Original vs. Import

Wirtschaftlichkeit bei Abgabe importierter Ware beachten

Stuttgart - 26.08.2022, 09:15 Uhr

Die „wirtschaftlichen Abgabe“ wird bei Importen gerne zur Stolperfalle. (Foto: Schelbert)

Die „wirtschaftlichen Abgabe“ wird bei Importen gerne zur Stolperfalle. (Foto: Schelbert)


Beim Vergleich Original versus Import muss die Apotheke die Vorgaben für den importrelevanten Markt nach § 13 Rahmenvertrag berücksichtigen. Dabei sind jedoch noch die Feinheiten der „wirtschaftlichen Abgabe“ zu beachten. Dies zeigt ein aktueller Retaxfall, der dem Deutschen Apotheken Portal (DAP)-Team zugesandt wurde.

Einer Apotheke wurde im November 2021 folgende Verordnung zulasten der Barmer (Institutskennzeichen 104080005) vorgelegt: Viatim (PZN 00684978, Eurim-Pharm) Fertigspritze N1 1 Stück. Abgegeben wurde der verordnete Import, da dieser laut Verkaufspreis (VK) günstiger war als das Original. Allerdings wurde im Rahmen der Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Differenz abgezogen, mit der Begründung „Tax­fehler – Abrechnung unwirtschaftlicher Import“. 

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Hier fragte die Apotheke beim DAP-Team nach der Erklärung, schließlich hatte sie das verordnete Präparat abgegeben und somit auch den vorgeschriebenen Preisanker nicht überschritten. 

Lauer-Taxe: Vorgaben zur wirtschaftlichen Abgabe

Abb. 1: Günstiger Vergleichs-VK beim Original. Viatim Fertigspritzen in der Lauer-Taxe online, Stand 15. November 2021

Alle drei Importe sind mit einem großen „I“ gekennzeichnet, was bedeutet, dass es sich nicht um Importe handelt, deren Abgabe einen Vorteil für das Einsparziel bringt. Auffällig ist aber, dass nur das Original mit dem Häuschen-Symbol gekennzeichnet ist und somit die einzige in Frage kommende Abgabeoption darstellt. Warum dem so ist, erklärt ein Blick auf die Spalte „Vergleichs-VK“. Dieser um alle Rabatte bereinigte Verkaufspreis ist für den Vergleich zwischen Original und Import maßgeblich. In diesem seltenen Fall ist das Original im normalen Verkaufspreis zwar teurer als die Importe, im Vergleichs-VK allerdings günstiger. Im Rahmenvertrag ist in § 2 Abs. 7 Satz 5 Folgendes festgehalten:


[…] Importarzneimittel, deren für den Versicherten maßgeblicher Abgabepreis abzüglich der gesetzlichen Rabatte höher als der für den Versicherten maßgebliche Abgabepreis des Referenzarzneimittels abzüglich dessen gesetz­licher Rabatte liegt, gelten als unwirtschaftlich.“ 

§ 2 Abs. 7 Satz 5 des Rahmenvertrags


Dieser Passus muss in Zusammenhang mit dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V gesehen werden:


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
 (2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.
 
(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewusst oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regress­ver­fahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.“

§ 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V


Demnach durfte dieser Import nicht zulasten der GKV abgegeben werden, auch wenn er auf den ersten Blick günstiger erschien und obwohl dabei nicht der Preisanker überschritten wurde. 

Angaben in der Taxe wurden aktualisiert

Zum heutigen Zeitpunkt sieht die Situation mittlerweile wieder etwas anders aus (siehe Abb. 2). Nun tragen alle Importe das kleine „i“, gelten also als preisgünstige Importe im Sinne von § 13 Rahmenvertrag und wären bevorzugt abzugeben, um das Einsparziel zu erreichen (sofern dies nicht ohnehin bereits erfüllt ist). Wenn man nun die um die Rabatte bereinigten Vergleichs-VK vergleicht, zeigt sich, dass das Original nun auch im Vergleichs-VK teurer ist als die Importe – daher wäre auf eine Import-Verordnung zum heutigen Zeitpunkt die Abgabe des verordneten Importes erlaubt gewesen. 

Abb. 2: Importe sind im Vergleichs-VK günstiger als das Original. Viatim Fertigspritzen in der Lauer-Taxe online, Stand 1. Juli 2022

Fazit: Das gilt es bei der Abgabe von Import-Ware zu beachten

Beim Vergleich Original versus Import sollte immer auf alle Details – und vor allem auf den Vergleichs-VK – geachtet werden. Ist ein Import dann teurer als das Original, ist bei der Abgabe eine Retaxation mit der oben ausgeführten Begründung zu befürchten. Sollte dies dennoch die einzige Abgabealternative sein, beispielsweise weil die anderen Präparate nicht lieferbar sein sollten, so muss dies unbedingt auf dem Rezept dokumentiert werden.

DeutschesApothekenPortal

Bei der Rezeptbelieferung sind unzählige Vorschriften zu beachten, sonst droht eine Retaxation. Das DeutscheApothekenPortal (DAP) bietet rund um Arzneimittelabgabe und Retaxprobleme Rat und Hilfe an: www.deutschesapothekenportal.de 

Sind Sie von einer Retaxation betroffen oder haben Sie Fragen zur Rezeptbelieferung? Schicken Sie Ihren Fall an abgabeprobleme@deutschesapothekenportal.de


Nadine Graf (PTA) und Christina Dunkel (Apothekerin), DAP
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Import-Retax

von Dorf-Apothekerin am 27.08.2022 um 18:52 Uhr

Diese ganzen Schikanen haben nur das eine Ziel, dem ach so armen Verwaltungsrat die Regresse zu ersparen. Bevor diese Herren ihren Geldbeutel aufmachen, wird schnell noch ein Stolperstein dazu geschoben. Kleines i und großes I und Häuschen, seit wann das denn? Ich hab mich irgendwann um nichts mehr gewundert und nur noch auf die Rente gehofft. Ein himmlisches Gefühl am Anfang des Monats!

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Import Retax

von Ingrid Schierle am 26.08.2022 um 18:57 Uhr

Und all das mache ich, während der Kunde vor mir steht und darauf wartet, dass sein Rezept bearbeitet wird.
Nebenbei überprüfe ich noch, was lieferfähig ist, ob die Stückzahl des Imports mit der verordneten Stückzahl übereinstimmt (kommt sehr gerne bei Injektionen vor, dass unterschiedliche Packungsgrössen im Pool zu finden sind), achte darauf, dass es keine andere Applikationsform (Autoinjektor vs Injektionsspritzen) sind und suche nach einem Import, der auch den gleichen Namen hat, wie das verordnete Präparat, um den Kunden nicht zu verunsichern. Mit etwas Glück kommt dann auch das rausgefischte Präparat und der GH tauscht es nicht gegen ein anderes aus.
Dabei ist es doch nicht verwunderlich, dass hier „Fehler“ passieren! Das ganze System ist darauf angelegt, eine Schwachstelle im Prozedere auszunutzen, damit sich die KK vor der Zahlung drücken kann.
Es grenzt ja schon fast an ein Wunder, wenn man dabei unversehrt bleibt.
So kommt es entweder zu einer Übererfüllung der Importquote, oder zu einem Retax. Am längeren Hebel sitzt in jedem Fall die Kasse und die ist die einzige, die davon profitiert.
Deshalb weg mit diesen unsäglichen Importen!

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