Inkassorisiko beim Herstellerrabatt

Rechenzentren melden ausstehende Rabattzahlungen von Beragena

Baden-Baden/Bremen - 23.09.2022, 12:00 Uhr

Apotheker kämpfen schon Weile dafür, das Inkassorisiko beim Herstellerrabatt loszuwerden. Ihre Forderungen bekommen nun offenbar neues Futter. (s / Foto: IMAGO / APress)

Apotheker kämpfen schon Weile dafür, das Inkassorisiko beim Herstellerrabatt loszuwerden. Ihre Forderungen bekommen nun offenbar neues Futter. (s / Foto: IMAGO / APress)


Gerade erst haben die Apotheker ihre Forderung bekräftigt, die Apotheken vom Inkassorisiko beim Herstellerrabatt freizustellen – und schon informieren Rechenzentren über einen Fall mit ausstehenden Zahlungen. Demnach habe der Importeur Beragena fällige Herstellerrabatte nicht bezahlt. Nun würden die Apotheken in den Abrechnungen belastet.

Das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum (NARZ) informierte seine Kunden heute über ausstehende Zahlungen von Beragena. Der Verband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) bestätigte entsprechende Informationen von anderen Rechenzentren. Im Schreiben des NARZ an die betroffenen Apotheken heißt es, die Beragena Arzneimittel GmbH habe am 18. August 2022 beim Amtsgericht Baden-Baden die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung beantragt. Aufgrund des Insolvenzrechts habe Beragena die Abrechnungen des Herstellerrabatts für die Zeit vom 1. Juni bis 17. August 2022 nicht bezahlt. Das Rechenzentrum hat die betroffenen Apotheken nun über die Höhe der jeweils ausstehenden Zahlungen informiert. Aufgrund der rechtlichen Situation könne das Rechenzentrum die Ansprüche der Apotheken nicht geltend machen. Das könne grundsätzlich nur die jeweils betroffene Apotheke. Das NARZ befinde sich im Austausch mit dem Eigenverwalter von Beragena, um die Apotheken bei der Durchsetzung ihrer Forderungen zu unterstützen, heißt es in den Briefen an die Apotheken. Weiter heißt es dort, die Herstellerrabattabrechnung für die Zeit vom 18. bis 31. August 2022 werde nach telefonischer Auskunft der Eigenverwaltung fristgemäß bezahlt.

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Außerdem weist das NARZ auf ein Schreiben der Beragena an ihre Lieferanten hin. Demnach werde der Geschäftsbetrieb des Unternehmens in vollem Umfang fortgesetzt. Die Lieferanten werden in dem Schreiben darum gebeten, die Anstrengungen zum Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze zu unterstützen. Eine Reaktion des Unternehmens auf eine Anfrage der DAZ steht noch aus.

Nahrung für Forderung nach Ausschluss der Apothekenhaftung

Erst in der vorigen Woche hatte der Deutsche Apothekertag den Antrag beschlossen, den Gesetzgeber aufzufordern, die Apotheken aus der Haftung für die Herstellerabschläge zu entlassen. Außerdem sieht der Antrag ein angemessenes Honorar für die Inkassoleistung vor. Nun wird deutlich, wie relevant diese Forderungen sind. Denn nach derzeitigem Recht erhält die Apotheke von der Krankenkasse nur den Rechnungsbetrag ohne Herstellerrabatt. Dieser Rabatt gemäß § 130a SGB V beträgt derzeit sieben Prozent vom Herstellerabgabepreis, bei patentfreien Arzneimitteln sechs Prozent. Die Apotheke trägt das Risiko, ob der Hersteller zahlt. Die Apotheke haftet damit gegenüber der Krankenkasse für den Herstellerrabatt. Die Apothekerverbände haben dies vielfach kritisiert. Außerdem erhalten die Apotheken nicht einmal ein Entgelt für die Durchführung des Inkassos. In der Begründung zum Apothekertagsantrag hieß es, die Apotheken seien einzig aus „Praktikabilitätserwägungen“ mit einer „Vorleistungspflicht“ zwischengeschaltet, woraus ein Haftungsrisiko erwachse. Dass die Apotheken aufgrund dieses Verfahrens das Ausfallsrisiko tragen sollten, sei in keiner Weise akzeptabel. Gegenüber der DAZ mahnte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des NARZ und des Hamburger Apothekervereins, dass Zahlungsausfälle bei Herstellern in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld künftig häufiger eintreten könnten. Umso wichtiger sei es, dass die Forderung nach dem Haftungsausschluss für die Apotheken endlich Gehör findet.

 


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Schuldner und Gläubiger oder wer bestellt, bezahlt....

von Thomas B am 26.09.2022 um 10:33 Uhr

Aus meiner juristischen Laien-Sicht, sollte es doch relativ einfach möglich sein, in den entsprechenden Verordnungen und/oder Verträgen eindeutig zu regeln, wer Schuldner und Gläubiger ist: Nämlich die Krankenkasse und der pharmazeutische Hersteller. Die jetzige Regelung (oder ist das nur die Interpretation der kranken Kassen und der GKV-hörigen Legislative und Judikative?) ist jedenfalls moralisch unlauter oder mindestens bedenklich.
Generell sollte bei jedem B2B-Verhältnis der Handelsgrundatz gelten, dass jede Leistung eine Gegenleistung erfordert. Schliesslich sind wir (Muss-)Kaufleute.
Nach der aktuellen Interpretation ist dieser Grundsatz eklatant und vorsätzlich verletzt und seitens der Legislativen und Judikativen konsequent ignoriert.
Sicherlich könnte man argumentieren, der Aufwand sei überschaubar bei einem durchlaufenden Posten und im Rahmen der Gesamtvereinbarung eingepreist. Das gilt aber keinesfalls für das Ausfallrisiko oder den Aufwand, wenn es eben mal nicht ein einfacher "durchlaufender Posten" ist....
Ein weiterer Handelsgrundsatz sagt: "Wer bestellt, bezahlt"....

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