Titelthema in der DAZ

Hochpreiser – vielfache Herausforderung für das System

Süsel - 16.09.2022, 07:00 Uhr

Bringen hochpreisige Arzneimittel die Grundversorgung ins Wanken? (s / Foto: noppawan09 / AdobeStock)

Bringen hochpreisige Arzneimittel die Grundversorgung ins Wanken? (s / Foto: noppawan09 / AdobeStock)


In hochpreisige Arzneimittel fließt viel Geld. Zugleich bringt die Inflation die Versorgungsbereiche in Gefahr, in denen der Kostendruck schon lange besonders hoch ist - die Grundversorgung mit Generika und die Arzneimittelversorgung in Apotheken. Dieses Ungleichgewicht wird zur neuen Herausforderung. Hochpreiser und ihre Folgen sind daher ein Themenschwerpunkt in der aktuellen DAZ-Ausgabe.

DAZ Ausgabe 37 / 2022

Hochpreiser gefährden Grundversorgung

Analyse zu Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung von Arzneimittelinnovationen

Die Ausgaben für neue Arzneimittel zur Behandlung immer seltenerer Krankheiten steigen. Zugleich wird immer weniger Geld für die Grundversorgung mit Generika und für das Apothekensystem aufgewendet. Diese Schere kann nicht immer weiter auseinandergehen.

Hochpreisige Arzneimittel sind ein vielschichtiges Thema. Aus der Perspektive der Hersteller und aus der wissenschaftlichen Sicht der Pharmakoökonomie geht es dabei primär um einen fairen Preis für den Nutzen der Patienten und für die Mühen der Forschung. Diese Debatte ist seit Jahren ein Thema in vielen Beiträgen in der DAZ. Wenn der Fortschritt neue Arzneimittel mit zusätzlichem Nutzen bringt, muss dafür auch mehr Geld aufgewendet werden. 

Mehr zum Thema

Analyse zu Möglichkeiten und Grenzen der Finanzierung von Arzneimittelinnovationen

Hochpreiser gefährden Grundversorgung

Allerdings wird zugleich der Druck immer größer, bei den etablierten, nicht mehr patentgeschützten Arzneimitteln zu sparen – mit den vielfach thematisierten Folgen von einzelnen Lieferengpässen bis zu strategischen Fragen der Verfügbarkeit in Krisensituationen. Die beiden Teile des Arzneimittelmarktes entwickeln sich also in wirtschaftlicher Hinsicht systematisch auseinander. Wie weit diese Entwicklung bereits fortgeschritten ist und welche Folgen dies haben kann, ist das Thema eines Beitrags in der aktuellen Ausgabe der DAZ.

Zunehmendes Ungleichgewicht zwischen Grundversorgung und Hochpreisern

Nach Angaben von Pro Generika gingen im Jahr 2021 von insgesamt 27,9 Milliarden Euro rabattbereinigten Arzneimittelkosten der GKV nur 2,02 Milliarden Euro an Generikahersteller. Zugleich entfielen 79,1 Prozent der Tagestherapiedosen auf Generika. Noch größer wird das Ungleichgewicht, wenn es um die teuersten Arzneimittel geht. Nach Angaben des Wissenschaftlichen Instituts der AOK wurden für die 0,06 Prozent der Tagesdosen, die für besonders teure Orphan Drugs aufgewendet wurden, 11,8 Prozent der GKV-Arzneimittelkosten ausgegeben. Der teure Fortschritt kommt also immer weniger Patienten zugute. Denn die Regularien der frühen Nutzenbewertung setzen Anreize, die forschende Unternehmen von der Entwicklung von Arzneimitteln gegen große Volkskrankheiten eher abhalten.

Inflation bringt Grundversorgung in Gefahr

Wenn bei steigenden Ausgaben für sehr wenige Patienten zugleich in der Grundversorgung immer mehr gespart wird, entsteht auf die Dauer systembedingt ein Ungleichgewicht. Dies spitzt sich jetzt zu, weil die Inflation besonders die Bereiche trifft, in denen der Kostendruck ohnehin schon groß ist. Damit gerät die Grundversorgung in Gefahr. Doch es lässt sich auch anders argumentieren: Wenn offenbar für Innovationen noch Geld im System ist, sollte die Grundversorgung nicht kaputtgespart werden, zumal es dort um geringere Beträge geht. Das betrifft sowohl die Grundversorgung mit Generika als auch das System der Arzneimittelversorgung durch die Apotheken. Ohne diese Grundversorgung würden auch die Strukturen für den Einsatz der Innovationen fehlen. Der Beitrag in der DAZ verdeutlicht die finanziellen Größenordnungen, um die es in den verschiedenen Bereichen geht.

Gute Organisation hilft Apotheken bei Hochpreisern

Neben den Effekten der Hochpreiser auf die Gesellschaft, die Patienten und die Hersteller der verschiedenen Arzneimittel sind die Folgen für die Apotheken zu beachten. Darum geht es in einem weiteren Beitrag in der aktuellen Ausgabe der DAZ. Dabei wird die Ambivalenz der Hochpreiser in der betriebswirtschaftlichen Betrachtung der Apotheken deutlich. Einerseits ist das Verfall-, Bruch- und Retax-Risiko eine große wirtschaftliche und mentale Belastung. Andererseits kann die prozentual geringe Honorierung bei sehr hohen Preisen zu relevanten Deckungsbeiträgen für die Apotheken führen, wenn die Risiken gut organisiert werden. Wie dies gelingen kann, ist ein zentraler Aspekt des Beitrags in der DAZ.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.