Erstattungspreis und Wirksamkeit nicht zufriedenstellend

Vazkepa ab 1. September in Deutschland nicht mehr im Handel

Stuttgart - 23.08.2022, 07:00 Uhr

In den USA schreibt man den Namen des hochdosierten und chemisch modifizierten Omega-3-Fettsäure-Präparats Vazkepa mit einem „s“: Vascepa. (x / Foto: picture alliance/AP Photo | Uncredited)

In den USA schreibt man den Namen des hochdosierten und chemisch modifizierten Omega-3-Fettsäure-Präparats Vazkepa mit einem „s“: Vascepa. (x / Foto: picture alliance/AP Photo | Uncredited)


Vazkepa wird aus Kostengründen vom Zulassungsinhaber Amarin im September vom deutschen Markt genommen. Mit dem GKV-Spitzenverband habe keine zufriedenstellende Einigung über den Erstattungspreis gefunden werden können, heißt es. Ob die Marktrücknahme ein Verlust für betroffene Patient:innen sein wird, ist fraglich. Amarin bewirbt bei Ärzt:innen jedenfalls bereits den Einzelimport über Apotheken.

Die Amarin Deutschland GmbH hat vergangenen Freitag bekannt gegeben, „dass nach Beendigung der vierten und letzten Verhandlungsrunde mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) bis Mitte August keine zufriedenstellende Einigung über den Erstattungspreis von Vazkepa® (Icosapent Ethyl) in Deutschland erzielt werden konnte.“ Damit sehe sich Amarin jetzt gezwungen, ihr einziges Produkt Vazkepa außer Vertrieb (AV) zu setzen – und zwar zum 1. September 2022.  

Von Anfang an war die Markteinführung des chemisch modifizierten und hoch dosierten Omega-3-Fettsäure-Präparats Vazkepa von viel Hoffnung, aber auch vielen Zweifeln begleitet worden. Ende April hieß es schließlich von Seiten des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), dass ein Zusatznutzen nicht belegbar sei – vor allem, weil in der viel besprochenen REDUCE-IT-Studie die Möglichkeiten einer Therapie-Eskalation nicht ausgenutzt wurden. Auch aus der Verwendung von Mineralöl als Placebo haben sich weitere Unsicherheiten ergeben. „Zusammengenommen führen die Unsicherheiten dazu, dass das Ausmaß der nur geringen positiven Effekte von Icosapent-Ethyl infrage gestellt wird und nicht abschließend beurteilt werden kann“, hieß es in den tragenden Gründen zum Beschluss des G-BA.

Amarin: Ärzte sollen sich an internationale Apotheken wenden

Auch in der STRENGTH-Studie war ein hochdosiertes Präparat zum Einsatz gekommen (Epanova), allerdings enthielt dieses eine Mischung aus EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure): Die Studie wurde wegen Wirkungslosigkeit im Januar 2020 vorzeitig gestoppt. Angesichts solcher Ergebnisse und der kritisierten Placebo-Wahl in der REDUCE-IT-Studie (Mineralöl, in STRENGTH Maisöl), sowie möglicher Nebenwirkungen von Vazkepa wie Vorhofflimmern kann man nicht gerade behaupten, dass die Zweifel am Nutzen von Vazkepa ausgeräumt werden konnten. 

Auch eine Metaanalyse brachte im Juli 2021 keine echte Klarheit: „Eine klinische Studie mit Vergleich von hoch dosierter Monotherapie mit EPA und hoch dosiertem Gemisch von EPA und DHA würde eine direkte abschließende Bewertung ermöglichen“, erklärte Professor Dietmar Trenk zur Metaanalyse (Universitätsklinikum Freiburg, Universitäts-Herzzentrum Campus Bad Krozingen). Doch Trenk war nicht zuversichtlich, dass solche Studien in Zukunft durchgeführt werden. 

Wie aus der aktuellen Mitteilung zur Marktrücknahme von Amarin jetzt hervorgeht, hat der Zulassungsinhaber von Vazkepa mit der Beurteilung durch den G-BA jedoch noch nicht abgeschlossen: „Gemäß der deutschen Gesetzgebung, die eine erneute Einreichung eines Dossiers zur Preisfestsetzung und Kostenerstattung mit neuen Daten erlaubt, erwägt Amarin eine erneute Einreichung, sobald ein potenziell neues Dossier erstellt ist“, heißt es. 

Das Unternehmen sei nach wie vor zuversichtlich und entschlossen, Vazkepa so vielen betroffenen Menschen wie möglich in Europa zugänglich zu machen. Dazu verweist Amarin für Ärzte in Deutschland, die an einer Weiterbehandlung ihrer Patienten mit Vazkepa interessiert sind, sogar auf eine Arbeitshilfe des Deutschen Apothekenportals zum Einzelimport. „Zusätzlich empfiehlt die Amarin Deutschland GmbH behandelnden Ärzten, sich mit einer internationalen Apotheke in ihrer Nähe in Verbindung zu setzen, um eine weiterführende Behandlung ihrer Patienten sicherzustellen“, heißt es in der Mitteilung.

Neuauswertung der REDUCE-IT-Studie

Amarin sei nach wie vor davon überzeugt, dass Vazkepa erwachsenen mit Statinen behandelten Hochrisikopatienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Triglyceridwerten ≥ 150 mg/dL (≥ 1,7 mmol/L) in ganz Deutschland erheblichen medizinischen Nutzen bieten kann. Das zeigten die Ergebnisse der REDUCE-IT-Studie. Doch diese steht wie bereits erwähnt wegen ihrer Placebo-Wahl in der Kritik. 

Darauf machte Anfang August auch nochmals Professor Martin Smollich auf Twitter aufmerksam: Die Wirksamkeit sei fraglich, weil das Placebo in der maßgeblichen Zulassungsstudie vermutlich gar kein Placebo war, schrieb er. Eine aktuelle Neuauswertung der REDUCE-IT-Studie zeige, dass das Mineralöl als Placebo zu den „vermeintlich positiven Effekten“ von Vazkepa beigetragen haben kann. „So kam es in der Mineralöl-Gruppe zu einem signifikanten Anstieg von Biomarkern, die mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko in Verbindung stehen“, schreibt Smollich – er ist Fachapotheker für Klinische Pharmazie, Mitglied der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Leiter der Arbeitsgruppe Pharmakonutrition am Institut für Ernährungsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck und Herausgeber des Fachblogs Ernaehrungsmedizin.blog. 

Die genaue Indikation für Vazkepa lautet: 

„Zur Reduzierung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse bei mit Statinen behandelten erwachsenen Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko und erhöhten Triglyceridwerten (≥ 150 mg/dl [≥ 1,7 mmol/l]) sowie:

  • nachgewiesener kardiovaskulärer Erkrankung oder
  • Diabetes und mindestens einem weiteren kardiovaskulären Risikofaktor.“

Im Kontrast dazu heißt es im Fazit der Studie zudem, dass die Gabe von Icosapent-Ethyl nur minimale Auswirkungen auf eine Reihe von Biomarkern hatte, die mit atherosklerotischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Der G-BA scheint also (vorerst) mit seiner Einschätzung recht zu behalten, dass es keine klare Evidenz für den Nutzen von Vazkepa gibt.


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Vazkepa Germany Approval

von Hawaiian German am 23.08.2022 um 16:40 Uhr

All medical societies in the world have accepted vazkepa as the standard of care.

The UK recently approved reimbursement.

The ema disapproved of the mineral oil issue.

This mineral oil issue is just an excuse for the German insurance to be cheap.

This is a decision that will quite possibly kill a lot of German people at risk of cardiovascular disease.

This is incredibly sad

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Vazkepa Germany Decision

von Herman Steven Koenes am 23.08.2022 um 14:43 Uhr

Wieso wird nie von Jelis Studium geredet? Da gab es kein Placebo und mit niedrige Dosierung ähnliche Resultaten wie Reduce-It.

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AW: Vazkepa Germany Decision

von Redaktion DAZ am 24.08.2022 um 10:38 Uhr

Lieber Herr Koenes,

in der DAZ 48/2021 haben wir die widersprüchlichen Ergebnisse der Omega-3-Fettsäure-Studien eingeordnet – ein Auszug: „In der randomisierten nicht verblindeten JELIS-Studie wurde eine Monotherapie mit 1800 mg EPA/Tag plus Statin mit einer alleinigen Statin-Behandlung verglichen, wobei die Dosierungen der Statine (10 mg Pravastatin, 5,6 mg Simva­statin) aus unserer Sicht ungewöhnlich niedrig waren.“
Den ganzen Gastkommentar von Prof. Dr. Dietmar Trenk finden Sie hier: https://bit.ly/3TcH7K4


AW: Vazkepa Germany Decision

von Herman Steven Koenes am 24.08.2022 um 15:28 Uhr

Jelis hat schon mit niedrige Dosierung 18% Reduktion gezeigt, und Reduce-it mit höhere Dosis und Placebo fast doppelt.
STRENGHT sind sowieso 2 verschiede Präparaten und kann mann nicht vergleichen.
STRENGHt hat nicht funktioniert und deswegen Reduce-It im Frage stellen?

https://ipccs.org/2021/09/15/a-debate-at-esc-congress-benefit-from-omega-3-fatty-acids/
"He made a comparison with steroid sex hormones. There are small difference in the molecular structure of testosterone, estradiol and cholesterol. But would a trial that examines the effects of a mixture of testosterone plus estradiol test the same hypothesis as a trial of only estradiol? ‘No’, he said. So, does a trial that examines the effects of mixture of DHA plus EPA test the same hypothesis as a study testing pure EPA? The answer here is also ‘no’.

Ballantyne concluded that the mechanisms of EPA is most likely related to biological effect on vascular biology including resolution of inflammation."

Vazkepa Germany Decision

von JOSEPH FIORENTINO am 23.08.2022 um 10:51 Uhr

Dear Sir/ Madam,
You say: "Federal Joint Committee (G-BA) finally said that an additional benefit could not be proven" .
So, how can you explain that EMA gave its approval to Vazkepa in Europe?
Does Germany go against EMA decision?

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