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Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbands
Arzneimittelpreise regulieren statt Beiträge erhöhen
Die Menschen in Deutschland halten nichts davon, dem GKV-Defizit mit höheren Kassenbeiträgen oder Leistungskürzungen beizukommen. Viel mehr Zuspruch gibt es für eine stärkere Preisregulierung bei Arzneimitteln. Zu diesem wenig überraschenden Ergebnis kommt eine Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbands. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller hält die Art der Befragung allerdings für fragwürdig.
Die gesetzliche Krankenversicherung erwartet im kommenden Jahr ein 17-Milliarden-Euro-Defizit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will daher eine Reihe von Sparmaßnahmen auf den Weg bringen, um das Problem zumindest temporär abzufedern. Diese gefallen allerdings kaum jemandem. Selbst die Krankenkassen sparen nicht an Kritik. Die Sparideen für den Pharmabereich finden sie zwar gut, halten sie aber nicht für ausreichend.
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Der AOK Bundesverband hat nun vom Meinungsforschungsunternehmen Civey eine Online-Umfrage durchführen lassen, um herauszufinden, wo die GKV-Versicherten Sparmöglichkeiten im Bereich der Gesundheit und Pflege sehen. Und: Tut die Bundesregierung überhaupt genug, „um die Bevölkerung angesichts steigender Lebenshaltungskosten infolge steigender Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und wachsender Energiekosten zu entlasten“? Letztere Frage beantworteten knapp 80 Prozent der rund 2.900 befragten gesetzlich Versicherten mit „nein“. 84 Prozent finden es überdies falsch, das Defizit der Krankenkassen „vor allem über höhere Beiträge“ auszugleichen, nur 9 Prozent äußern Zustimmung. Leistungskürzungen lehnen 82 Prozent ab – 10 Prozent können sie sich hingegen vorstellen, der Rest ist unentschieden.
Bei der Frage, welche Maßnahmen vorrangig ergriffen werden sollten, um die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren, gibt es ebenfalls Antworten, die wenig überraschen. Was die Versicherten selbst trifft, gefällt ihnen tendenziell nicht. So befürworten höhere Zuzahlungen gerade mal gute 4 Prozent.
Die höchste Zustimmung mit 62 Prozent gibt es also für eine stärkere Preisregulierung bei Arzneimitteln. Auf dem zweiten Platz steht die stärkere Bezuschussung der Krankenkassen durch Steuermittel (42 Prozent), auf dem dritten der Verzicht auf eine Anhebung der Vergütung von Ärztinnen und Ärzten (27 Prozent Zustimmung). Nach ihrer Meinung zur geplanten höheren Belastung der Apotheken wurden die Teilnehmer:innen offenbar nicht gefragt.
„Wir fühlen uns in unseren Forderungen nach einer stärkeren Begrenzung der stetig steigenden Ausgaben für Arzneimittel und nach einem stärkeren Engagement des Bundes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassen bestätigt“, kommentiert AOK-Vorständin Carola Reimann die Ergebnisse.
Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel
Der Bund müsse seiner Finanzverantwortung gegenüber der GKV gerecht werden – insbesondere durch die Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten höheren Beiträge für ALG-II-Beziehende. Aber auch auf der Ausgabenseite sieht Reimann Nachbesserungsbedarf. Unter anderem durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Humanarzneimittel wie bei den Tierarzneimitteln von 19 auf 7 Prozent. „Dadurch könnten die gesetzlichen Krankenkassen sofort 5 bis 6 Milliarden Euro pro Jahr sparen“, sagt Reimann. Auch hier stärkt das Umfrageergebnis die Position der Kassen: 83 Prozent der befragten GKV-Versicherten sind für eine solche Absenkung.
BAH: Wie sollen Versicherte die Arzneimittel-Kosten einschätzen?
Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), sieht die gesamte Umfrage allerdings kritisch: „Die Bevölkerung nach Sparmaßnahmen in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsversorgung zu fragen und daraus Schlüsse zu ziehen, ist höchst fragwürdig. GKV-Versicherte kommen doch mit den Kosten für die spezifischen Leistungen im Gesundheitswesen gar nicht in Berührung. Wie sollen sie diese dann einschätzen können?“
Cranz findet: Den Befragten hätte vorher erklärt werden müssen, wie sich Preise für Arzneimittel zusammensetzen – mitsamt der zahlreichen sozialrechtlichen Steuerungsinstrumente, wie Rabattverträge, Festbeträge, das Preismoratorium usw. „Dann wäre den Befragten bewusst gewesen, wie der hohe Preisdruck durch diese Zwangsmaßnahmen gerade in Zeiten hoher Energie-, Rohstoff- und Logistikkosten die Arzneimittel-Hersteller belastet und die Arzneimittelversorgung gefährdet, anstatt sich eine stärkere Preisregulierung für Arzneimittel zu wünschen. Und dann hätte der AOK Bundesverband sicherlich andere Befragungsergebnisse erhalten, die er wohl nicht veröffentlicht hätte.“
2 Kommentare
Wohltätigkeitsvereine in der Inflation?
von Thomas Eper am 30.08.2022 um 11:24 Uhr
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Arzneimittelpreise-Regulierung
von Roland Mückschel am 29.08.2022 um 17:15 Uhr
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