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BPhD-Kolumne
Neue Approbationsordnung: Können Studierende noch mehr Druck aushalten?
Mit dem Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung wird das Pharmaziestudium nicht entrümpelt – im Gegenteil: Den Studierenden wird sogar eine noch höhere Stoffdichte zugemutet. Das kann sich negativ auf die mentale Gesundheit der angehenden Apotheker*innen auswirken, meint Antonia Schmitz, Beauftragte für Public Health beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD).
Nach acht Semestern Studium an der Universität und einem Jahr in praktischer Ausbildung sind die Absolvent*innen des Pharmaziestudiums mit einem vielseitigen Wissen und umfangreichen fachlichen Kompetenzen ausgestattet. Aber wie steht es um die mentale Gesundheit der angehenden Apotheker*innen?
Bekanntermaßen ist das Pharmaziestudium ein Vollzeitstudium mit hohem Lernpensum und zahlreichen Praktika. Der BPhD hat die Pharmaziestudierenden im Wintersemester 2019/2020 zu den Auswirkungen der studienbedingten Belastungen auf ihre mentale Gesundheit befragt. Zu dieser Zeit hat das Studium noch in gewohnter Weise umfänglich in Präsenz stattgefunden. Die Umfrage sollte herausfinden, ob und durch welche Faktoren die Studierenden im Studium Stress erleben.
Beteiligt haben sich insgesamt mehr als 4.000 Pharmaziestudierende von allen 22 Studienstandorten in Deutschland. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse betrachten wir hier das Positionspapier der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Änderung der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO).
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Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung
So soll das Pharmaziestudium der Zukunft aussehen
Die Frage nach Stressfaktoren im Studium beantworteten die meisten Umfrageteilnehmer*innen mit dem großen Stoffumfang, der zeitlichen Vereinbarung von Studium und Freizeit und dem Anforderungsniveau in den Veranstaltungen. Ein Drittel der befragten Studierenden musste mindestens ein Semester wiederholen. Am häufigsten wurden als Ursache dafür die schwer zu bewältigende Stoffmenge und zu wenig Zeit zum Lernen genannt, gefolgt von privaten Gründen als dritthäufigste Ursache. Von den befragten Studierenden, die vor dem Studium bereits eine Ausbildung abgeschlossen hatten, gaben alle an, das Studium als stressiger als die Ausbildung zu erleben.
Stressfaktor Stoffmenge
Dass die große Stoffmenge einen viel genannten Stressfaktor darstellt, ist wenig überraschend. Die Tage im Studium sind oft von früh morgens bis zum Abend mit Vorlesungen, Seminaren und Praktika gefüllt. Die Praktikumsversuche müssen vorbereitet werden und der große Stoffumfang sowie das hohe Anforderungsniveau in den Veranstaltungen machen ein kontinuierliches Nacharbeiten notwendig. Dies ist in der knappen Zeit aber nur selten ausreichend möglich. Durch den Zeit- und Leistungsdruck können Unsicherheit, Überforderung und Selbstzweifel bei den Studierenden ausgelöst werden. Und da schon für das Lernen kaum Zeit bleibt, ist zu vermuten, dass soziale Kontakte, Bewegung und ausreichend Schlaf oft zu kurz kommen – Faktoren, die den ständigen Stress in Teilen kompensieren und positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben könnten.
Von einer guten Studierbarkeit des Pharmaziestudiums kann man unter diesen Umständen nicht sprechen. In der Umfrage des BPhD gaben 20 Prozent der Befragten an, sie würden das Studium nicht weiterempfehlen, da sie es als zu stressig erleben, und laut einer Statistik der Stiftung für Hochschulzulassung gehen die Zahlen der Bewerbungen um einen Studienplatz im Studiengang Pharmazie zurück. Das zeigt sich auch im bestehenden Nachwuchsmangel in den Apotheken.
Geht es auch ohne psychische Belastung durch den Stress?
Kann den Studierenden das umfangreiche pharmazeutische Wissen nicht ohne die psychische Belastung durch den Stress mitgegeben werden? Möglich wäre das – mit einer entsprechenden Reform des Studiums.
Anfang Mai stimmten die Mitglieder des Runden Tisches für ein Positionspapier der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Änderung der Approbationsordnung. Demnach soll unter anderem das Studium um zwei Semester verlängert werden. Ein Vorstoß, den auch der BPhD in die Entwicklung dieses Papiers eingebracht hat und gutheißt, denn mit dieser zusätzlichen Zeit könnte die große Stoffmenge entzerrt und nachhaltiger vermittelt und gelernt werden.
Das Positionspapier sieht auch eine Stärkung der Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie vor. Leider sollen veraltete Inhalte nicht ersetzt, sondern überwiegend nur mit den neuen ergänzt werden. Trotz einer Verlängerung der Regelstudienzeit würde sich die Stundenanzahl nach dem Vorschlag der BAK weiter erhöhen. Die Studierenden wären folglich einer noch größeren zeitlichen Belastung ausgesetzt, das Stressaufkommen würde weiter steigen und eine Negativspirale langfristig fortgesetzt werden.
Keine höhere Attraktivität und keine positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit
Diese Novellierung würde weder die Attraktivität des Studiengangs steigern, noch hätte sie positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit der Studierenden. Vor allem vor diesem Hintergrund lehnte der BPhD das Positionspapier der BAK auf seiner Bundesverbandstagung Ende Mai ab.
Der BPhD appelliert damit an die Verantwortlichen, im Sinne einer nachhaltig guten Lehre und im Sinne der Nachwuchsförderung, bei zukünftigen Vorstößen die Themen zeitliche Belastung und Stressaufkommen im Blick zu behalten. Das Studium soll die Studierenden umfänglich auf das Arbeitsleben vorbereiten. Dazu gehört natürlich die Vermittlung inhaltlicher Kompetenzen, dazu gehört aber auch, dass die Studierenden die Universität mit einer guten mentalen Gesundheit verlassen. Nur dann starten sie mit Motivation und Energie ins Arbeitsleben, können ihre Kompetenzen nutzen und neue Ideen voranbringen.
16 Kommentare
eigene Erfahrungen
von Holger am 29.08.2022 um 11:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: @ Holger: Viele Anregungen
von Dr. Ralf Schabik am 31.08.2022 um 8:37 Uhr
aushalten "können" oder "müssen" ?
von Dr. Ralf Schabik am 26.08.2022 um 19:20 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 5 Antworten
AW: aushalten "können" oder "
von Thomas Kerlag am 26.08.2022 um 20:27 Uhr
AW: @ Thomas Kerlag
von Dr. Ralf Schabik am 26.08.2022 um 20:37 Uhr
AW: @ Dr. Schabik
von Anita Peter am 27.08.2022 um 11:20 Uhr
AW: @ Anita Peter
von Dr. Ralf Schabik am 27.08.2022 um 12:52 Uhr
AW: aushalten "können" oder "
von Thomas Kerlag am 30.08.2022 um 20:41 Uhr
Das wird nichts
von K.D. am 26.08.2022 um 13:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Stress im Studium
von B.S. am 26.08.2022 um 10:54 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Pharmaziestudium
von Sonja Kirchner am 26.08.2022 um 9:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Pharmaziestudium
von Marcus am 26.08.2022 um 13:57 Uhr
Approbationsordnung
von Roland Mückschel am 26.08.2022 um 8:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Approbationsordnung
von Scarabäus am 26.08.2022 um 8:50 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Approbationsordnung
von Holger am 29.08.2022 um 11:09 Uhr
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