Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte

Opiumtinktur im Versandgefäß ist nicht zulassungspflichtig

Süsel - 23.08.2022, 09:15 Uhr

Die Opiumtinktur von Maros (links im Bild) ist im Gegensatz zu Dropizol kein Fertigarzneimittel. Das hat das BfArM nun entschieden. (Quellen: Maros Arznei / Screenshot www.innocur.de / DAZ)

Die Opiumtinktur von Maros (links im Bild) ist im Gegensatz zu Dropizol kein Fertigarzneimittel. Das hat das BfArM nun entschieden. (Quellen: Maros Arznei / Screenshot www.innocur.de / DAZ)


In den Dauerstreit um die Rechtsstellung von Opiumtinktur hat sich nun das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingeschaltet. Es hat entschieden, dass Opiumtinktur der Firma Maros GmbH, die in Versandgefäßen an Apotheken geliefert wird, kein Fertigarzneimittel ist und daher nicht der Zulassungspflicht unterliegt. Gerichte hatten dies zuvor unterschiedlich beurteilt.

Zur Rechtsstellung von Opiumtinktur, die in Versandgefäßen an Apotheken geliefert wird, gibt es nun eine Entscheidung auf der höchsten Verwaltungsebene. Das BfArM hat dazu in einem Bescheid vom 16. August erklärt: „Da das Produkt kein Fertigarzneimittel ist, unterliegt es nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Absatz 1 AMG.“ Über die Frage, ob das Produkt ein Fertigarzneimittel darstellt, wird vor Gerichten seit Jahren gestritten. Parallel zu den gerichtlichen Verfahren hat die Regierung von Oberfranken am 20. Mai 2019 beim BfArM nach § 21 Abs. 4 AMG beantragt, über die Zulassungspflicht zu entscheiden. Hintergrund waren die Rechtsstreitigkeiten zwischen der Maros GmbH, die diese Opiumtinktur herstellt, und der Atnahs Pharma Nordics A/S, die ein opiumtinkturhaltiges Fertigarzneimittel anbietet.

Kein Fertigarzneimittel ohne Gebrauchsfertigkeit

Nach über drei Jahren hat das BfArM nun entschieden. Gemäß dem Bescheid, der der DAZ vorliegt, ist das streitgegenständliche Produkt ein Funktionsarzneimittel. Weiter heißt es, dass alle Alternativen in der Definition für Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG das Merkmal „zur Abgabe an den Verbraucher“ voraussetzen. Doch diese Voraussetzung liege hier nicht vor, erklärt das BfArM. Zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sei ein Arzneimittel, wenn es mit einer entsprechenden Zweckbestimmung versehen sei. Zudem werde die Gebrauchsfertigkeit vorausgesetzt. „Ein Arzneimittel, das objektiv nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt ist, weil es noch weiterer Handlungsschritte in der Apotheke bedarf, ist kein Fertigarzneimittel“, erklärt das BfArM. Erst die Abfüllung in der Apotheke in ein Behältnis mit betäubungsmittelrechtlich zulässiger Abgabemenge mache das Arzneimittel gebrauchsfertig.

Das BfArM erläutert dazu, die Maros GmbH bringe das Produkt in einer nicht zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung ohne die für Fertigarzneimittel vorgeschriebene Kennzeichnung in Verkehr. Es habe keine Packungsbeilage, keine Dosierhilfe und keine Kindersicherung. Außerdem lägen die Gebindegrößen über der betäubungsmittelrechtlichen Verordnungshöchstmenge für Endverbraucher. Es sei davon auszugehen, dass das Produkt von Apotheken über den Großhandel bezogen werde, um im Einzelfall daraus ein Rezepturarzneimittel herstellen zu können. Außerdem sei davon auszugehen, dass dabei die DAC/NRF-Rezepturhinweise beachtet würden. Da das Produkt nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt sei, komme es auf Fragen einer gewerblichen Herstellung und auf weitergehende Fragen zur Herstellung nicht an. Da es kein Fertigarzneimittel sei, unterliege es nicht der Zulassungspflicht.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

@ Holger 14:44

von Dr. Ralf Schabik am 29.08.2022 um 15:44 Uhr

Danke für Ihre Rückmeldung. Tut mir leid, wenn Sie meine Ausdrucksweise "schwer erträglich" finden - aber was tun SIE denn, um dem Bürokratiewahnsinn zu bekämpfen ?
JA, ich denke, "drangsalieren" ist durchaus der richtige Ausdruck, wenn Sie von einer großes Kasse um einen VIERSTELLIGEN Betrag geprellt werden, nur weil "der Staat" es nicht auf die Reihe bringt, Opiumtinktur unstrittig einzustufen. Wenn ich alle Retaxationen addiere, die ich in 25 Jahren kassiert habe TROTZ korrekter Versorgung der Patienten, kommt ein Betrag zusammen, dessen Höhe durchaus "vernichtend" ist, wenn man nicht durch immensen Arbeitseinsatz Geld erarbeitet. Ein guter Teil einer "zu spät" fertiggestellten Re-Präqualifizierung, deren Sinnhaftigkeit bestimmt auch SIE mir nicht erklären können.

Aber nun zur Frage, wer vor Gericht gehört: Schlicht und ergreifend die Person, die DREI JAHRE braucht, um eine im Gesetz begründete Frage zu beantworten. Und wenn die Antwort ungewöhnlich viel Zeit in Anspruch nimmt, dann muss entsprechend nachgebessert werden (personelle Besetzung im BfArM oder Konkretisierung von Gesetzen oder oder oder.
Oder ... auch wieder aktuelles Beispiel ... eine Autobahnbrücke wird für viel Geld gebaut, und der Bürokrat, der den Auftrag erteilt, merkt nicht, dass die Autobahn gar nicht dort verläuft ?

Es kann doch nicht angehen, dass bei uns in Deutschland ALLES bis zum Sankt Nimmerleinstag dauert - und dennoch VIELES nicht mehr funktioniert.
Vor allem, wenn in der Zwischenzeit andere darunter leiden müssen (Geld, Arbeitsplätze, Lebensqualität).

Und Ihr Hinweis auf die "Regierung" zeigt, dass Sie das Grundproblem anders einschätzen als ich. Das Problem sind nicht die Parteien, sondern das Problem ist, dass wir in einer nicht mehr kontrollierbaren Bürokratur leben. KEINE Partei kann das lösen - das bestätigen mir auch etliche MdB und MdL ... beginnt ja schon im Stadtrat. Die Sache mit der Opiumtinktur betrifft ja mindestens ZWEI Minister aus sehr unterschiedlichen Regierungen ... weder Spahn noch Lauterbach sind da persönlich "schuld".

Und last not least: Worum beneiden uns andere Länder ? Vordergründig um etliche "Freiheiten", die es anderswo so nicht gibt. In anderen Ländern darf man sich nicht auf die Straße kleben und auch keine schwer erträglichen Forumsbeiträge schreiben. Aber auch nicht anonym in Foren unterwegs sein.
Letztlich aber hat der von Ihnen geschilderte "Neid" in den letzten Jahren massiv abgenommen und ist hämischem Gelächter gewichen.
Jüngstes Beispiel: Polen kauft Panzer in Südkorea statt beim europäischen Bündnispartner Deutschland. Warum ? Ja ... weil die Polen das VETRAUEN in den deutschen Staat verloren haben. Und die Ukrainer stellen die (in meinen Augen berechtigte) Frage, warum von den besten Haubitzen, die Deutschland zu bieten hat, ein Drittel nach wenigen Schüssen bereits den Geist aufgegeben haben. Welche Bürokraten haben die Dinger denn abgenommen ?
Die selben, die in Brasilien einen Staudamm abnehmen, der kurz darauf viele Menschen in den Tod reißt ?

Bürokratie ist wichtig, wenn sie zielführend ist. Aber das ist sie in Deutschland schon lange nicht mehr, sondern Selbstzweck.

So ... und die Entwicklung kann man hinnehmen und hoffen, dass man persönlich sich durchschlängeln kann - oder man riskiert, mit Wortmeldungen anzuecken.

Ich persönlich könnte mich zurücklehnen und mir ausrechnen, wie alt ich bei weiterhin sparsamer Lebensführung unter Einberechnung der Inflation werden darf.
Noch bin ich aber der Meinung, dass wir in unserem eigentlich wunderbaren Land gut und gerne leben wollen und das auch unsere Nachkommen tun können sollten. Sehen Sie das anders ?

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Bürokratur

von Holger am 01.09.2022 um 9:40 Uhr

"Wo gehobelt wird, da fallen Späne."

Klar gibt es Fehler auch in unserer Bürokratie. Und die lange Wartezeit bis zur "richtigen" Einstufung der Opiumtinktur ist schwer erklärbar. Aber ein Staatsversagen sehe ich darin nicht.

"Die Regierung" (was nicht zwangsläufig die Bundesregierung meint) gibt unter Kontrolle der Parlamente das Geld aus, zum Beispiel für Beamtenstellen in den Behörden. Die vermehren sich ja nicht von alleine. Also sehe ich "die Regierung" da schon in der Pflicht. Bürokratieabbau ist ja schon lange ein Thema. Wenn wir allerdings Gestalten wie Edmund Stoiber damit beauftragen, dürfen wir uns doch über ausbleibende Erfolge nicht wundern?!

Der Apothekerberuf ist überreguliert, da sind wir uns sicher sofort einig. Aber wirklich ändern könnte man das nur auf der politischen Ebene. Den Willen dazu sehe ich allerdings nicht.
Was tue ich? Naja, ich klage gegen meine Aufsichtsbehörde, wenn die wieder mal was anordnet, was ich für Unfug halte. Bislang habe ich alle Dispute gewonnen, gerade läuft wieder eine Klage ...

AW: @ Holger 9:40

von Dr. Ralf Schabik am 01.09.2022 um 10:15 Uhr

Es gibt den Begriff "Organisationsversagen", den ich hier abgewandelt habe, weil es "den Staat" betrifft. Kann man sicher drüber diskutieren, bin ich bei Ihnen ;-)
Die spannende Frage ist, ob wir zu wenige Staatsbedienstete haben oder zu komplexe Abläufe.

Ersteres eher "NEIN", und wenn doch, muss den Politikern erklärt werden, WO Menschen mit WELCHER Qualifikation fehlen. Ich erlebe das als kleiner Stadtrat immer wieder hautnah - da haben wir tatsächlich neue Stellen geschaffen im Bewusstsein, dass eigentlich Geld nicht da ist, die Notwendigkeit aber "alternativlos" ist. Und als grundsätzlich extrem positiv denkender Mensch (sollte man nicht meinen, wenn man meine Wut-Mails kennt) erkenne ich auch an, dass sehr viele Menschen in der Verwaltung einen wirklich guten "Job" machen. In meinem kommunalen Umfeld kann ich es beurteilen, auf Kreis-Ebene auch ein Stück - auf Bundesebene kenne ich weniger die Handelnden, sondern die ausbleibenden positiven und die vielen katastrophalen Ergebnisse.
Sie schreiben, man erkenne den politischen Willen nicht, Bürokratie abzubauen. Ja und nein. ERKENNEN kann man wirklich nicht viel.. Ich weiß aber von Abgeordneten, wie sie selber verzweifeln, was alles nicht vorwärts geht.
Der einzelne Abgeordnete kann da nicht viel bewirken - außer er/sie macht anhand von konkreten Beispiel Druck - so, wie ich hier das Beispiel Opium-Tinktur aufgegriffen habe. Nun sind unsere Abgeordneten halt auch Spiegelbild der Gesellschaft ... gibt es Tüchtige und Pfeifen, Interessierte und Uninteressierte. Das heißt, die aktiven Abgeordneten müssen mit Beispielen für Wahnsinn versorgt werden und Lösungsvorschläge angeboten bekommen.

Sie berichten vom Klageweg. Lobenswert, dass Sie ihn beschreiten. Und traurig zugleich. Denn: Unser Justizapparat könnte sehr viel schlanker sein (oder sich um echte Probleme kümmern), wenn nicht pausenlos wegen unausgegorener Gesetze geklagt werden müsste. Im Bereich der Finanzverwaltung ist es ja noch viel schlimmer als im Bereich Pharmazie: Bei unserer letzten Betriebsprüfung hat uns der Prüfer geradezu angefleht, das Finanzamt zu verklagen, weil er uns eine Nachzahlung aufgebrummt hat - ging um Rückstellungen für zu erwartende Retaxationen, die Du entweder handelsrechtlich ODER steuerrechtlich korrekt verbuchten kannst ... aber niemals 100 % richtig. Schuld sind die Verfasser der Gesetze. Die Politiker, die darüber abstimmen, KÖNNEN da gar nicht durchblicken und Fehler erkennen.

Womit wir wieder an dem Punkt sind: WER haftet für Fehler ? "Niemand" ist keine Lösung. Denn die Fehler baden WIR alle aus. Bei der Opium-Tinktur in Form von Retaxationen.
Streit mit den Krankenkassen. Der einzelne Sachbearbeiter zieht sich darauf zurück, nur seinen Job zu machen.
Aber das Klima in diesem Land wird immer schlechter.

Wir hier diskutieren engagiert und haben das Ganze im Blick.
Andere beginnen, Steine zu werfen.
Keine schönen Aussichten.

20.Mai 2019 => August 2022 ???

von Dr. Ralf Schabik am 28.08.2022 um 10:00 Uhr

Am 20. Mai 2019 hat eine zuständige Landebehörde bei der Bundesoberbehörde die Anfrage gestellt, und es hat mehr als DREI JAHRE gedauert, bis die Antwort vorliegt ??? Da lasse ich auch die Ausrede "Corona" nicht gelten, denn schon sieben Monate (also von Eingang der Frage bis zur ersten Befassung des BfArM mit CoViD) für diese Antwort wäre viel zu lang gewesen. Solche "kleinen" Beispiele sind es, die brutal offenbaren, dass Deutschland von Bürokraten vernichtet wird. Wie viele Gerichte mussten sich unterdessen mit dem Unfug befassen, wie viele Krankenkassen-Despoten haben in der Zwischenzeit Apotheken drangsaliert, nur weil diese Apotheken Patienten zielorientiert versorgt haben ??? Warum wird solches Staatsversagen nicht endlich geahndet ???

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AW: 20.Mai 2019 => August 2022

von Holger am 29.08.2022 um 14:44 Uhr

Für Ihre Erregung habe ich ja Verständnis, Ihre Art das auszudrücken ist mir trotzdem schwer erträglich. Müssen solche Formulierungen wie Despoten, vernichtet und drangsaliert wirklich sein?

Wie wollten Sie denn dieses "Staatsversagen" (um das uns übrigens vermutlich 99% der Weltbevölkerung beneiden!) ahnden? Wen wollen Sie da konkret vor Gericht stellen und wie wollen sie dessen persönliche Schuld nachweisen??

Als Staatsbürger haben sie alle vier Jahre die Möglichkeit, ihre Stimme einer anderen Partei oder einem anderen Direktkandidaten zu geben und damit die Hoffnung auf eine andere Regierung zu verbinden. Ob damit alles für Sie persönlich jemals besser werden kann, wage ich jedoch zu bezweifeln.

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