. Dies gelte übrigens für alle Marketingmaßnahmen, betont Kaapke.
Kundenzeitschriften werden häufig mit „Altem und Bewährtem“ in Verbindung gebracht. Das sieht Kaapke jedoch nicht negativ: „Der Begriff des Bewährten meint ja, dass sich etwas über einen langen Zeitraum als angemessen gezeigt hat. Die Zeitschriften würden nicht nach wie vor ihre hohe Auflage erzielen, wenn die Relevanz nicht gegeben wäre.“
Statt vordergründig aus Umweltgründen auf Kundenmagazine zu verzichten, sollte man eher darüber nachdenken, „wie viele Exemplare man tatsächlich wie zielgerichtet einsetzen kann und wem man die Zeitschrift überreicht“.
Kaapkes Fazit: „Im deutlich erweiterten Spektrum eingesetzter Kommunikationsinstrumente sind Kundenzeitschriften nach wie vor eine Bank: Für bestimmte Zielgruppen, für bestimmte Zwecke als verlängerte Werkbank für die Apotheke und damit als eher langatmiger Impuls und nicht als kurzatmiger Zeitgeist.“
Der Apotheker, Unternehmensberater und Autor Professor Reinhard Herzog sieht Kundenzeitschriften, aber auch andere Werbemaßnahmen in einer Zeit, in der Ressourcen knapper werden, kritisch: „Wie passen dazu überzogenes Marketing, Preisaktionen und Gratis-Zugaben aller Art? Haben Sie vom Steuerberater oder (Zahn-)Arzt je Tempotaschentücher, Rabattmarken, Plastik-Tinnef oder Unterhaltungszeitschriften bekommen?“
Herzog weist auf die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Möglichkeiten hin: „Versand, freie OTC-Preise, viel mehr Marketing, gerne auch ‚gekaufte‘ Kundenbindung“ und hinterfragt skeptisch, ob das unseren Beruf vorangebracht habe. Sein Ergebnis: „Letztlich wurde, zu einem hohen Preis, die Spaltung der Apothekenlandschaft beschleunigt.“
Die Ausgaben für Kundenzeitschriften machten gut 100 Millionen Euro jährlich aus. Dies entspräche beinahe dem, was der Branche durch den erhöhten Kassenabschlag genommen zu werden droht. Angesichts steigender Kosten stellt Herzog die Frage, woran man sparen wolle. Wohl kaum an Personal und IT-Ausstattung. Außerdem stünden vermutlich auch Investitionen in Nachhaltigkeit und energetische Optimierung an. Er sieht es nur als „eine Frage der Zeit, bis die Politik genau hinschauen wird (mittels eines neuen, möglicherweise viel tiefer in die Apothekenpraxis eintauchenden Gutachtens), bevor überhaupt über eine Honoraranpassung (nach oben!?) diskutiert wird“.
Für Herzog führt das zu dem Motto: „Machen wir uns schlank!“ Augenmaß sei im Gesundheitswesen „eigentlich unstrittig“. Viele Zugaben sieht er heute als verzichtbar und Print-Kundenzeitschriften seien dabei „zumindest eine ‚Fragezeichen-Position‘, auch im Hinblick auf die digitale Transformation der Gesundheitsmedien“.
Herzogs Fazit: „Warum übrigens sollten wir in der Apotheke hochwertige Zeitschriften nicht gegen Bezahlung anbieten? In früheren ‚Schönwetter-Zeiten‘ war meine Einschätzung eine liberalere. Doch nun ist die Lage zu ernst, um solche Potenziale einfach außen vor zu lassen – und bevor andere diese erkennen und die Pflöcke einschlagen.“
Wie stehen Sie zum Thema Kundenzeitschriften? Wichtiges Kundenbindungsinstrument oder verzichtbar? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil!
Den vollständigen Beitrag zum Pro und Kontra Kundenzeitschriften finden Sie in der DAZ 33/2022.
1 Kommentar
Effizienzreserven.
von Roland Mückschel am 19.08.2022 um 11:17 Uhr
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